Hungersnot

Wenn in einem Land oder in einem bestimmten Gebiet große Teile der Bevölkerung unterernährt sind, eine durch Unterernährung verursachte Schwächung des Allgemeinzustandes aufweisen, vom Tod durch Verhungern oder von hungerbedingten Krankheiten bedroht sind, spricht man von einer Hungersnot. Die Ursache dafür kann, muss jedoch nicht zwangsläufig eine Lebensmittel- bzw. Nahrungsknappheit sein. Hunger kommt heute ausschließlich in Entwicklungsländern vor, seitens der Industrieländer wird auf das Bekanntwerden einer Hungersnot mit internationaler Nahrungsmittelhilfe für die betroffene Bevölkerung reagiert.

Ursachen und Hintergründe

Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen definiert den Begriff der Hungersnot wie folgt: Weniger als 80% der Bevölkerung der betroffenen Region verfügen pro Tag über mehr als 2100 Kilokalorien in Form von Nahrungsmitteln, mindestens 30% der Kinder leiden an akuter Unterernährung und täglich sterben mindestens zwei von 10.000 Erwachsenen oder vier von 10.000 Kindern mangels Nahrung. Auslöser einer Hungersnot sind meist Missernten, verursacht durch Dürre, Unwetter, Schädlingsbefall oder Naturkatastrophen in Verbindung mit fehlender oder unzureichender Vorratshaltung. Erosion und Verödung des Bodens aufgrund einseitiger und rücksichtsloser Bewirtschaftung können den Ernteertrag massiv negativ beeinflussen.

Falsche Nahrungsmittelverteilung

Aber auch eine gewollt oder ungewollt falsche Verteilung der vorhandenen Nahrungsmittel kann eine Hungersnot verursachen, denn rein theoretisch wären bei gerechter Verteilung genügend Nahrungsmittel für die gesamte Weltbevölkerung vorhanden. In autoritär regierten Staaten oder in Kriegsgebieten werden Hungersnöte oft absichtlich hervorgerufen und dienen als strategisches Mittel, um die Moral der Bevölkerung zu brechen und diese gefügig zu machen.

In diesen Fällen dient Hunger als Mittel zur Durchsetzung von politischen Zielen. Darüber hinaus kann strategisches oder spekulatives Verhalten internationaler Finanzmarktinvestoren die Preise für Grundnahrungsmittel weltweit in die Höhe treiben, was zur Folge hat, dass diese für ärmere Bevölkerungsschichten unleistbar werden, was ebenfalls dem Hunger Vorschub leistet. So stiegen in den Jahren 2007 und 2008 sowie 2010 und 2011 die Preise zahlreicher Lebensmittel weltweit stark an. Für die Bewohner ärmerer Länder lebenswichtige Grundnahrungsmittel wie Reis, Weizen und Mais verteuerten sich um mehr als das Doppelte.

Als Gründe für den Preisanstieg wurden steigende Energiekosten, insbesondere der gestiegene Rohölpreis, die zunehmende Konkurrenz des Anbaus von Getreidesorten für Biokraftstoffe und Futtermittel sowie Ernteausfälle durch Überschwemmungen und Dürrekatastrophen namhaft gemacht, wobei als Ursache für diese Naturkatastrophen auch der globale Klimawandel genannt wurde.

Afrika als besonders problematisches Gebiet

Hinsichtlich der geografischen Verbreitung chronischer Hungergebiete ist vor allem die Bevölkerung afrikanischer Länder aufgrund häufig unzureichender Kenntnisse und Mittel zur Bodenbewirtschaftung, dem vermehrten Auftreten von bewaffneten Konflikten, sowie der in weiten Teilen schwierigen klimatischen Verhältnisse überdurchschnittlich oft von Hungersnöten betroffen. Im Kongo beispielsweise können die Dorfbewohner ihre Felder aufgrund des herrschenden Bürgerkrieges nur unter großen Risiken für Leib und Leben bestellen, wobei vor allem sexuelle Übergriffe auf Frauen an der Tagesordnung sind.

