Globalisierung durch Kommunikation und Internet
Mit dem Begriff der Globalisierung lässt sich die weltweite Vernetzung aller wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Phänomene beschreiben. In den vergangenen Jahrzehnten hat die wechselseitige Verflechtung von Allem und Jedem eine früher nicht vorstellbare, zusätzliche Dynamik bekommen. Im Zentrum dieser Entwicklung steht die Kommunikation im Internet. Das Internet ist Ausdruck der Globalisierung, aber gleichzeitig auch der wichtigste Antriebsmotor für die immer schnellere und umfassendere Vernetzung weltweiter Entwicklungen.
Die demokratisierende Wirkung des Internets
Weltweit haben (Stand Juni 2012) 2,4 Milliarden Menschen einen Internetzugang, das entspricht in etwa einem Drittel der Weltbevölkerung. Die meisten Internetnutzer leben in Asien (1,1 Millarden) und in Europa (über 500 Millionen). Das Internet ist damit das wichtigste Kommunikationsmedium und hat damit längst das Telefon überholt. Diese immensen Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor viele Länder der Welt gibt, die nicht „am Netz“ sind und demnach auch nicht digital kommunizieren können. Experten sprechen hier von einer „digitalen Kluft“.
Da geistige, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen immer stärker vom Netz getragen und befördert werden, wird der Teil der Welt, der nicht an der digitalen Entwicklung partizipiert, zunehmend auch von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Die fehlende Anbindung ans Netz verschärft die ohnehin krassen Gegensätze zwischen hochentwickelten Industrienationen und armen Entwicklungsländern. Die Erfindung des Buchdrucks war im 15. Jahrhundert eine Revolution, die die Welt radikal veränderte. Die Auswirkungen des Internets auf Information und Kommunikation müssen um ein vielfaches höher eingeschätzt werden. Weltweite Kommunikation bedeutet Freiheit, für viele Menschen dieser Welt sogar im wörtlichen Sinn. Die „demokratisierende“ Wirkung des Internets ist im Zuge der Globalisierung bereits zum Schlagwort geworden.
Das Internet ermöglicht allen den Zugang zu Informationen jeder Art und erleichtert die Kommunikation. Per Netz können sehr viele Menschen zeitgleich erreicht werden. Ideen können vermittelt, Informationen bewertet, Meinungen ausgetauscht, gemeinsame Aktionen geplant und organisiert werden. Totalitäre Staaten haben die Wirkmacht dieser Möglichkeiten längst erkannt. Nicht selten wird der Internet-Zugang beschränkt, um kritische Auseinandersetzung mit unliebsamen Themen zu verhindern und möglichen Widerstand im Keim zu ersticken. Der so genannte „arabische Frühling“ und die „ägyptische Revolution“ wurden wesentlich von Internetaktivisten befördert und mitgeprägt. Bild- und Filmaufnahmen aus Krisengebieten erreichen uns immer häufiger zunächst via Twitter.
Internet und Kommunikation als Triebfeder wirtschaftlicher Prozesse
Auch wirtschaftliche Prozesse sind ohne Kommunikation und Internet nicht mehr denkbar. Das Internet hat Abläufe und Prozesse in vielen Bereichen der Wirtschaft grundständig und nachhaltig verändert. Die Globalisierung findet sozusagen auch am PC statt: Abstimmungsprozesse finden in vielen Unternehmen nicht mehr im Konferenzraum statt, sondern werden online – via Internet oder Intranet – organisiert. Statt per Flugzeug, Bahn oder PKW aus allen Richtungen zu Meetings anzureisen, werden Videokonferenzen abgehalten.
Auch große Datenmengen – Unterlagen, Entwürfe, Präsentationen – können ins Netz gestellt und von den Kollegen irgendwo auf der Welt heruntergeladen und weiterbearbeitet werden. Wissenschaftler haben online Zugriff auf Bibliotheken und dort gelagerte Information. Die Kommunikation via Internet ist Voraussetzung dafür, dass immer mehr Bürotätigkeiten vom „Home-Office“ aus erledigt werden können – wer per Netz mit Auftraggebern und Kollegen kommunizieren kann, muss nicht unbedingt jeden Tag vor Ort im Büro sein. Muss man trotzdem am nächsten Tag in Paris oder New York sein, kann das Ticket last minute – vielleicht sogar besonders günstig – online gebucht und zu Hause ausgedruckt werden. Auch die moderne Warenwirtschaft und Logistik hat in den vergangenen Jahrzehnten ein völlig neues Gesicht bekommen.
Der Informationsfluss, der die Warenströme begleitet, ist mindestens ebenso wichtig wie der physische Transport. Transportunternehmen (und deren Kunden!) können per Netz jederzeit nachvollziehen, an welchem Durchlaufpunkt sich z.B. die per Flieger aus einem kleinen peruanischen Ort via Lima angelieferten Waren aktuell befinden. Warenströme können punktgenau koordiniert und gesteuert werden – das spart Zeit und vor allem Kosten.
