Orkan Andrea
Sturmwarnungen gehören auf der ganzen Welt zu den wiederkehrenden Wetternachrichten. Mit dem Blick auf andere Kontinente betreffen große Orkantiefs, wie der Orkan Andrea, Deutschland nicht so häufig. Die Schadensbilanz europäischer Sturmtiefs ist zumeist moderat. Es kommt zwar zu hohen Sachschäden, doch menschliche Opfer sind, im Vergleich zu Asien oder Amerika, nur wenige zu beklagen. Dank rechtzeitiger Warnungen der Meteorologen ist es heute möglich, sich auf das Eintreffen eines Sturms vorzubereiten. Länderübergreifend ist dabei die Zusammenarbeit der Meteorologen. Sie werten eigene Informationen aus und nutzen außerdem die Wetterdaten aus anderen Nationen für ihre Prognosen. Zuverlässige Wetterprognosen und Datenerhebungen sind auf globale Zusammenarbeit angewiesen.
Frühzeitige Unwetterwarnungen
Der Orkan Andrea bildete sich am 30. Dezember 2011 als typisches Islandtief. Vom 3. – 6. Januar 2012 zog der Orkan über West- und Mitteleuropa. Die Risiken aus dem Orkan Andrea konnten die Meteorologen bereits Anfang des Jahres 2012 erkennen. Erste Informationen und Warnungen wurden in den Medien am 03. Januar herausgegeben. Anbetracht der gegenwärtigen technischen Möglichkeiten, um Unwetterkatastrophen genau zu berechnen, ist diese Vorwarnzeit bemerkenswert. Noch im September 2011 hatte sich Andreas Behrendt (Institut für Physik und Meteorologie – Universität Hohenheim) zu möglichen Vorwarnzeiten geäußert. Dem Institut war es gelungen, Prognosen mit 14 Stunden Vorwarnzeit, statt der bisher gültigen 3 Stunden, für Unwetter zu geben. Voraussetzung für ein flächendeckendes Frühwarnsystem wären allerdings neue zusätzliche Messstationen.
Der Orkan Andrea – die Zugbahn
Das Tiefdruckgebiet mit dem Namen Andrea bildete sich kurz vor dem Jahreswechsel über Island. Anschließend überquerte es Skandinavien. Zehn Tage später, am 08.Januar 2012 löste es sich im Großraum Nowaja Semlja auf. Die Zugrichtung verlief von Nordwest nach Südost. Der Wind wehte vorwiegend aus nordwestlicher Richtung. Das Tiefdruckgebiet sorgte dabei für einen moderaten Temperatursturz von bis zu fünf Grad Celsius.
Begleitet wurde der Orkan Andrea von starken Gewittern und heftigen Niederschlägen. Die Niederschläge fielen in den Niederungen zumeist als Regen. Nur in den höheren Lagen als Schnee oder Schneeregen. Dort kam es allerdings zu teilweise heftigen Schneeverwehungen. Die späteren Schneefälle, die dem Orkan Andrea fälschlicherweise zugeschrieben werden, fielen erst durch die nachfolgenden Tiefdruckgebiete. Bibiana und Celine folgten unmittelbar auf der gleichen Bahn, die der Orkan Andrea eingeschlagen hatte. Erst sie sorgten für die enormen Schneemassen in den Tiroler Alpen.
Auswirkungen – Deutschland und andere Länder
Hochwasserwarnungen und die Einstellung des Schiffsverkehrs, beispielsweise auf der Mosel und Saar, waren die Folge der Niederschläge des Orkans Andrea. Am 06.Januar wurde der Wasserpegel der Mosel, bei Trier, mit 8,06 Meter vermerkt. Am gleichen Tag erreichte der Rhein die 7 Meter Marke. Die Hochwasserstufe II (ab 8,30 m) musste für die kommenden Tage angenommen werden. Im Rheinland wurden daher vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahmen eingeleitet. Beispielsweise im in Köln/Rodenkirchen wurden alle Vorbereitungen für den Aufbau der Hochwasser-Schutzwände getroffen. Die höchste Windgeschwindigkeit konnte, innerhalb einer Böe, mit 270 km/h gemessen werden. Messergebnisse von den Alpen bis ins Mittelgebirge zeigen Windgeschwindigkeiten zwischen 170 und 200 km/h. Die hohen Windgeschwindigkeiten und Überschwemmungen beeinträchtigten vor allem den Straßenverkehr. In allen Landesteilen kam es zur Sperrung von Straßen und Autobahnen.
In Bayern hatten besonders die Franken mit Überschwemmungen zu kämpfen. Im Norden verschärfte sich die Hochwasserproblematik ebenfalls. Nach Polizeiangaben stieg der Pegelstand der „Stör“ so stark an, dass einige Straßen und Gebäude unter Wasser standen. Im Münsterland musste die A 31 nach einem sturmbedingten LKW – Unfall gesperrt werden. Besser als befürchtet war die Bilanz der menschlichen Opfer des Orkans Andrea.
In Deutschland kam „nur“ ein Mensch durch die Sturmauswirkungen ums Leben. Heftige Schäden und Todesopfer wurden jedoch aus den Nachbarländern gemeldet. Besonders betroffen waren die Länder Großbritannien, Belgien und Frankreich von den Auswirkungen des Orkans Andrea. In Österreich sorgte der Orkan Andrea dafür, dass 10.000 Haushalte vorübergehend von der Stromversorgung abgeschnitten waren. Die Slowakei vermeldete als Orkanfolge etwa 35.000 Haushalte ohne Strom. In der Schweiz mussten zahlreiche Flüge gestrichen werden. Bei einer, in den Berner Alpen gemessenen Windgeschwindigkeit von bis zu 270 km/h, war kein sicherer Flugverkehr mehr möglich. Selbst in Griechenland war der Orkan Andrea noch stark genug, um zahlreiche Fährverbindungen zu unterbrechen. Die unvollständige Auflistung der Auswirkungen zeigt, Orkantiefs haben globale Auswirkungen. Nur die globale Zusammenarbeit kann das Leben der Menschen sicherer machen.
Globalisierung der Wissenschaft
Die Globalisierung wird in den Medien häufig nur mit ihren negativen Auswirkungen dargestellt. Gezeigt werden menschliche Schicksale, die durch globale Märkte ihre Existenzgrundlage verlieren. Falsch an diesem Öffentlichkeitsbild ist die eingeschränkte Sichtweise. Selbstverständlich muss die Politik gegen Marktauswüchse und soziale Schieflagen einschreiten. Die globale Marktwirtschaft ist allerdings nur eine Facette der Globalisierung.
Das Wetter ist ein positives Beispiel für die Möglichkeiten, die eine globale Zusammenarbeit eröffnet. Unwetter, wie der Orkan Andrea, kennen keine Landesgrenzen. Die wissenschaftliche Forschung und Zusammenarbeit aller Länder kann dazu beitragen, Frühwarnsysteme aufzubauen und bestehende erheblich zu verbessern. Nutznießer der Forschungen und des Aufbaus notwendiger Messeinrichtungen sind alle Menschen. Globale Datenerhebung und Zusammenarbeit sind der Schlüssel zu einem größtmöglichen Schutz vor Umweltkatastrophen.