Darüber hinaus sind vor allem im südlichen Afrika die Auswirkungen von AIDS nicht zu unterschätzen, da die durch die Krankheit in weiten Landstrichen bereits stark dezimierte Bevölkerung die Felder nicht mehr in vollem Umfang bewirtschaften kann. An den Küsten sind viele Fischer aufgrund von AIDS bereits zu schwach, um dem Fischfang in tiefen Gewässern nachzugehen und sehen sich daher gezwungen, in den seichteren Küstenregionen zu fischen, was zu einer extremen Dezimierung des Fischbestandes in den betroffenen Gebieten führt.

Menschliches Handeln als Hauptursache

Generell ist festzustellen, dass der Mensch selbst massiv zum Entstehen von Hungersnöten beiträgt. Eine auf kurzfristige Maximierung des Ertrages ausgerichtete Landwirtschaft einhergehend mit einer einseitigen, nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Bodennutzung führt zur Verringerung der Fruchtbarkeit des Bodens und damit langfristig zu einer Verringerung der Erträge. Darüber hinaus werden oft aus Profitgründen vermehrt Exportprodukte wie Baumwolle oder Erdnüsse anstelle dringend benötigter Grundnahrungsmittel angebaut. Die Verstaatlichung profitabler landwirtschaftlicher Großbetriebe, fehlende Infrastruktur, eine durch veraltetes Gerät und unzureichende Kenntnisse bedingte ineffiziente Arbeitsweise, sowie Korruption und politische Willkür sind Faktoren, welche die Situation zusätzlich verschärfen.

Auswirkungen von Hungersnöten

Länger anhaltender schwerer Hunger beeinflusst das soziale Verhalten der Betroffenen signifikant. Da das Vorhandensein ausreichender Nahrung zu den Grundbedürfnissen des Menschen zählt, bewirkt bei massivem Nahrungsmangel der angeborene Selbsterhaltungstrieb die Abkehr von anerzogenen und als vernünftig empfundenen Verhaltensweisen. Die Hemmschwelle gegenüber beschaffungskriminellen Handlungen sinkt in der Regel dramatisch, in den betroffenen Gebieten sind Diebstahl, Plünderungen und Revolten sowie ein massiver Anstieg der Prostitution die Folge. Laut einer Studie der Weltbank ist derzeit in 33 Ländern der Erde die latente Gefahr von Hungerrevolten gegeben.

Andauernder Nahrungsmangel führt darüber hinaus zwangsläufig zu einer extrem einseitigen Ernährung, womit meist zusätzliche gesundheitliche Probleme wie Mangelerscheinungen oder Funktionsstörungen einzelner Organe einhergehen. Die durch Nahrungsmangel verursachte lebensbedrohende Situation bewirkt ferner, dass Tabus gebrochen werden. Zum Verzehr gänzlich Ungeeignetes wie Schuhsohlen sowie verfaulte oder kontaminierte Lebensmittel werden konsumiert, in einzelnen Fällen kann es zu Kannibalismus kommen.

Präventionsstrategien

Hungersnöte in Entwicklungsländern können durch vorbeugende Maßnahmen verhindert oder zumindest in ihren Auswirkungen stark gemildert werden, wobei allerdings bei der Umsetzung derartiger Strategien stets die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen auf Behörden- und Regierungsebene erforderlich ist, da nur auf diese Weise die Rahmenbedingungen für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung einschließlich der gerechten Verteilung der Nahrungsmittel geschaffen werden können. Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion durch moderne und effiziente Maschinen und Geräte einhergehend mit der Schaffung der benötigten Infrastruktur stellt ein wichtiges Basiselement zur Vermeidung von Nahrungsknappheit dar. Durch den begleitenden Einsatz von Konzepten zur nachhaltigen und schonenden Bodennutzung durch wirksame ökologische Bewirtschaftungsmethoden sowie eine konsequente Beseitigung der Ursachen für das Auftreten von Schädlingen können die Ernteerträge sowohl quantitativ als auch qualitativ auf Dauer gesteigert werden.

Aufforstungs- und Bepflanzungsmaßnahmen zur Rehabilitation von durch Erosion oder Dürre unfruchtbar gewordenen Gebieten, sowie eine Verringerung des Bevölkerungswachstums etwa durch Alternativen in der Altersversorgung tun ein Übriges, um zu erreichen, dass die Bedrohung der Menschheit durch Hunger für immer ihren Schrecken verliert.

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