Globalisierung und Migration
Globalisierung und Migration sind Schlüsselworte, die bei vielen Menschen negative Assoziationen hervorrufen. In Gedanken setzen sie die EU mit dem untergegangenen Römischen Reich gleich, dessen äußere Grenzen von barbarischen Horden belagert wurden. Auch die Parole „Das Boot ist voll“ von gewissen rechten Parteien erweckt negative Assoziationen. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache. So stehen ungefähr 400.000 Asylanträgen in 44 Industriestaaten die Zahl von mehr als 500.000 Flüchtlingen gegenüber, die allein in Dadaab in Kenia, dem weltweit größten Flüchtlingslager untergebracht sind. Das kleine und unterentwickelte Kenia beherbergt mehr Flüchtlinge als die gesamte EU.
Fördert Globalisierung die Migration?
Als Migration bezeichnet man die Ein- bzw. Auswanderung größerer Menschengruppen. Als Motiv stecken häufig Flucht vor Krieg und Verfolgung sowohl als auch Abwanderung in Länder mit besseren Arbeits- und Lebensbedingungen dahinter. Letztere Migranten werden oft abwertend als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet. Dass die Globalisierung die Migration fördert, ist weniger zutreffend. So belegen zum Beispiel statistische Angaben, dass knapp 7 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik leben. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahrzehnten nur wenig verändert. Von einer Flut von Einwanderern zu sprechen ist also statistisch nicht belegbar. Migration wird weniger durch Globalisierung sondern viel mehr durch Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen gefördert. In diesem Zusammenhang braucht man nur an die Flüchtlingsströme zu denken, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kreuz und quer durch Europa zogen.
Globalisierung fördert insofern die Migration, weil sie Dank der Freiheit der Information auch Menschen, die in den entlegensten Teilen der Erde leben zeigen, wie der Lebensstandard in den reichen Industrieländern aussieht. Das erweckt natürlich Wünsche und Sehnsüchte und würde die Migrationsbewegung aus armen Ländern wesentlich erhöhen, wenn die Industriestaaten wie die USA und die EU nicht ihre Außengrenzen stärker bewachen würden (Festung Europa). Damit wird unerwünschte Migration erheblich erschwert, jedoch nicht gänzlich unmöglich gemacht. Obwohl innerhalb der Mitgliedsländer für EU-Bürger Freizügigkeit in der Wahl des Wohnsitzes und Arbeitsplatzes herrscht, hält sich die Migrationsbewegung trotz zunehmender Globalisierung in überschaubaren Grenzen. Die neue Völkerwanderung, die anfänglich bei der Einführung der Bestimmungen befürchtet wurde, blieb jedenfalls aus.
Welche Effekte hat die Migration?
Komplexe Studien auf diesem Gebiet liegen noch nicht vor. Das liegt sicher daran, dass das Problem umfangreich und kompliziert ist und viele Migrationsbewegungen nicht oder nur unvollständig erfasst werden. Einzelne Untersuchungen belegen jedoch, dass Migration überwiegend einen positiven Effekt sowohl auf die Einwanderungsländer als auch auf die Ausgangsorte der Migrationsbewegung ausübt. Im Einwanderungsland erfüllen die Neuankömmlinge eine Nachfrage nach billigen Arbeitskräften, die auch in hochentwickelten Industriestaaten in einem gewissen Umfang besteht.
Da Migranten zudem meist höhere Geburtenraten aufweisen als die einheimische Bevölkerung tragen sie nicht unerheblich dazu bei, dem Trend der Überalterung der Bevölkerung entgegenzuwirken. Mit ihren aus der alten Heimat mitgebrachten Sitten und Gebräuchen, ihrer Küche, Festen und Musik bereichern sie das kulturelle Leben in ihrer neuen Heimat. Für ihre Ursprungsländer stellen die Auswanderer einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar. Sie senden zum Beispiel beträchtliche Geldbeträge nach Hause, nicht selten in Regionen in denen es wegen der instabilen Lage kaum Direktinvestitionen gibt. Schätzungen gehen davon aus, dass die Höhe der in die alte Heimat geschickten Geldbeträge die Entwicklungshilfe um das Zehnfache übersteigt. Für viele arme Familien sind die Überweisungen, die von Verwandten aus dem Ausland kommen, die einzige verlässliche Einkommensquelle und notwendig zum Überleben. Viele der Emigranten legen zudem einen großen Teil ihrer Ersparnisse in der alten Heimat an, indem sie zum Beispiel Häuser bauen oder Verwandten Startkapital zum Aufbau kleiner Unternehmen zur Verfügung stellen.