Mindestens ebenso grundlegend sind die durch die digitale Kommunikation beförderten Veränderungen der Finanzmärkte. Riesige Transaktionen können in Sekundenschnelle durchgeführt werden und haben nicht selten weitreichende ökonomische, aber auch soziale Auswirkungen. Solaranlagen, Windkraftanlagen, landwirtschaftliche Erzeugnisse, Rohstoffe, Immobilien, Landeswährungen, Versicherungspolicen – alles, was irgendwo in der Welt geschieht, kann in der digitalen Welt von jetzt auf gleich zum Spekulationsobjekt werden. Bei der Kommunikation kommt es auf Minuten, manchmal sogar Sekunden an: Was eben noch große Gewinnmargen versprach, kann kurz danach schon ein Verlust sein.
Internet und Kommunikation im Alltag
Das World Wide Web ist der zentrale Treff- und Knotenpunkt einer globalen Welt. Per PC, iPad oder Handy hat jeder rundum die Uhr auf alles Zugriff, was sich in der Welt tut. Jeder ist immer und überall erreichbar. Was am einen Ende der Welt geschieht, kann nach wenigen Minuten in Wort und Bild im Netz nachgelesen werden. Per Twitter erfahren wir rund um die Uhr, was sich bei unserem Lieblingsfußballverein, bei Boris Becker oder bei der Freundin am anderen Ende der Welt tut – sogar dann, wenn sich gerade nichts tut.
Das Konzert, das Robbie Williams gestern in Kapstadt gegeben hat, kann bereits am nächsten Tag via youtube überall in der Welt angeschaut werden und ist bereits nach wenigen Stunden über zehntausend Mal angeklickt worden. Die Opernpremiere an der Mailänder Skala wird im Kino um die Ecke per Livestream auf Großbildleinwand übertragen. Rundum die Uhr können wir Live-Informationen und Live-Bilder aus aller Welt empfangen. Die unterschiedlichen Zeitzonen der Welt werden kommunikativ eingeebnet. Die Welt ist rund und irgendwo ist immer gerade Tag. Spät abends „skypen“ wir mit einer Freundin, die am anderen Ende der Welt gerade beim Frühstück sitzt.
Leben im Netz
Die scheinbar virtuelle Welt ist längst real und damit zum selbstverständlichen Teil unseres Alltags geworden. Wir denken, leben und kommunizieren im Netz. Laptop, iPad oder internetfähige Handys sind ständige Begleiter in allen Lebenslagen. Im wirklichen Leben haben wir zehn oder zwanzig Freunde, in den sozialen Netzwerken sind es Hunderte, die überall auf der Welt verstreut sind und von denen wir trotzdem wissen, dass sie heute zum Frühstück ein Wurstbrötchen gegessen haben, gestern Abend im gleichen Kinofilm waren wie wir oder sich ein neues T-Shirt gekauft haben. Kommunikation im Zeitalter der Globalisierung kennt keine Pausen. Wenn irgendwo auf der Welt eine bekannte Persönlichkeit stirbt, wird das Todesdatum fast zeitgleich im Wikipedia-Eintrag aktualisiert.
Der Alltag im Netz
Die Fülle und Beschleunigung von Kommunikation und Information im Netz ist unendlich. Das World Wide Web ist ein Raum, in dem die Menschen sich aufhalten. „Ich bin online“ lautet die Standardformulierung. Wörtlich genommen halten sich also viele Menschen immer häufiger gleichzeitig an mehreren Orten auf: Sie sitzen in ihrem Wohnzimmer, im Café oder in der Straßenbahn und sind gleichzeitig „im Netz“. Dadurch verändern sich auch die realen Lebensgewohnheiten: Bestimmte Produkte – wie Bücher oder DVDs – werden heute bereits überwiegend per Internet gekauft. Printmedien haben einen zunehmend schweren Stand: Statt im gebundenen Buch lesen wir E-Books im E-Reader, statt der gedruckten Tageszeitung bevorzugen viele Menschen die Online-Version und sind per App oder Newsticker laufend übers aktuelle Geschehen informiert.
Wer will, kann seine kompletten Einkäufe im Netz erledigen. Online-Spiele gehören längst zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Mitspieler weltweit können auf Spiele-Plattformen interagieren und gemeinsam virtuelle Parallelwelten bauen. Bei „World of Warcraft“, einem der bekanntesten Internet-Spiele, gibt es Zahlen, nach denen zeitweise weltweit fast 12 Millionen Mitspieler registriert waren. Die reale physische Präsenz und die virtuelle Präsenz überlappen sich. Experten sind der Auffassung, dass die Kommunikation im Internet zunehmend dazu beitragen wird, eine globale kulturelle Identität zu fördern und zu formen.
Durch beschleunigte Kommunikation im Internet rücken die Menschen der Welt einander näher, auch die Katastrophen, das Elend, der Hunger in den Elendsvierteln der Welt sind mitten unter uns. Es wird eine wichtige Aufgabe der Weltgemeinschaft sein, über die Probleme der Menschheit und der Globalisierung nicht nur im Netz zu kommunizieren, sondern sie vor allem in der Realität zu lösen.