Deepwater Horizon
Bei Deepwater Horizon handelte es sich um eine zuletzt im Golf von Mexiko stationierte Explorations-Ölbohrplattform, die im Auftrag des Konzerns British Petrol (BP) betrieben wurde. Sie löste die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA aus. Im Jahr 2001 wurde die Plattform durch das Mineralölunternehmen Transocean fertig gestellt und nahm ihre Tätigkeit auf. BP America hatte für Deepwater Horizon einen Leasingvertrag mit Transocean abgeschlossen, der bis September 2013 gelaufen wäre.
Mit 1.250 Metern die bisher tiefste Bohrung weltweit wurde von der Ölplattform aus 2009 im Tiber-Ölfeld im Golf von Mexiko durchgeführt. Durch unkontrolliertes Austreten von Öl, einem sogenannten Blowout, geriet die Deepwater Horizon am 20.04.2010 in Brand, ging zwei Tage später unter und verursachte durch das austretende Öl eine der schwersten Umweltkatastrophen weltweit. An den Folgen der Ölpest in Mexiko leidet das Land und die Natur auch in den nächsten Jahren noch. British Petrol wurde vom Justizministerium der USA zu 4,5 Milliarden US-Dollar Strafe verurteilt.
Der Unfallhergang von Deepwater Horizon
Die Explorations-Ölplattform Deepwater Horizon war eine Halbtaucherkonstruktion, bei der die tragenden Säulen zum Teil ins Meer eintauchen und dort von Auftriebskörpern getragen waren. Damit war die 121 Meter lange und 78 Meter breite Plattform dynamisch und konnte an verschiedenen Orten eingesetzt werden. So können Bohrungen an mehreren Stellen durchgeführt werden, um die Umgebung und das Ölvorkommen zu erkunden. Zur Zeit des Unfalls befand sich die Deepwater Horizon etwa 80 Kilometer vor Venice, im US-Bundesstaat Louisiana gelegen, im Macondo-Ölfeld.
Während der Bohrung kam es immer wieder zu Erdgaseinbrüchen. Durch das Erdgas, das in das Bohrloch eindrang, musste die Ausführung feuergefährlicher Arbeiten auf der Bohrinsel zum Teil kurzzeitig eingestellt werden. Das Risiko dieser Gaseinbrüche wurde von British Petrol jedoch als gering eingestuft, während die US-Regierung im Vorfeld vor solchen Bohrungen gewarnt wurde.
20. April 2010
Am 20. April 2010 kam es auf der Ölbohrplattform in Folge eines enormen Druckanstiegs zu einer Explosion, die Gas, Öl und Bohrschlamm hervorstieß. Das ausströmende Erdgas entzündete sich und führte zum Brand. Das Ventilsystem, welches als Schutzvorrichtung für diese Fälle direkt über dem Meeresboden konzipiert wurde, funktionierte nicht. Der Versuch, die Bohrinsel mittels Notabschaltung vom Bohrloch manuell zu trennen wurde erst sieben Minuten nach dem Blowout unternommen und funktionierte ebenso nicht. Die Dieselgeneratoren saugten vermehrt das ausströmende Erdgas an und sorgten für eine erhöhte Leistung und Drehzahl, die eine Explosion der Generatoren in Folge des Spannungsanstiegs hatte.
Der Versuch, die Bereitschaftsgeneratoren zu starten um Strom für die Feuerlöschpumpen erzeugen zu können, hatte keinen Erfolg und wurde nach wenigen Minuten eingestellt. Da die Löschboote den Brand ebenfalls nicht löschen konnten, sank die Bohrinsel zwei Tage später und elf Besatzungsmitglieder kamen ums Leben, die restlichen 115 Arbeiter konnten gerettet werden. Das gerichtliche Verfahren führten die USA und beauftragten eine Untersuchung des Unfalls und Untergangs, die zahlreiche menschliche und technische Fehler diagnostizierte.
Der Blowout-Preventer, der konstruiert wurde um ausströmendes Öl und Gas zu stoppen, wies mehrere Mängel auf, wie die Untersuchungen zeigten. Unter anderem war eine der Batterien leer und in der Hydraulik wurde ein Leck festgestellt. Zudem fehlte eine Fern- und Automatikauslösung des Blowout-Preventers, was eigentlich zum internationalen Standard gehört. Dem Konzern British Petrol wurden einige schwere Versäumnisse vorgeworfen, die den Unfall hätten verhindern können. So stellte der Untersuchungsausschuss beispielsweise fest, dass Belastungstests der Bohrung mangelhaft ausgefallen waren, BP jedoch trotzdem die Befestigungsarbeiten für abgeschlossen erklärte. Auch das Alarmsystem wurde in den Unterdrückungsmodus versetzt, so dass keine optischen oder akustischen Signale den Alarm bekannt gaben. Gründe für diese und andere Fehlentscheidungen scheinen Einsparungsabsichten gewesen zu sein.