Dadurch helfen sie dabei, in den ärmeren Ländern Arbeitsplätze zu schaffen und den Lebensstandard langsam zu verbessern. Diese kleinen Maßnahmen sind oft viel erfolgreicher und effektiver als ehrgeizige Großprojekte, die sich nicht selten als Fehlinvestition erweisen und mehr schaden als nützen. Die negativen Auswirkungen der Migration zeigen sich in den Einwanderungsländern in Integrationsproblemen, die viele Neuankömmlinge aufweisen. An erster Stelle steht dabei die Sprachbarriere, deren Überwindung viel Kraft kostet. In den Herkunftsländern dagegen führt Migration dazu, das ganze Landstriche entvölkert werden. Meist trifft das die Regionen zu, die sowieso schon unterentwickelt und dünn besiedelt sind.
Gibt es auch andere Formen der Migration?
Die zunehmende Globalisierung verursacht selbst Migration. Das erfolgt aber weniger in der Form von Flüchtlingsbewegungen, sondern Migration findet als gezielte Anwerbung von Fachkräften oder Spezialisten aus dem Ausland statt. Früher sprach man im Zusammenhang mit der Globalisierung bei diesem Vorgang vom „Brain Drain“ und glaubte, dass dadurch Entwicklungsländer geschädigt würden, weil dringend benötigte Fachkräfte ins Ausland abgeworben wurden. Neue Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass es sich bei diesem Vorgang, der übrigens auch heute noch stattfindet, nicht um einen Brain Drain, sondern eher um eine zyklische Bewegung handelt. Die meisten der Spezialisten verbringen nämlich nur eine gewisse Zeit in den Gastländern und kehren dann in ihre Heimat zurück. Dort nutzen sie ihr im Ausland erworbenes Wissen, Erfahrungen und Kontakte, um ihr Land zu bereichern.
Deutsche als Migranten
Die Mehrzahl der Bundesbürger bringt Migranten mit Ausländern und Flüchtlingen in Verbindung. Dabei vergessen sie jedoch, dass auch Deutsche schon seit vielen Jahren in alle Welt migrierten und das bis heute noch tun. So gingen in den Jahren bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs Millionen von Deutschen in die USA und leisteten einen wesentlichen Beitrag, aus dem Land die heutige Supermacht zu machen. Nach heutigen Begriffen waren diese Leute Wirtschaftsflüchtlinge. Auch heute nutzen viele Deutsche die Vorzüge der Globalisierung mit ihren Erleichterungen für die persönliche Mobilität und wandern in alle Welt aus. Diese Migration ist nicht nur auf Fachkräfte beschränkt, sondern geht quer durch alle Bevölkerungsschichten. So verlegen nicht wenige deutsche Rentner ihren ständigen Wohnsitz in wärmere Gefilde. Ein gutes Beispiel dafür ist die Ferieninsel Mallorca, jedoch selbst im fernen Thailand leben bereits mehrere Tausend Deutsche.
Migration hat überwiegend positive Einflüsse
Durch Migration wird die Globalisierung sogar noch gefördert, weil sie Fremde, die in unbekannten Fernen leben, zu Nachbarn und Arbeitskollegen macht. Die Neuankömmlinge haben, bedingt durch ihre Herkunft, Religion oder Abstammung Bedürfnisse, die sich von denen der Einheimischen deutlich unterscheiden. Das schafft Nachfrage nach neuen Produkten, die wiederum den internationalen Handel und kulturellen Austausch stimuliert.
Als Beispiel seien hier nur die zahlreichen Spezialitätengeschäfte wie Asia Shops, Afrika Shops oder russische Geschäfte erwähnt, die es inzwischen wohl in fast jeder Großstadt in Deutschland gibt. Zunehmend kaufen dort auch Deutsche ein, weil sie neugierig auf die fremden Produkte sind. Viele Migranten wiederum kehren im Alter in ihre Heimat zurück und genießen dort den Ruhestand. Mit ihrem Wissen und Können sowie ihren finanziellen Mitteln üben sie einen positiven Einfluss auf die Umgebung aus und verbessern den allgemeinen Lebensstandard. So profitieren letztendlich die meisten Menschen von der Globalisierung, die nicht nur aus einer Verflechtung der Volkswirtschaften, sondern auch aus dem freien Austausch von Informationen und Gütern sowie der möglichst ungehinderten persönlichen Mobilität besteht.