Globalisierung in El Salvador
Der flächenmäßig kleinste zentralamerikanische Staat El Salvador ist mit einer Einwohnerzahl von rund 7,3 Millionen und einer Bevölkerungsdichte von durchschnittlich 333 Einwohnern je Quadratkilometer relativ dicht besiedelt. Die Globalisierung im weiteren Sinne begann in El Salvador bereits durch die spanische Eroberung und anschließende Kolonialherrschaft. sie hat vor allem gewachsene Wirtschaftsstrukturen zerstört, so dass die übergroße Mehrheit der Bevölkerung gezwungen war, in größter Armut zu leben. Heute kämpft das zentralamerikanische Land mit großen ökonomischen, ökologischen und sozialen Problemen in Folge der Globalisierung, vereinzelt sind jedoch auch positive Entwicklungen zu beobachten.
Beginn der Globalisierung durch Kolonialisierung
Knapp 300 Jahre lang, von 1525 bis 1821, stand El Salvador unter der Herrschaft der Kolonialmacht Spanien. Wie in allen zentralamerikanischen Staaten brachte diese frühe Form der Globalisierung eine Dezimierung der indigenen Bevölkerung mit sich, die teils durch kriegerische Auseinandersetzung, teils durch eingeschleppte Krankheitserreger verursacht wurde. Im Ergebnis führte diese Entwicklung dazu, dass die Ureinwohner zur Minderheit wurden, und El Salvador stattdessen auch heute noch überwiegend von Mestizen bewohnt wird. Auch die Wirtschaft erfuhr einen grundlegenden Wandel. Von Anfang an waren die Kolonialherrscher bestrebt, die Wirtschaft El Salvadors auf die Bedürfnisse Spaniens auszurichten. So wurden die Bodenschätze, vor allem Metalle, gefördert und Wolle für den Export produziert. Die spanische Kolonialmacht führte Spanisch als Amtssprache ein und schuf ein Verwaltungssystem nach spanischem Vorbild, beides hat sich bis heute nicht wesentlich geändert.
Entwicklung nach der Kolonialzeit
Nach dem Ende der spanischen Kolonialherrschaft bestimmte vor allem der Kaffeeanbau die Wirtschaft El Salvadors. Eine Landreform zu Lasten der ursprünglichen Besitzer ermöglicht ab dem Jahre 1882 die Schaffung riesiger Kaffeeplantagen. Die Bauern lebten als land-und rechtslose Tagelöhner, die mit ihrer Arbeit kein Einkommen erzielen konnten, das für eine menschenwürdige Existenz ausgereicht hätte. An diesem Zustand hat sich bis zum Ende des Bürgerkrieges von 1992 nicht viel geändert. Seitdem ist El Salvador ein, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, demokratischer Staat und garantiert seinen Einwohner grundsätzlich die Menschen- und Bürgerrechte in vollem Umfang. Allerdings ist die wirtschaftliche Entwicklung El Salvadors weniger erfolgreich verlaufen, noch immer leben hier knapp 40 Prozent der Bewohner unterhalb der Armutsschwelle, ihnen steht ein Tageseinkommen von weniger als zwei Dollar zur Verfügung. Darüber hinaus besitzt die Hälfte der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter keinen Vollzeit-Arbeitsplatz.
Negative Folgen der Globalisierung
Die Volkswirtschaft El Salvadors ist nach wie vor abhängig vom Kaffeeexport. Starke Preisrückgänge auf dem internationalen Kaffeemarkt, wie zum Beispiel als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 in New York, wirken sich deswegen stets in einem dramatischen Konjunktureinbruch der Gesamtwirtschaft aus. Auch weitere wichtige Exportprodukte, wie Baumwolle und Zucker, sind Agrarerzeugnisse mit relativ geringen Gewinnspannen. Die Wertschöpfung bei diesen Agrarprodukten ist auch deswegen unbefriedigend, weil El Salvador hier mit Ländern wie den USA konkurriert, in denen die landwirtschaftlichen Anbauverfahren technisch optimiert und hoch effizient sind.
