Globalisierung in Irland

Globalisierung wird heute gleichgesetzt mit Fortschritt, Wohlstand und Gleichstand. Irland, die wirtschaftlich angeschlagene Republik im Norden Europas hat – im internationalen Vergleich – besonders unter der Stagnation in der Weltwirtschaft gelitten, obwohl Irland das zweitglobalisierteste Land der Welt ist – direkt nach Belgien. Wie lässt sich Irland mit seinen wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen in den Globalisierungsprozess einordnen? Das typische Auswandererland Irland nimmt scheint eine eigene und ungewöhnliche Position in der Globalisierung einzunehmen.

Globalisierung im Blick

Der Prozess, der unvermeidbar und unumkehrbar die Welt verändert, der eine Vielzahl von Möglichkeiten bereithält und weltweit für Kontroverse sorgt – die Globalisierung hält Einzug. Globalisierung ist alles andere als neu, tatsächlich ist sie so alt wie die Welt selbst. Im Zeitalter der Kommunikation, der Medien, der Technik und des rasanten technischen Fortschritts scheint auch die Globalisierung in all ihrer Tiefe und Breite besonders schnell und laut um die Welt zu gehen. Für viele jedoch scheint die Globalisierung nicht viel Neues oder gar Gutes zu bringen. Die Globalisierung ist der Schlüssel zur zukünftigen Entwicklung der Weltwirtschaft. Das Wirtschaftsforschungsinstitut an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) betreibt die Konjunkturforschungsstelle KOF, die jährlich (seit 2002) einen Globalisierungsindex veröffentlicht. Dieser KOF Globalisierungsindex bewertet die wirtschaftliche, soziale und politische Dimension der Globalisierung des aktuellen Jahres. Insgesamt erfasst der KOF Index 123 Länder und 23 Variablen. Diese Variablen decken die verschiedensten Bereiche ab, wie zum Beispiel die Wirtschaftsströme der Länder, ihre Beschränkungen im Kapital- und Handelsverkehr sowie ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen sowie Außenhandelssteuern, Zollsätze und Einfuhrschranken.

Index, Dimensionen und ihre Rankings

In 2012 lag Irland in der Globalisierungsdimension „Wirtschaft“ auf Platz 2, gleich nach Belgien und noch vor den Niederlanden. Auf Platz 4 und 5 folgen Österreich und Singapur, der asiatische Tigerstaat, der im Vorjahr noch auf Platz 1 lag. Gegenüber 2011 hat Irland seinen zweiten Platz erfolgreich verteidigt. Seit gut einem Jahrzehnt liegt Irland konstant in den Spitzenrankings der Globalisierungsindizes. Die genaue Interpretation eines Rankings ist komplex, da viele Variablen, jede selbst wiederum von hoher Komplexität, berücksichtigt werden. Was sich jedoch ableiten lässt, ist der Vergleich zu anderen Ländern und eine Aussage, in wieweit sich ein Land integrieren konnte – innerhalb der jeweiligen Dimension – und welchem Trend gefolgt wird. In der wirtschaftlichen Dimension der Globalisierung belegt Irland – wie gewohnt – ebenfalls einen Spitzenplatz. Auf Rang 3, nach Singapur und Luxemburg, spielt es auch hier ganz vorne mit, ebenso wie in der sozialen Dimension. Dort belegt Irland den zweiten Platz, nach dem Spitzenreiter Zypern und vor dem drittplatzierten Singapur. In der „politischen“ Globalisierung muss Irland, vermutlich immer noch zerrissen zwischen Staat, Kirche und Partei zurückstecken. Nur Platz 28 wird hier erreicht. Die Spitzenreiter der politischen Globalisierung sind Italien, Frankreich und Belgien.

Globalisiertes Irland

Gemäß einer Ernst & Young Studie, der „Globalisation and the Changing World of Business Report“, die in 2012 in Zusammenarbeit mit der Economist Intelligence Unit (EIU) erstellt wurde, zeigt sich das Ranking der globalisiertesten Nationen in 2012 wie folgt: 1. Hongkong, 2. Irland, 3. Singapore. Zu den fünf Kriterien, die dabei von Ernst & Young ausgewertet wurden, gehören:
– die nationalen Beschränkungen im weltweiten Handel,
– die Kapitalfreiheit,
– der Austausch von Technologien und Ideen,
– die globale Teilnahme am Arbeitsmarkt sowie der damit einhergehende Austausch von Arbeitskräften sowie
– die kulturelle Integration.

Die Unternehmensberater von Ernst & Young sehen die gute irische Platzierung insbesondere als Ergebnis der außenwirtschaftlichen Verbesserungen. Die Zunahme in der Handelsbilanz, der durch einen hohen Zuwachs an Exporten aus dem Bereich der chemischen Güter geprägt ist, wirkt sich positiv auf die Konjunktur Irlands aus – und damit auch auf die Platzierung im Globalisierungsindex. In den folgenden Jahren wird eine weitere Zunahme der internationalen Handelsbeziehungen Irlands erwartet – insbesondere auch im touristischen Bereich, der ebenfalls auf Wachstumskurs ist. Doch auch Irland hat sich den Herausforderungen der Globalisierung zu stellen. Die Manager von Ernst & Young sehen dazu besondere Flexibilität und Anpassungsbedarf in den folgenden vier Bereichen:

1. Bestehen in einem rasch wachsenden Markt bei steigenden Kosten und günstig produzierender internationaler Konkurrenz. Dies ist möglich mit innovativen Strategien und einer schlankeren organisatorischen Struktur.

