Umweltkatastrophen

Bei einer Umweltkatastrophe bzw. ökologischen Katastrophe hat in der Regel der Mensch seine Finger im Spiel. Im Unterschied zu einer Naturkatastrophe, die ihre Ursache bzw. ihren Ausgangspunkt in nicht vom menschlichen Wesen verursachten oder zumindest beeinflussten Vorgängen hat, tritt der Mensch bei einer Umweltkatastrophe in der Regel als Verursacher bzw. Initiator auf. Die verheerenden Folgen einer solchen ökologischen Katastrophe gehen oftmals einher mit dem Tod oder schweren Krankheiten vieler Lebewesen. Dabei kann eine Umweltkatastrophe durch einen Betriebsunfall oder beispielsweise durch Verkehrsunfälle ausgelöst werden.

Dioxin- Unfall von Sevesco

Der Dioxin- Unfall von Sevesco (1976) kann zum Beispiel diesbezüglich in die Kategorie Betriebsunfall eingeordnet werden, dem eine fatale Verkettung nicht geplanter und unglücklicher Umstände vorausgegangen ist. Ein vom Personal nicht entdeckter Wärmestau in einem Reaktionskessel, der zur Produktion von Trichlorphenol (TCP) genutzt wurde, führte dabei zur Katastrophe. Infolge des Überdrucks kam es zu einer Explosion und der Kessel entlud sich anhand einer Abblasstation; so gelangte eine unbekannte Menge Dioxin in die Umgebung bzw. in die Umwelt. Die sich schnell ausbreitende Giftwolke trieb anschließend in eine dicht bevölkerte Region. Als der Reaktor endlich herunter gefahren werden konnte, waren bereits 1.800 Hektar Land nachhaltig vergiftet. In den folgenden Tagen verdorrten und welkten Blätter und Blumen in der betroffenen Gegend; zudem wurden rund 3.300 Tierkadaver aufgefunden.

Tage später erkrankten fast 200 Menschen an der so bezeichneten Chlorakne. Kurz darauf wurden rund 700 Personen von mit Gasmasken und schweren Schutzanzügen ausgerüsteten Soldaten aufgrund schockierender Analyseergebnisse aus dem betroffenen Gebiet evakuiert. Dieser Betriebsunfall wurde so durch den biologischen Schaden an Flora und Fauna zur Umweltkatastrophe; die durchgeführten Dekontaminationsarbeiten in Sevesco und dem betroffenen Umland wurden erst 1984 abgeschlossen.

Von Betriebsunfällen und menschlichen Fehleinschätzungen zur Umweltkatastrophe

Auch die nukleare Katastrophe von Tschernobyl (1986) gilt aufgrund ihrer weitreichenden Folgen und Auswirkungen für Natur und Mensch als eine Umweltkatastrophe. Als am 26. April 1986 ein Atomkraftwerk-Reaktor im ukrainischen Tschernobyl explodierte und der Reaktorkern frei gelegt wurde, verseuchte die Strahlung die gesamte Region; zudem kontaminierte eine Staubwolke große Teile Europas. Laut Studien sind bei dieser Umweltkatastrophe insgesamt rund 218.000 Quadratkilometer radioaktiv belastet worden; 70 Prozent dieser Fläche liegen in Weißrussland, der Ukraine und Russland. Unterschiedlich hohe Belastungen konnten demgegenüber in Skandinavien, Tschechien, Polen, Österreich, Norditalien, Süddeutschland, den Balkanstaaten, der Türkei und Griechenland gemessen werden. Zwar wurden direkt nach dem Nuklear-Unfall entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, trotzdem gelangten radioaktive Stoffe auch in die Nahrungskette. Jahrelang galt daher der Genuss von Wild und Pilzen als bedenklich.

Wie viele Opfer dieser Umweltkatastrophe letztendlich zum Opfer fielen, ist bis zum heutigen Tag nicht eindeutig geklärt. Offizielle Stellen der ukrainischen Behörden geben die Zahl der Opfer mit 47 an; Schätzungen anderer Institutionen zufolge kamen aber alleine 15.000 Menschen, die sich an den Aufräumarbeiten beteiligten, ums Leben. Nachweisbar ist allerdings, dass die Zahl der Schilddrüsenkrebs-Erkrankungen und die Krebsrate bei Kindern in den Jahren nach dieser Umweltkatastrophe deutlich gestiegen sind.

Der Vorfall in Fukushima als Symbiose von Natur- und Umweltkatastrophe

Tschernobyl war aber nicht das einzige Atomkraftwerk, das durch das Entweichen von radioaktiven Stoffen bzw. Gasen eine Umweltkatastrophe auslöste. Bereits am 26. Juli 1959 sorgte ein verstopfter Kühlkanal in einem schnellen Brüter in Simi Valley (Kalifornien) für eine 30-prozentigen Kernschmelze, wobei radioaktive Gase freigesetzt wurden. Die Behörden vertuschten anfangs den Vorfall, später erstritten Bewohner der Region, die an Krebs und ähnlichen Krankheiten litten, im Zuge einer Sammelklage 30 Millionen Dollar. Nachhaltige Auswirkungen auf die Natur hatten auch die Unfälle im Kernreaktor Sellafield (früher Windscale) und in der am Ural liegenden Plutoniumfabrik Majak (beide 1957). Während in dem Kernreaktor ein Brand für das Freisetzen von radioaktivem Material sorgte, kam es in der Plutoniumfabrik durch die Explosion eines Tanks, der mit 80 Tonnen radioaktiver Stoffe befüllt war, zum größten Atomunglück aller Zeiten. Eine etwa zehn bis 40 Kilometer breite und rund 300 Kilometer lange radioaktive Wolke überzog dabei die Umgebung. Die Natur hat sich bis heute nicht vollkommen von diesem „nuklearen Unfall“ erholt; in einigen Bereichen werden immer noch Strahlungswerte gemessen, die über dem zulässigen Höchst- bzw. Grenzwert liegen. Zudem erhöhte sich in den betroffenen Regionen die Krebsrate.

