Kulturelle Globalisierung Definition
Wenn über allgemeine Globalisierung gesprochen wird, gerät meistens ein Aspekt in den Hintergrund: Die kulturelle Globalisierung. Auch wenn diese keine direkte Auswirkung auf unser Überleben auf der Erde hat, wie beispielsweise Umweltverschmutzung, so behandelt sie doch die Essenz des Menschsein an sich – seine Art, zu leben. Durch die Globalisierung sind die verschiedenen Kulturen auf der ganzen Welt verteilt worden und es wurde ein Vermischungs- und Verdrängungsprozess in Gang gesetzt, über dessen Vorteile, Nachteile und Folgen gestritten wird.
Definition der kulturellen Globalisierung
Durch die Prozesse der Globalisierung sind in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Gewohnheiten, zum Beispiel Essen, Tagesablauf, Freizeitbeschäftigung, moralische Vorstellungen und Verhaltensweisen, von bestimmten Landesgrenzen oder Kontinenten in anderen Ländern oder Kontinenten bekannt geworden. Nicht nur, dass Konzerne die Produkte ihres Herkunftslandes versucht haben, in anderen Ländern zu vermarkten, durch Medien wie das Internet oder das Fernsehen wurden direkte Verbindungen zwischen örtlich getrennten Bevölkerungsgruppen geschaffen, die noch vor einiger Zeit höchstens durch Geschichten voneinander wussten. Innerhalb dieser Lebensräume hatte eine bestimmte Vorstellung vom Leben, und wie man es führt, vorgeherrscht. An einigen Orten war es üblich, Frauen zu steinigen, an anderen wurden Kühe vergöttert.
Die Zeit vor den Massenmedien
Vor der Globalisierung und dem Aufkommen der Massenmedien gab es keine anderen Ansichten, die die Menschen dieses Lebensraumes dazu hätte bewegen können, ihre eigenen Rituale zu überdenken oder zu verbessern. Die Kultur dieses Lebensraumes war schlicht örtlich auf ihren kulturellen Pool beschränkt. Dies ist in etwa mit einer gewissen Säugetierart zu vergleichen, die auf einem Kontinent sich nur aus ihrem speziellen Genpool heraus entwickeln kann. Mit dem Auftreten von Massentourismus in entfernte Länder, der Vermarktung von speziellen Produkten auf der ganzen Welt und der Propagierung bestimmter Lebensansichten durch die Massenmedien, wurden diese örtlichen Grenzen zwischen bestimmten Lebensräumen mit einem mal aufgelöst. Ein Inder wurde nun damit konfrontiert, dass Europäer Kühe essen, ein Muslim hörte etwas von der Gleichberechtigung von Frauen. Plötzlich wurden uralte, traditionelle Ansichten durch vollkommen neue Impulse aus anderen Regionen der Erde durcheinander gewirbelt. Aufgrund der wirtschaftlichen Überlegenheit der westlich orientierten Industrienationen dominierten bei diesem Prozess westliche Ansichten, die sich zu einem gewissen Ideal innerhalb der Meinungsbildung entwickelten.
Entstehung einer Hyperkultur
Inzwischen üben aber auch andere Kulturformen immer mehr Einfluss auf die westlichen Meinungen aus. So ist die Entstehung einer weltweiten Hyperkultur im Gange, die die verschiedenen Aspekte der jeweiligen Kulturen vereint. Es kommt zum Zusammenfluss vollkommen unterschiedlicher Vorstellungen, Rituale, Symbole oder Bilder, die zu einer gemeinen Kultur zusammenfließen. Dies wäre in etwa so, als würden alle Kontinentalplatten erneut zusammentreiben und die bestimmte Säugetierart, die sich vorher isoliert in ihrem Genpool entwickelte, mit vollkommen neuen Säugetieren zusammenkommt, was zu einer kompletten Umstellung der Artenvielfalt führte – die Vielfalt würde größer, die Stärkeren würden die Schwächeren verdrängen. Auf diese Art ließe sich der Kampf der Kulturen, der in unserer globalisierten Welt zurzeit stattfindet, beschreiben.
Konkrete Beispiele
Im täglichen Leben lässt sich diese kulturelle Revolution an ganz konkreten Beispielen ablesen. Das vielleicht Bekannteste dürfte die Verbreitung von bestimmten Nahrungsmitteln durch weltweit agierende Unternehmen sein. Diese haben dafür gesorgt, dass hunderte Millionen Menschen an jedem Teil der Welt nun Burger essen und Brause trinken – eine Esskultur, die sich vorerst ausschließlich in den Vereinigten Staaten herausgebildet hat. Viele Menschen in anderen Ländern erachten dieses Essensangebot nun als schmackhafter oder angemessener und lassen ihre eigenen Essgewohnheiten seltener zum Tragen kommen; es kommt zu einer Verallgemeinerung der Esskultur, bei der sich die beliebtesten Angebote durchsetzen. Als weiteres Beispiel lässt sich das typisch westliche Wertesystem anführen, das sich aus den Erkenntnissen der griechischen Philosophen herausgebildet hat und durch die christliche Kirche im Abendland verbreitet wurde. Es schreibt gewisse moralische Ansichten vor, die für uns heute selbstverständlich erscheinen: Dass jeder gleich behandelt werden sollte, dass nicht getötet werden sollte, dass der Mensch das Oberhaupt der auf der Erde lebenden Lebewesen sei. Nachdem diese Werte über Jahrtausende in unserem Kulturkreis gepflegt worden sind, würde keiner mehr daran denken, sie in Frage zu stellen.