Nach dem Untergang
Nach dem die Deepwater Horizon untergegangen war, stieg immer mehr Öl aus dem abgeknickten Stahlrohr, dass auch durch den Einsatz von Chemikalien oder das Abbrennen des Öls auf der Wasseroberfläche nicht eingedämmt werden konnte. Dadurch erreichte der Ölteppich innerhalb weniger Tage die US-Küste am Golf von Mexiko und zerstörte dort weite Teile der Flora und Fauna, auch im Mississippi-Flussdelta und Umkreis mehrerer Kilometer im Meer selbst. Nach kurzer Zeit waren bereits 9.900 Quadratkilometer von dem Ölteppich überzogen.
Somit waren zwei Monate nach dem Unglück auf der Plattform alle US-amerikanischen Küsten von der Ölpest betroffen. Erst am 15. Juli 2010 konnte auf das beschädigte Bohrloch eine dichtschließende Verschlusskappe geflanscht werden. Insgesamt sollen etwa 700 Millionen Liter Öl ausgetreten sein.
Ökologische Folgen von Deepwater Horizon
Neben der Verschmutzung des Flussdeltas des Mississippi kam es aufgrund des kontrollierten Abbrennens des Ölteppichs zur erheblichen Luftverschmutzung. Außerdem bleiben die vom Öl freigesetzten Schadstoffe auch nach dem Verbrennen im Meerwasser. Dadurch ist die gesamte Nahrungskette weiterhin von der Ölkatastrophe betroffen. Schäden wurden insbesondere bei den Vogelkolonien wie Reiher und Pelikane sowie bei Fisch- und Austernbeständen entlang der US-Küste gemeldet. Auch Delfine und Meeresschildkröten sind von der Ölpest betroffen. Die genaue Anzahl der gestorbenen oder betroffenen Tiere kann jedoch nur schwer geschätzt werden. Fest steht jedoch, dass das natürliche Gleichgewicht in den betroffenen Regionen langfristig gestört sind.
Ebenso sind durch die 5.600 zusätzlich eingesetzten Schiffe weitere Umweltschäden entstanden, so das US-Umweltministerium. Doch nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt sind von der Ölpest betroffen. Im US-Bundesstaat Louisiana erkrankten etwa 70 Menschen aufgrund der Umweltkatastrophe.
Politische Auswirkungen
Politisch hatte der Unfall des Deepwater Horizon vor allem in den USA Auswirkungen. So wurde zunächst ein sechsmonatiger Aufschub von Tiefseebohrungen vereinbart, wogegen 32 Öl-Unternehmen Einspruch erhoben. Kurz nach der Ölkatastrophe hatte sich der Wert der BP-Aktien halbiert, der Kurs hat sich aber innerhalb weniger Monate wieder stabilisiert.
Doch im Jahr 2011 fuhr der Konzern bereits einen Gewinn von 25 Milliarden US-Dollar ein. Dem Konzern entstanden insgesamt Kosten in Höhe von etwa sechs Milliarden US-Dollar, was auch die Entschädigungszahlungen betroffener Fischer und Unternehmen entlang der US-Küste einschließt. Dies ist die bisher höchste Strafe in einem US-Prozess nach dem Pharmakonzern Pfizer, der 1,3 Milliarden US-Dollar zahlen musste. Ob auch die US-Regierung und die jeweiligen Bundesstaaten Entschädigungen einfordern, ist noch offen.
Einfluss der Globalisierung auf den Unfall von Deepwater Horizon
Kurz nach dem Unfall auf der Ölplattform Deepwater Horizon wurde die Nachricht weltweit über Nachrichtenagenturen, Medien und vor allem auch soziale Netzwerke verbreitet. Binnen kurzer Zeit war dadurch die Mehrheit der Menschen in den Industrieländern informiert über den Unfall sowie die bis dato abzusehenden Folge. Die fortschreitenden Kommunikationstechniken und die Vernetzung der Welt in Folge der Globalisierung lassen sich am Beispiel Deepwater Horizon besonders gut ablesen.
So stieg beispielsweise die Zahl der Twitter-Follower einer satirischen BP-Website innerhalb einer Woche auf der 410fache gegenüber der offiziellen BP-Onlinepräsenz an. Der Imageschaden für British Petrol durch die kritischen Äußerungen in verschiedenen sozialen Netzwerken und Blogs war und ist auch heute noch erheblich. Dies zeigt, dass bei international agierenden Unternehmen die Kommunikationsstrategie an das veränderte Mediennutzungsverhalten und die zunehmend aufgeklärte Bevölkerung angepasst werden muss.
Zudem riefen Künstler, Prominente und Politiker dazu auf, den BP-Konzern und seine Marken wie Aral und Castrol zu boykottieren. Darunter die Sängerin Lady Gaga, die deutsche Partei Bündnis90/Die Grünen und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und BUND. Die Organisation des Boykotts wurde auch hier durch die Vernetzung in Folge der Globalisierung und die kommunikationstechnischen Möglichkeiten vereinfacht und beschleunigt. Da die gesamte Welt Kenntnis von der Ölkatastrophe genommen hat, wurden ebenfalls Schäden im Tourismus verzeichnet, vor allem in Florida. Der Verlust für die Tourismusbranche wird vom britischen Wirtschaftsinstitut Oxford Economics auf 23 Milliarden US-Dollar binnen drei Jahren geschätzt.