Die Globalisierung hat auch zu einer starken Zunahme der Förderung von Gold und Silber in El Salvador geführt. Diese wird in der Regel unter katastrophalen Arbeitsbedingungen und unter Inkaufnahme schwerster Umweltschäden durchgeführt. El Salvador weist regelmäßig eine negative Handelsbilanz aus, weil es alle wichtigen Investitionsgüter, wie zum Beispiel Maschinen und Fahrzeuge, aber auch hochwertige Konsumgüter aus dem Ausland einführen muss.
Auch hinsichtlich der Produktion von Nahrungsmitteln ist das zentralamerikanische Land nicht autark, sondern auf den Import von Lebensmitteln angewiesen. Die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts sind mit Werten, die zwischen einem und zwei Prozent liegen, viel zu niedrig, um Anschluss an die Entwicklung in Schwellenländern zu finden. Kinderarbeit stellt nach wie vor ein großes Problem in El Salvador dar, das durch die zunehmende Globalisierung noch verschärft wurde. Nach seriösen Schätzungen sind mehr als 100.000 Kinder überwiegend in der Landwirtschaft beschäftigt. Fachleute beurteilen auch die übergroße Abhängigkeit des Landes von den USA negativ. Mehr als 60 Prozent aller Exporte gehen in die Vereinigten Staaten, so dass sich Handelshemmnisse oder Einbrüche der dortigen Nachfrage unmittelbar in einem starken Absinken der Ausfuhren und damit der Wirtschaftsleistung auswirken.
Chancen der Globalisierung
Alle Experten gehen davon aus, dass es sich bei der Globalisierung um einen nicht umkehrbaren Prozess handelt. Deswegen kann die Lösung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Probleme El Salvadors in keinem Fall in einer Abschottung des Landes gegenüber dem Ausland liegen, die im Übrigen sowieso nur sehr geringe Aussichten auf Erfolg hätte. Vielmehr sollten die Entwicklungspotentiale des Landes intensiv genutzt werden, um höherwertige Produkte und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt anbieten zu können, die eine bessere Wertschöpfungsquote aufweisen.
Auf diese Weise wird nicht nur automatisch das Handelsdefizit kontinuierlich reduziert, sondern auch eine Erhöhung der Wachstumsraten erreicht. Diese wiederum bringt eine Verringerung der Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung mit sich und bewirkt eine Verbesserung der Einkommenssituation der Bevölkerung. Allerdings kommt es entscheidend darauf an, dass die wirtschaftliche Fortentwicklung in einem geregelten, ordnungspolitischen Rahmen erfolgt. Ein gerechtes Steuersystem, das durchaus auch eine gewisse Umverteilungskomponente von wirtschaftlich stärkeren zu benachteiligten Bürgern umfasst, der konsequente Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und des Bildungs- und Gesundheitswesens sowie eine zielorientierte Sozialpolitik stellen unabdingbare Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung dar. Genauso muss dem Schutz der Umwelt Priorität vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen eingeräumt werden, um nicht auf lange Sicht die Lebensgrundlagen El Salvadors zu zerstören.
Wie in vielen zentral- und südamerikanischen Ländern stellen die Drogen- und Bandenkriminalität sowie die weit verbreitete Korruption große Probleme dar, die effizient bekämpft werden müssen, um die Voraussetzungen für ein befriedigendes Wirtschaftswachstum zu schaffen. Nur so kann das Volumen an Direktinvestitionen signifikant erhöht werden. Tatsächlich wurden in den letzten Jahren Unternehmen aufgebaut, die rentable Waren und Dienstleistungen für den Export anbieten. Die Textilindustrie fertigt Produkte vor allem für den US-amerikanischen Markt, Call-Center erbringen Dienstleistungen auf Englisch und Spanisch für internationale Konzerne. Nicht zuletzt darf El Salvador auch berechtigte Hoffnungen auf den weiteren Ausbau des Tourismus legen. Denn sowohl die Küstenregion als auch das Hinterland bieten attraktive Ziele für ausländische Touristen. Von entscheidender Wichtigkeit ist die Loslösung aus der großen wirtschaftlichen Abhängigkeit von den USA. Auch aus ökologischen und politischen Gründen wäre stattdessen insbesondere eine Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit anderen Ländern in Zentralamerika wünschenswert.