Ansichten werden in Frage gestellt
Mit einem mal geraten in Folge der weltweiten Diskussion über die Massenmedien und interkontinentalen Austausch jedoch Ansichten auf, in denen Menschen nach ihrem Geschlecht oder nach schon bei der Geburt festgelegten Klassen unterschieden werden. In denen das Töten von Menschen aus religiösen Gründen legitimiert ist. In denen Tiere als Götter angebetet werden. Als Mitglied des abendländischen Kulturkreises ergeben diese Ansichten wenig Sinn und lösen bei uns Unverständnis aus, allerdings verhält sich dies ähnlich in den anderen Kulturkreisen in Hinblick auf unsere Gewohnheiten. Auf einmal stellen sich die Menschen in Folge der kulturellen Globalisierung die Frage, welche Ansichten tatsächlich gerechtfertigt oder richtig seien. Es kommt zu der Annahme von Werten auf der Welt ebenso wie zu der Ablehnung bestimmter Vorstellung durch die Mehrzahl der Weltbevölkerung. Es ist, als würde die Menschheit kulturell geeint.
Die Definition kultureller Globalisierung schließt im Übrigen auch die Verbreitung bestimmter Sprachen über mehrere Länder und Kontinente ein. So gilt Englisch heutzutage als „Weltsprache“, die in den meisten Ländern der Welt zur internationalen Kommunikation verwendet wird. Sie beeinflusst so ebenfalls die regionalen Sprachen, die zum Beispiel neue Wortschöpfungen aus dem Englischen ableiten. Ein Effekt, den es schon zur Zeit des Römischen Reiches gab, weshalb ein Großteil der europäischen Sprachen heute auf dem Lateinischen fußt.
Kritiker der kulturellen Globalisierung
Die kulturelle Globalisierung ruft viele Kritiker auf den Plan. Generell ist der Vorwurf, die kulturelle Vielfalt ginge durch die Vereinheitlichung der Kulturen verloren. Dadurch, dass bestimmte Kulturen in fremde Kulturkreise eindringen, verdrängten sie bisher vorhandene Bräuche. Wo vorher eine Vielzahl vollkommen unterschiedlicher Kulturen waren, entstehe nun eine verallgemeinerte Kultur. Andere Kulturen glichen sich an und alternative Denkweisen und Bräuche geraten in die Vergangenheit. Vor allem bestimmte kulturelle Gruppen kritisieren die kulturelle Globalisierung, da sie durch eine Dominanz der westlichen Werte geprägt sei. So liegt eine der größten Konfliktherde unserer Erde darin, dass Islamisten den Eindruck haben, ihre eigene Kultur würde durch westliche Ansichten angegriffen und verdrängt. Allerdings beklagen auch Vertreter westlicher Kultur inzwischen das Schwinden ihrer eigenen Werte. Wenn in Deutschland über den Anteil deutscher Musik im Radio oder über das Tragen von Kopftüchern in Schulen diskutiert wird, dann ist dies ebenfalls Ängsten hinsichtlich kultureller Veränderungen geschuldet. Ebenso sehen Kritiker Kulturen durch den Massentourismus bedroht. Ärmere Länder seien auf die Touristen angewiesen und würden genötigt, ihre eigenen Traditionen aufzugeben, um den Vorstellungen der Touristen gerecht zu werden. Manche Kritiker sprechen somit von einem „Kampf der Kulturen“ – ein Kampf ums Überleben der eigenen Traditionen.
Befürworter der kulturellen Globalisierung
Auf der anderen Seite stehen Befürworter, die eine ganz andere Definition von kultureller Globalisierung haben. Für sie kommt es durch die Zusammenführung unterschiedlicher Kulturkreise zu einer Bereicherung der menschlichen Kultur. So würden unterdrückte Kulturen nur oberflächlich verdrängt. Neue Einflüsse würden vielmehr die jeweiligen Kulturen modifizieren und bereichern. Sie führen bestimmte offensichtliche Vorteile an, die die westliche Kultur hätte, wie etwa die Gleichberechtigung. Auf diese Art entstünde vielleicht im Ganzen eine kleinere kulturelle Vielfalt, die Vielfalt der großen, vorherrschenden Kultur würde jedoch erweitert und verbessert. Es entstünde eine lebensfähigere Menschenkultur. Hinsichtlich der schwindenden Vielfalt der Kulturen führen sie zudem an, dass die kulturelle Globalisierung zu einer Glokalisierung führe. Dadurch, dass Menschen ihre Kultur angegriffen sehen, lernen sie die eigenen kulturellen Schöpfungen erst wieder zu schätzen. Sie beginnen, bewusst das besondere ihrer Traditionen zu finden, zu erhalten und zu pflegen.