Vulkanausbruch Neuseeland
Nachdem der Vulkan Tongariro in Neuseeland 115 Jahre lang ruhig geblieben war, gilt er seit August 2012 wieder als aktiv. Ein unerwarteter Ausbruch verschreckte die Bewohner der Nordinsel Neuseelands und führte zu erheblichen Beeinträchtigungen des Flugverkehrs. Im November des Jahres kam es zu erneuten, jedoch weniger heftigen Aktivitäten.
Hintergrund: Das Tongariro Vulkangebirge in Neuseeland
Beim Tongariro handelt es sich nicht um einen einzelnen Vulkan, sondern um ein ganzes Vulkanmassiv auf der Nordinsel Neuseelands. Drei aktive Vulkane befinden sich hier: der Ruapehu, der Ngauruhoe und der Tongariro. Der Ngauruhoe ist mit 2291 Metern der höchste Gipfel des Massivs. Das Vulkangebirge liegt im bei Touristen äußerst beliebten und stark frequentierten Tongariro-Nationalpark, was nicht zuletzt daran liegt, dass hier zahlreiche Szenen der erfolgreichen „Herr der Ringe“-Trilogie gedreht wurden.
Gegründet im Jahr 1894 gilt der Tongariro Nationalpark als ältester Nationalpark Neuseelands und als viertältester der Welt. Aufgrund seiner vielfältigen kulturellen Verbindungen zu den neuseeländischen Ureinwohnern, den Maori, und wegen seiner auffallenden vulkanischen Merkmale gehört der Park sowohl zum Kultur- als auch zum Weltnaturerbe der UNESCO. Die höchste Erhebung des Parks entstand erst vor 2500 Jahren – aus geologischer Sicht eine sehr kurze Zeitspanne.
Einen außergewöhnlichen Anblick bieten die zahlreichen Kraterseen, die so genannten Emerald Lakes, die ihren Namen ihrer besondere Farbgebung zu verdanken haben (emerald = engl.smaragdfarben). Auf dem gesamten Massiv befinden sich zudem zahlreiche Dampfaustrittsstellen (Fumarolen), die während massiver Eruptionen entstanden sind. Aus ihnen treten Wasserdampf und zum Teil vulkanische Gase aus. Sie sind ein deutliches Zeichen dafür, dass sich in der Tiefe nur geringe Mengen Wasser befinden. Die Folge: Bevor das Wasser aus der Erde austritt, wird es in Wasserdampf umgewandelt, da nicht genügend Druck ausgeübt wird.
Frühere Eruptionen
Experten schätzen, dass das Tongariro Vulkanmassiv bereits seit 300.000 Jahren aktiv ist. Annahmen über frühere Ausbrüche können nicht mit Gewissheit bestätigt werden, jedoch gehen die Wissenschaftler davon aus, dass es zwischen 1855 und 1897 zu fünf Ausbrüchen im Bereich des Tee-Maari-Kraters kam. Im Jahr 1896 kam es im gleichen Krater des Gebirges zum Auswurf von Geröll und Asche, der bis in den Herbst 1897 anhielt. Von diesem Jahr an verhielt der Vulkan sich für einen Zeitraum von 115 Jahren unauffällig. Erst seit August 2012 gilt der Vulkan wieder als aktiv und befindet sich nun auf Warnstufe 2 des neuseeländischen, sechsstufigen Warnsystems, was für „kleinere Eruptionsaktivitäten“ steht. Der bekannteste Vulkan des Massivs ist der Ngauruhoe, der zuletzt im Jahr 1977 seismisch aktiv war.
Ausbruch im August 2012
Im August des Jahres 2012 kam es zu ersten Eruptionen, bei denen mindestens drei neue Öffnungen entstanden sind. Geröllbrocken, die teilweise eine Größe von bis zu einem Meter erreichen konnten, wurden bei dem Ausbruch in die Luft geschleudert. Ein Teil der Brocken ist bis zu zwei Kilometer weit geflogen. Auch das Dach der Ketetahi-Hütte, ein Rastplatz für Wanderer, der am Rand eines beliebten Crossing Tracks liegt, wurde durchschlagen. Da im August auf der Südhalbkugel Winterzeit ist, waren jedoch kaum Menschen auf der Straße und auch die Hütte war glücklicherweise leer. Die Lavabrocken hinterließen beim Aufprall viele kleine Krater im Gebirgsmassiv.
Hinzu kam dichter Ascheregen, jedoch kein Schlammstrom, wie er sonst bei Vulkanausbrüchen häufig zu beobachten ist. Die über 350 Quadratkilometer große Aschewolke hüllte die gesamte Nordinsel ein und führte zu der erheblichen Beeinträchtigung des Flugverkehrs. Insbesondere die Sperrung der Verbindung zwischen Neuseelands Hauptstadt Wellington und Auckland hatte zur Folge, dass hunderte Reisende am Flughafen verharren und mit der Fortsetzung ihrer Reise warten mussten. Noch in der 200 Kilometer entfernten Küstenstadt Napier waren die Menschen von dem Ausbruch betroffen: Auch hier legte sich eine Zentimeter dicke Ascheschicht auf Häuser und Straßen.
Nur etwa 24 Stunden nach dem Ausbruch des Tongariro machte sich auch ein weiterer Vulkan auf dem 225 Kilometer entfernten White Island bemerkbar. Die Bewohner der Nordinsel Neuseelands wurden von der plötzlichen Aktivität des Tongariro überrascht – obwohl Wissenschaftler bereits seit mehreren Wochen seismische Aktivitäten, steigende Temperaturen und erhöhte Druckwerte registriert hatten. Mitten in der Nacht wurden sie von einem lauten Krachen aus dem Schlaf gerissen, gefolgt von einem etwa halbstündigen Asche-und Gesteinsregen. Einige Straßen wurden sicherheitshalber von den Behörden gesperrt.
Ausbruch im November 2012
Am 21.November 2012 kam es zu einer erneuten Eruption. Auch dieses Mal waren die Wissenschaftler überrascht, da sie eigentlich einen Ausbruch des Nachbarvulkans Ruapehu erwartet hatten. Dieser war zuletzt im Jahr 2007 ausgebrochen und hatte in den letzten Wochen zahlreiche Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch gezeigt. Stattdessen wurde der Tongariro wieder aktiv. Der Ausbruch im November dauerte nur circa fünf Minuten, das freigesetzte Material schoss jedoch bis in die Stratosphäre. Verletzt wurde niemand, allerdings befanden sich 100 Schüler mit ihren 11 Begleitern gefährlich nah am ausbrechenden Vulkan- ganz in der Nähe der Hütte, in der schon im August ein Gesteinsbrocken eingeschlagen war. Die Reisegruppe konnte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, so dass niemand verletzt wurde.
Im Vergleich zum Ausbruch im August waren die Aktivitäten im November vergleichsweise harmlos. Ob die bereits erfolgten Eruptionen zu einer Druckentlastung geführt haben und somit die seismische Aktivität zurückgehen wird, oder ob mit weiteren Ausbrüchen zu rechnen ist, ist noch unklar. Seit November 2012 ist es zu keinen weiteren Eruptionen gekommen.