Zukunftsprognosen

Bezüglich der vom Kernreaktor Sellafield ausgehenden Umweltkatastrophe liegen über die Schädigung von Flora und Fauna keine verlässlichen Zahlen und Daten vor. Aufgrund einer Modellrechnung gehen Experten aber davon aus, dass im Laufe der Jahre nach dem Freisetzen der radioaktiven Stoffe rund 240 Menschen – vornehmlich an Lungenkrebs – gestorben sind. Dass eine Umweltkatastrophe auch begrifflich eng mit einer Naturkatastrophe in Zusammenhang gebracht werden kann, dafür steht inzwischen der Name Fukushima. In dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima kam es am 11. März 2011 nach einer Naturkatastrophe mit verheerendem Erdbeben und einem Tsunami zu mehreren Kernschmelzen, da die Kühlung verschiedener Reaktoren nicht mehr funktionierte. Dadurch wurden radioaktive Emissionen freigesetzt, welche den Boden und die Natur auf Jahre hinaus schädigte. Alleine Hunderttausende Nutztiere verendeten und zeugen von den Auswirkungen dieser Umweltkatastrophe, die indirekt ihren Ausgangspunkt in einer Naturkatastrophe hatte. Allerdings setzte mit den Vorfällen in Fukushima auch ein weltweites Umdenken bezüglich der Atomenergie ein und die Anti-Atombewegung bekam mächtig Auftrieb. So beschlossen mehrere Länder prompt den mittelfristigen Atomausstieg.

Ölunfälle schädigen auch langfristig das gesamte Ökosystem einer Region

Prinzipiell kann davon ausgegangen werden, dass Umweltkatastrophen maßgeblich für die Entwicklung des Umweltbewusstseins verantwortlich sind. Insbesondere die Heftigkeit und Plötzlichkeit einer Umweltkatastrophe lösen bei den Menschen Sorgen und Ängste aus und lassen so Themen wie Umweltschutz und Umweltbewusstsein in den Fokus rücken. Eine spezielle Form der Umweltkatastrophe stellt dabei die Ölpest dar, die oftmals aus Tankerhavarien entstehen. Sie fügt der Natur rund um Flora und Fauna zwar nachhaltigen Schaden zu, führt aber in der Regel nicht zu menschlichen Todesfällen. Gute Beispiele hierfür sind die Öltanker-Unfälle Prestige (2002), Exxon Valdez (1989) und Sevesco (1976). Der mit 77.000 Tonnen Schweröl beladene Tanker Prestige havarierte dabei am 13. November 2002 vor der spanischen Küste. In der Folgezeit lief aus einem 35 Meter langen Riss Öl aus, bevor der Rumpf am 19. November endgültig auseinanderbrach und der Tanker sank. Insgesamt liefen rund 64.000 Tonnen Schweröl aus, die einen fast 3.000 Kilometer langen Abschnitt der spanischen und französischen Küste verpesteten. Insbesondere die Costa da Morte war extrem stark von dieser Umweltkatastrophe betroffen. Insgesamt starben alleine 250.000 Seevögel.

Weitere Öltankerunfälle

Ähnlich gravierende Folgen für die Natur bzw. das Ökosystem zog der Unfall des Öltankers Exxon Valdez nach sich. Er lief mit seinen geladenen 163.000 Tonnen Rohöl auf ein Riff vor Süd-Alaska auf. Nach der Kollision liefen ca. 37.000 Tonnen Rohöl aus und verseuchten einen Küstenabschnitt von über 2.000 Kilometern. Als direkte Folge dieser Umweltkatastrophe starben Hunderttausende Seevögel, Fische und andere Tiere. Sogar rund 223.000 Tonnen bzw. 1,6 Millionen Barrel Öl gelangten ins Meer, als der Öltanker Amoco Cadiz am 16. März 1978 vor der Küste der Bretagne (Frankreich) auf einen Felsen auflief. Diese Umweltkatastrophe wurde später als eines der größten Ölunfälle der Geschichte bezeichnet.

Diese beschriebenen Schreckensszenarien bzw. Umweltkatastrophen erinnern immer wieder daran, mit welchen Risiken der industrielle Umgang mit Öl oder anderen Chemikalien sowie die Nutzung der Atomkraft verbunden ist. Kommt es dabei zu Unfällen, wird die Umwelt sowohl als direkte Folge wie auch durch langfristige Auswirkungen arg in Mitleidenschaft gezogen. Zudem besteht immer die Gefahr, dass es bei einer Umweltkatastrophe zu Todesfällen kommen kann. Da Umweltkatastrophen ausnahmslos menschengemacht sind, besteht nämlich immer die Gefahr menschlichen Versagens oder Fehlverhaltens.

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