2. Eine Größe für alle – passt nicht immer in der Globalisierung.
Märkte müssen nach logischen Gesichtspunkten gruppiert und erobert werden. Outsourcing und „Near-Sourcing“ von Betriebs- und/oder Produktionsbereichen müssen je nach Produkt und Markteintritt geprüft und ggf. flexibel integriert werden.

3. Stabile politische Entscheidungen, insbesondere zum Schutze der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes und des Außenhandels, sind für Firmen wichtiger geworden. Doch insbesondere durch die zunehmende Globalisierung werden diese Entscheidungen häufiger geändert und angepasst. Hier müssen die Firmen, zusammen mit den politisch Verantwortlichen, den Austausch pflegen.

4. Gute Arbeitskräfte sind wichtig. In Zeiten der Globalisierung stehen die Arbeitsmärkte offen, was Vor- und Nachteile für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer bietet. In einer globalisierten Gesellschaft werden zunehmend neue Skills, wie etwa Fremdsprachenkenntnisse, Auslandsaufenthalte, internationale Erfahrung oder marktspezifische Erfahrungen gesucht.

Besonders interessant ist für Irland die Frage der Arbeitskräfte (Punkt 4 der Ernst & Young Empfehlung). Geschichtlich betrachtet ist Irland ein erklärtes Auswanderungsland. Ein Großteil der Bevölkerung emigrierte nach Amerika oder auf die britische Nachbarinsel. Erst in jüngeren Jahren zieht es einen Strom von Einwanderern nach Irland. Waren Ende der 80er Jahre noch etwa 65 Prozent der irischen Einwanderer Rückkehrer, also Auswanderer, die in die Heimat zurückkehrten, so fiel dieser Anteil kontinuierlich und zwischen 2006 und 2008 betrug der Anteil der Rückkehrer gerade noch 18 Prozent der gesamten Einwanderung. Gleichzeitig nahm jedoch die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten zu.

Globalisierung und die Chancen

Die Globalisierung kann gute Möglichkeiten für eine positive weltweite Entwicklung bieten – auch der kleineren, benachteiligten und unterentwickelten Länder. Doch die Globalisierung stößt auch auf Kritik, denn sie verläuft nicht gleichmäßig: einigen Länder gelingt eine Integration in die Weltwirtschaft schneller als anderen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wirtschaftliche Auslöser oder Nachholbedarf in der Ausbildung oder auch politische Gründe erschweren oft den Zugang zu internationalen Märkten. Die Länder, denen eine Integration gelungen ist, zeigen ein überdurchschnittliches Wachstum und als Konsequenz daraus auch eine sinkende Armut in der Bevölkerung. Grundsätzlich bezieht sich die Globalisierung auf eine steigende Integration der globalen, weltweiten Volkswirtschaften. Integriert werden dabei insbesondere die Finanzströme und der Handel von Waren und Dienstleistungen. Globalisierung umfasst jedoch auch den Austausch von Menschen und Ideen – oder auch Arbeitskräften und Technologie bzw. Wissen. Weitere Dimensionen werden erschlossen und beinhalten ökologische, politische aber auch kulturelle Dimensionen.

Globalisierter Ausblick

Die einen verbinden mit der Globalisierung eine kulturelle Annäherung, ein weltweites Wirtschaftswachstum und ungeahnte Entfaltungsmöglichkeiten – nicht nur auf wirtschaftlicher oder politischer Ebene, sondern insbesondere auch in sozialen und auch persönlichen Bereichen. Wenn auch die aktuelle weltwirtschaftliche Entwicklung und das Fortschreiten der Globalisierung überwiegend Positives zu berichten haben, so gibt es dennoch Gegner oder Kritiker der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Ein Prozess, der unweigerlich vonstattengeht, der nicht gestoppt werden kann, wird kritisiert, weil zum Beispiel zu viel oder zu wenig Einfluss auf die Entwicklung genommen wird. Befürchtet werden vor allem die Dominanz der wirtschaftlichen Aspekte, der Verlust von regionaler Vielfalt sowie ökologische Nachteile in ohnehin benachteiligten Ländern. Auf nationaler Ebene wird häufig eine Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich kritisiert.
Doch die Globalisierung ist kein Kind unserer Zeit. Die Weltwirtschaft war stets „globalisiert“. Handel wurde bereits vor tausenden von Jahren über die Seidenstraße und über die Weltmeere geführt. Globalisierung ist eine natürliche Entwicklung, die in unserer Zeit zu neuen Höhen avanciert – so erscheint es uns, zumindest heute. Doch insbesondere die Integration der Finanzmärkte ist in Zeiten der Kommunikationstechnik und des Internets auf dem Vormarsch. Der Einzug der modernen elektronischen Kommunikation war sicher ein Meilenstein oder gar die Grundlage der erfolgreichen Globalisierung im einundzwanzigsten Jahrhundert.

Zurück zur Hauptseite: Länder
Permalink dieser Seite zur Zitation auf Webseiten & in Hausarbeiten: