Globalisierung und Armut
Obwohl der Prozess der Globalisierung schon Am Ende des Mittelalters einsetzte, gewann er erst nach dem Zweiten Weltkrieg an Dynamik. Anfang der sechziger Jahre wurde der Begriff Globalisierung erstmals in der Fachliteratur erwähnt und ist seitdem zu einem Schlagwort geworden. Seit langem wird im Zusammenhang mit der Globalisierung auch das Wachstum der Armut diskutiert. Obwohl die Verflechtung der Weltwirtschaften und des Finanzwesens großen Einfluss auf Verbreitung und Entwicklung der Armut hat, gibt es bei diesem Prozess sowohl Gewinner als auch Verlierer.
Wer sind die Gewinner der Globalisierung?
Der Prozess der Globalisierung bringt den Industriestaaten die meisten Vorteile. Durch die Vernetzung der einzelnen Ökonomien können Unternehmen in den entwickelten Ländern viel effizienter arbeiten und somit enorme Kosten einsparen. Dadurch gelingt es diesen Ländern, die Armut zu verringern und den allgemeinen Wohlstand der Bevölkerung zu erhöhen.
Die Industrieländer erschließen durch die Globalisierung neue Absatzmärkte für ihre Produkte. Gleichzeitig sichern sie sich durch ihren starken wirtschaftlichen und politischen Einfluss günstige Preise für die zur Produktion dringend benötigen Rohstoffe. Der Export hochwertiger Artikel förderte in den Industriestaaten die Entstehung vieler neuer Arbeitsplätze für hochqualifizierte Fachkräfte, ein Umstand der wesentlich zur Verringerung der Armut und zur Schaffung von Wohlstand in den Industriestaaten beiträgt. Durch den starken Konkurrenzkampf sind die Unternehmen gezwungen, möglichst effizient zu arbeiten, um Kosten zu sparen.
Dadurch kam es zur Verlagerung vieler Produktionsstätten in sogenannte Billiglohnländer. Dabei handelt es sich meist um Schwellenländer, Staaten die sich in einem Übergangsstadium vom Entwicklungsland zum Industriestaat befinden. Dort kann unter wesentlich günstigeren Bedingungen als in den entwickelten Ländern produziert werden. Die Lohnkosten sind geringer und gesetzliche Auflagen weniger strikt als in den Industriestaaten. Die Einsparungen erhöhen den Gewinn der Unternehmen und stärken ihre Position auf den internationalen Märkten. Die Schwellenländer ziehen ebenfalls Nutzen aus diesem Vorgang, können sie doch Direktinvestitionen anziehen. Weil neue Arbeitsplätze geschaffen werden, geht die Armut in diesen Ländern zurück und der allgemeine Lebensstandard der Bevölkerung steigt. Die Finanzwirtschaft profitiert ebenfalls von der Globalisierung, weil sich zahlreiche neue Möglichkeiten für Investitionen und interessante Anlagen ergeben.
Die Folgen der Globalisierung machen sich auch im privaten Bereich bemerkbar. Die Bürger in den Industriestaaten profitieren davon durch ein breites Warenangebot zu günstigen Preisen. Dadurch steigt die Kaufkraft der Löhne, Gehälter und Renten und die Armut geht zurück.
Auch auf dem Gebiet der Telekommunikation zeigen sich positive Effekte. Sie wird deutlich günstiger als in früheren Zeiten. Mit Hilfe des Internets sind zum Beispiel weltweite kostenlose oder sehr günstige Telefonanrufe und sogar Videogespräche möglich, etwas von dem man vor einigen Jahrzehnten nur träumen konnte. Der internationale Personenverkehr hat sich in den Jahrzehnten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ebenfalls um mehr als das Hundertfache vergrößert. Dadurch entstanden zahlreiche neue Jobs, die zur Verringerung der Armut beitrugen. Viele der Jobs entstanden in Regionen, in denen es sonst kaum Beschäftigungsmöglichkeiten gab. Dadurch gelang es, die Armut in diesen Gebieten wenigstens teilweise zurück zu drängen und vielen Menschen eine Perspektive zu geben.
Gibt es auch Verlierer bei der Globalisierung?
Die Globalisierung hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Wirtschaft und die Bekämpfung der Armut, sondern zeigt auch negative Effekte. Nicht nur in den Entwicklungsländern sondern auch in den Industriestaaten führt die Globalisierung in einigen Schichten der Bevölkerung zu einer Zunahme der Armut. Besonders betroffen davon sind Personen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Zumeist handelt es sich dabei um Arbeitskräfte ohne oder mit nur geringer Qualifikation. Für diese Personen besteht sowieso ein immer geringerer Bedarf.
Zusätzlich stehen sie auch in direkter Konkurrenz mit Arbeitnehmern in weniger entwickelten Ländern Das führt zur Entstehung von Langzeitarbeitslosigkeit und zum Anstieg der Armut in bestimmten Schichten der Bevölkerung. Zu den wahren Verlierern im Prozess der Globalisierung gehören die Entwicklungsländer. Dort führt dieser Prozess zu einer Erhöhung der Armut, weil er die Abhängigkeit dieser Länder von den industriell entwickelten Ländern vergrößert.
Die Entwicklungsländer dienen zumeist nur als Lieferanten billiger Rohstoffe und als Absatzmarkt fertiger Erzeugnisse. Die Problematik wird noch durch die Umstände verschärft, dass es sich bei den Warenlieferungen an die Industriestaaten meist nur um ein oder wenige Rohstoffe handelt. Deren Preise auf dem Weltmarkt werden bis auf die Ausnahmen weniger strategischer Rohstoffe wie Öl oder Gold, von den Industrieländern bestimmt. Kommt es zu einem starken Absinken der Preise, hat das für die Wirtschaft des betreffenden Landes katastrophale Folgen.
Wegen der ungünstigen lokalen Bedingungen, wie zum Beispiel einer kaum entwickelten Infrastruktur, hoher Korruption und Kriminalität sowie geringer Qualifikation der Arbeitskräfte sind Entwicklungsländer in vielen Fällen für Direktinvestitionen wenig attraktiv. Weil wenig Jobs geschaffen werden, bleibt das Niveau der Armut hoch. Ein großer Teil der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft, produziert jedoch meist nur für den Eigenbedarf oder bestenfalls für den örtlichen Verbrauch. Dadurch gibt es keine oder nur geringe Verdienstmöglichkeiten.
Der Export landwirtschaftlicher Produkte in die Industriestaaten wird zusätzlich durch hohe Einfuhrzölle und Importquoten erschwert. In vielen Regionen bietet lediglich der Tourismus eine halbwegs sichere Einkommensquelle, um der Armut zu entkommen. Das Ergebnis zeigt sich darin, dass viele Menschen in den ärmeren Ländern die einzige Lösung darin sehen, mit allen Mitteln zu versuchen, in die Industriestaaten zu migrieren. Die sicherste Methode, um diese unerwünschte Zuwanderung zu stoppen besteht darin, mehr Jobs in den ärmeren Ländern zu schaffen und den Menschen dort eine lebenswerte Zukunft zu geben.
Gibt es noch andere Auswirkungen der Globalisierung?
Da durch die Globalisierung die Welt enger zusammenrückt, wird die Koordination und Logistik von Hilfsmaßnahmen zur Bekämpfung von Katastrophen und Armut erleichtert. Hilfe kann heute schneller und gezielter erfolgen als in der Vergangenheit. Auf der anderen Seite können sich auch, bedingt durch die weltweite Vernetzung, wirtschaftliche und finanzielle Probleme schnell von einem Land zum anderen übertragen. Beispiele dafür sind die internationale Finanzkrise von 2008 und die Währungskrise des Euro. Die Krisen begannen jeweils nur in einem Land, hatten und haben aber weltweite Folgen. in vielen Ländern führten sie zur Erhöhung der Armut und zum Konkurs zahlreicher Unternehmen.
Insgesamt hat die Globalisierung aber einen positiven Effekt auf die Armut, da durch die Belebung des Personen- und Warenverkehrs sowie Erleichterung der Telekommunikation zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Dieser Prozess findet sowohl in den Industrieländern als auch in weniger entwickelten Staaten statt. Letztere Staaten profitieren auch vom Aufschwung des Tourismus, der ungebrochen anhält. Andererseits für der Anstieg des Lebensstandards, so positiv er an und für sich auch ist, zu negativen Effekten, beispielsweise zur Erhöhung der Umweltverschmutzung. Die globale Erwärmung des Klimas ist das bekannteste Beispiel dafür.