Ölkrise

Die Welt ist abhängig vom Öl – massive Preiserhöhungen innerhalb kurzer Zeit haben damit schwere gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Politische Ereignisse, die in den wichtigsten Förderländern also entweder die Fördermenge verknappen oder einzelne Förderländer ausfallen lassen, können also zu massiven weltweiten Krisen führen. Die beiden bedeutendsten Krisen fanden 1973 und 1979 statt, und hatten sowohl negative als auch positive Auswirkungen. Eine der positiven Auswirkungen der beiden Ölkrisen ist ganz unbestritten die schrittweise Verminderung der Abhängigkeit von Erdöl, und die Hinwendung zu alternativen Technologien, die gleichzeitig auch meist ökologisch verträglicher sind. Da praktisch aber unsere gesamte Wirtschaft vom Öl abhängig ist, ist eine solche Wende nur sehr langsam zu bewältigen. Im Hinblick auf die massive Verknappung der weltweiten Ölreserven ist sie aber ohnehin unabdingbar.

Die Ölkrise 1973 und ihre Auswirkungen

Die Ölkrise des Jahres 1973 ist teilweise aus politischen Ursachen entstanden, wurde aber auch teilweise bewusst herbeigeführt. Der im Herbst 1973 begonnene Jom-Kippur-Krieg. Nachdem Israel im Sechstagekrieg weite Gebiete im Bereich des Suez erobert hatte, die zuvor syrisches beziehungsweise ägyptisches Staatsgebiet waren, und damit der ägyptischen Wirtschaft enorm geschadet hatte, drängte Ägypten auf einen neuen Krieg, um die verlorenen Gebiete zurückzuerobern.

Dabei spielten auch innenpolitische Gründe eine Rolle: Der gerade erst einige Jahre amtierende ägyptische Staatspräsident Sadat, der Gamal abdel Nasser als Präsident gefolgt war, versuchte durch einen erfolgreichen Krieg gegen Israel seine innenpolitische Beliebtheit zu stärken, um dadurch eine bessere Basis für notwendige Reformen im Land zu erhalten. Für den syrischen Präsidenten Hafiz-al-Assad ging es dabei lediglich um die Rückgewinnung der militärisch wichtigen Golanhöhen. Die anderen arabischen Staaten lehnten einen Krieg weitestgehend ab, auch König Hussein von Jordanien war trotz des Verlustes des Westjordanlandes gegen einen neuen Krieg.

Die PLO unter Jassir Arafat stand aber auf Seiten Syriens, und auch der Irak sagte seine Beteiligung am Krieg zu. Der Konflikt konnte am Verhandlungstisch nicht beigelegt werden, eine Beibehaltung des aktuellen Status war für Ägypten unannehmbar, und da auch die Sowjetunion wegen der offensichtlichen Aussichtslosigkeit von Sadats Kriegsvorhaben gegen einen Krieg intervenierte, brach Ägypten mit der UdSSR und näherte sich dagegen Amerika an. Am 6. Oktober 1973 kam es dann zum Kriegsausbruch. Nach anfänglichen Verlusten konnte die israelische Armee einen überraschend schnellen Gegenschlag führen, überquerte den Suez-Kanal und hatte bald darauf die ägyptische Armee vernichtend geschlagen.

Arabische Welt als Gegner Israels

Trotz der militärischen Niederlage hatte die arabische Welt bewiesen, dass sie für Israel ein schwerer Gegner war, und auch die israelische Armee nicht vor hohen militärischen Verlusten gefeit. Als Druckmittel während der nachfolgenden Friedensverhandlungen beschloss die OAPEC, die Gemeinschaft der ölfördernden Staaten, die Fördermenge solange einzuschränken, bis die von Israel besetzten Gebiete befreit seien und die Rechte der Palästinenser gewahrt seien. Das trieb den Ölpreis innerhalb kürzester Zeit um fast 70 Prozent nach oben. Die Lieferboykotte gegen die USA und die Niederlande führten zu krisenartigen Zuständen.

Innerhalb Europas wurde mit verschiedenen Maßnahmen versucht, der Teuerung zu begegnen – neben Aufrufen zum Energiesparen, autofreier Tage und der Einführung von zusätzlichen Ferien im Februar sollte Energie gespart werden. Geschwindigkeitsbeschränkungen brachten nachweislich keinen Spareffekt. Italien gab für Urlauber subventionierte Benzingutscheine aus, um keine touristischen Einbrüche wegen des teuren Treibstoffs erleiden zu müssen. Die Auswirkungen der so stark gestiegenen Ölpreise verstärkten aber trotz aller Maßnahmen die sich vor allem in Deutschland und Österreich abzeichnende Wirtschaftskrise.

Die zweite Ölkrise 1979/80

Im ersten Golfkrieg, während der islamischen Revolution im Iran und dem Krieg des Irak gegen den Iran, kam es ein weiteres Mal zu massiven Preissteigerungen wegen der reduzierten Fördermenge. Sie hielten allerdings nur kurz an, und der Preis fiel danach wieder – anders als bei der ersten Ölkrise 1973. In diesen Jahren wurden auch die Ostblockstaaten von den verspäteten Auswirkungen der ersten Ölkrise von 1973 getroffen, und entwickelten mangels anderer vorhandener Möglichkeiten Technologien um den Ölverbrauch zu reduzieren. Beispielsweise wurden eine Reaktivierung alter Dampfloks und die Verflüssigung von Steinkohle als Brennstoff als ölverbrauchsreduzierende Maßnahmen etwa in der DDR umgesetzt.

Kurzfristige Ölpreisspitzen seitdem

Auch während des zweiten Golfkriegs kam es kurzfristig zum Ansteigen der Preise, danach noch einmal durch den über das verfügbare Angebot hinausgehenden Bedarf im Winter 2001/2002. In beiden Fällen hielten die Preisspitzen aber nur kurz an. Auch 2011 und 2012 kam es zu einem kurzfristigen Ansteigen der Preise auf Spitzenwerte. Grund waren jeweils Spannungen in der arabischen Welt, wo die meisten und vor allem die weltweit größten Förderer ansässig sind.

Auswirkungen der Ölkrisen im Bereich der Technologie und Politik

Die Entwicklung von Ersatzstoffen, wie beispielsweise Rapsöl als Erdöl-Ersatz oder Bio-Diesel und der forcierte Einsatz von Erdgas als Treibstoff sind eine direkte Folge der ersten beiden Ölkrisen. Alternative Energieerzeugung durch Atomkraftwerke erwies sich langfristig als zu riskant, die angestrebte Energiewende, die letzten Endes auch immer noch von den Ölkrisen und der weltweiten Verknappung der Ölreserven beeinflusst ist, setzt daher heute weitestgehend auf regenerative Energien. Verbrauchsärmere Motoren in Kraftfahrzeugen sind ebenfalls eine direkte Folge der immer wieder auftretenden Ölkrisen. Ein Faktum, das dabei aber oft übersehen wird, ist, dass nicht nur Fahrzeuge Erdöl als Treibstoff brauchen, sondern auch die Industrie in hohem Maß vom Öl abhängig ist, beispielsweise bei der Herstellung von Kunststoffen.

Politisch wurde die Handelsstruktur im Bereich des Erdöls dahingehend verändert, dass heute eine wesentlich größere Diversifikation unter den einzelnen Lieferanten erreicht wurde, um im Ernstfall nicht von wenigen Lieferanten abhängig zu sein. Auch die Förderung eigener – wenn auch kleinerer -Ölvorkommen wurde in vielen Ländern vorangetrieben, daneben wurden sogenannte strategische Ölreserven angelegt, um bei einer Totalsperre der Lieferungen einige Zeit überbrücken zu können. Politische Interventionen im Nahen Osten, um die Kontrolle über die Ölfelder zu erhalten, wurden bereits in den achtziger Jahren wieder verworfen.

Die Möglichkeit neuer Ölkrisen

Diese Möglichkeit wird durchwegs kontrovers diskutiert. Da die meisten Preisspitzen bislang politische Gründe hatten, und auf die instabile Situation im Nahen Osten zurückzuführen war, die sich bis zum heutigen Tag sicherlich nicht verbessert hat, ist die Möglichkeit neuerlicher Krisen durchaus immer gegeben. Sehr viel gravierender ist jedoch die Möglichkeit, dass die Ölreserven innerhalb nur weniger Jahrzehnte praktisch völlig erschöpft sein könnten – der so entstehende Ölmangel könnte eine Krise unvorstellbaren Ausmaßes heraufbeschwören.

Nachdem nur sehr widersprüchliche Prognosen über die noch vorhandenen weltweiten Ölreserven existieren, ist bislang nicht klar, wann dieser Zeitpunkt eintreten wird. Stehen bis dorthin nicht ausreichend funktionierende Ersatztechnologien zur Verfügung, könnte das zu einem schweren Problem werden. Bereits schon lange vor der endgültigen Erschöpfung der Reserven könnte aber der massive Rückgang der Fördermengen bereits zu enormen Preisanstiegen und damit zu einem weltwirtschaftlichen Desaster führen.

Alle diese Möglichkeiten sind durchaus realistisch zu sehen. Ein Teil der Bemühungen konzentriert sich auch auf alternative Fördermethoden – wie beispielsweise aus Ölsand. Die Off-Shore-Förderung wird als Technologie bereits seit den ersten beiden Ölkrisen forciert, und unterstützt auch die Unabhängigkeit einzelner Staaten von großen Lieferanten im Nahen Osten. Ob mit alternativen Fördermethoden jedoch tatsächlich der Ölbedarf gedeckt werden kann, und vor allem für wie lange, ist jedoch fraglich. Angesichts dieser Risiken scheint der einzig tatsächlich sinnvolle Weg zu sein, vollständig von Öl unabhängig zu werden, und Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Auch im Hinblick auf den immer weiter zunehmenden Treibhauseffekt scheint das der einzig sinnvolle Weg zu sein.

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