Globalisierung in Nicaragua
Das in Zentralamerika befindliche Land liegt sowohl am Atlantik als auch am Pazifik. Nachbarstaaten sind Honduras und Costa Rica. Hauptstadt der Republik Nicaragua ist Managua. Weitere größere Städte sind Leon, Chinandega und Masaya. Von den ungefähr sechs Millionen Einwohnern Nicaraguas leben ca. 1,7 Millionen in der Hauptstadt. Dank seiner geografischen Lage verfügt Nicaragua über eine einzigartige Flora und Fauna.
Geschichte, Situation der Bevölkerung, Umwelt
Ursprünglich von den Spaniern kolonialisiert, wurde das Land in über 300jähriger Herrschaft unterdrückt und ausgebeutet. Die indianischen Ureinwohner Nicaraguas wurden während der Kolonialzeit durch die Spanier fast vollständig ausgerottet. 1821 errang Nicaragua seine vorläufige und 1839 die endgültige Unabhängigkeit. Nach Beginn der Unabhängigkeit erlebte das Land zahlreiche politisch brisante Zeiten. In den Jahren 1909-1925 und 1926-1933 gab es zwei US-amerikanische Militärinterventionen. In den 1970er Jahren fand in Nicaragua eine Revolution statt, in dessen Folge die sandinistische Befreiungsorganiation FSLN den Diktator Somoza stürzte. Während des Bürgerkrieges, der dem Sturz vorausging, starben sehr viele Aufständige, eine hohe Anzahl von Flüchtlingen verließ das Land. Nach dem Sturz bildete die Befreiungsbewegung FSLN eine Übergangsregierung und veranlasste die Verstaatlichung der Industrie und der Banken sowie eine Agrarreform, durch die das Landeigentum von Somoza und andere Grundbesitzer an arme Bauern aufgeteilt wurde. Die sandinistische Regierung vermied es jedoch, das Land rechtmäßig an die Bauern zu übertragen. In den 80er Jahren begannen daher zahlreiche enteignete Grundbesitzer, ihr Landeigentum zurückzufordern. Einigen Eigentümern gelang es inzwischen, den Bauern das Land wieder wegzunehmen. Momentan laufen hierzu zahlreiche juristische Verfahren, da es keine klaren gesetzlichen Regelungen gibt.
Das Land wurde in der Vergangenheit immer wieder von zahlreichen Klima- und Umweltkatastrophen heimgesucht. Die Folgen belasteten und belasten Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen schwer. Der Rückgang der Waldflächen und die Abholzung von Teilen des Regenwaldes führen zudem vermehrt zu Überschwemmungen und Hurrikans im Land. Die stärker werdende Verschmutzung des Oberflächenwassers macht den vielen kleinen Bauern sehr zu schaffen.
Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch Globalisierung
Nicaragua ist ein Agrarland und verfügt kaum über Industrie. Das Land baut vor allem Kaffee an. Weitere Agrarerzeugnisse sind u. a. Baumwolle, Zucker, Bananen und Zigarren. Die Produkte werden weltweit exportiert. Wurden 1999 z. B. noch ungefähr 25 % des Exporterlöses aus Kaffee erzielt, ist dieser Wert in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Der Grund liegt im weltweiten Preisverfall für Rohkaffee. Vor allem die Preisspekulationen für Lebensmittel und Kaffee an den internationalen Warenbörsen haben die Preise massiv sinken lassen. Der verstärkte Anbau von Kaffee in nicht klassischen Anbauländern, wie z. B. Vietnam, hat weiterhin zu einem verschärften Wettbewerb unter den Anbauländern geführt. Von dem sinkenden Preisniveau haben letztendlich nur die großen Industriekonzerne profitiert. Vorgaben von WTO und IWF z. B. zur Privatisierung der Banken in Nicaragua machen es den Kleinbauern heute unmöglich, einen Kredit zu erhalten. Finanzielle Mittel sind jedoch für die bessere Ausstattung mit Maschinen, z. B. für die Ernte, dringend notwendig. Nur so lässt sich die Produktion erhöhen. Fehlende Kooperationen zwischen den Kaffeebauern erschweren die Situation zusätzlich, da es keinen Austausch untereinander gibt.
Seit den 1990er Jahren entstanden in Nicaragua sogenannte Freihandelszonen.
In deren Folge wurden im Land viele Fertigungsstätten für Textilien gebaut. Auftraggeber sind weltweite große Textilunternehmen. Die entstandenen Arbeitsplätze führten kaum zu einer nennenswerten Verringerung der hohen Arbeitslosenrate des Landes. Schlechte Arbeitsbedingungen, ungenügende soziale Standards sowie die geringe Bezahlung haben in diesem Sektor bisher nicht zu einer nennenswerten Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen geführt. Der Beginn der weltweiten Finanzkrise traf auch das kleine Land. Die Textilproduktion wurde drastisch zurückgefahren, sodass es seitdem wieder zu einer Erhöhung der Arbeitslosenrate gekommen ist.
Tourismus
Seit einigen Jahren gibt es mit der Entwicklung des Tourismus in Nicaragua einen hoffnungsvollen Trend zu beobachten. Das Land hat mit Vulkanen, seiner Flora und Fauna in unberührter Natur und attraktiven Stränden touristisch sehr viel zu bieten. Sehenswürdigkeiten, wie die gut erhaltene Architektur der Kolonialzeit mit ihren Kirchen, Palästen und Museen vor allem in Granada, sind zu Attraktionen für Urlauber geworden, vermitteln sie doch ein anschauliches Bild der damaligen Zeit. Inzwischen ist Nicaragua nicht nur das Ziel einer stetig steigenden Zahl an Individualtouristen, auch immer mehr Kreuzfahrtschiffe legen vor den Küsten des Landes an. Ein weiterer großer Wachstumsbereich des Landes ist der Energiesektor. Wind- und Geothermierkraftwerke decken heute bereits 15 % des Energiebedarfes im Land. Bis 2015 soll der Anteil an erneuerbaren Energien auf 90 % steigen. Damit macht sich das Land von teuren Erdölimporten unabhängig. Nicaragua plant ein weiteres großes Vorhaben: einen durch das Land führenden interozeanischen Kanal. Dieser würde für das Land einen riesigen Wachstums- und Investitionsschub bringen.
Import und Export
Exporte und Importe des Landes sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Dennoch ist Nicaragua in Zentralamerika immer noch der mit Abstand kleinste Exporteur. Das Bruttoinlandsprodukt betrug 2011 ca. 6,7 Milliarden US-Dollar. Das Pro-Kopf-Einkommen im gleichen Jahr etwa 1.239 US-Dollar. Damit haben sich das BIP und das Pro-Kopf-Einkommen seit 2006 nahezu verdoppelt. Die sehr hohe Auslandsverschuldung in Höhe von 110,6 % des BIP stellt für Nicaragua ein zurzeit nicht lösbares Problem dar. 2011 lebten 44,5 % der Bevölkerung in Armut, damit liegt das Land auf Platz 129 weltweit. Dieser hohe Anteil sowie die ebenfalls relativ hohe Analphabetenrate in Höhe von 16,9 % sind auf die verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik der achtziger Jahre zurückzuführen.
Ausblick
Die Regierung unter Daniel Ortega unternimmt enorme Anstrengungen, um das Land wirtschaftlich, politisch und sozial weiter zu entwickeln. Vor allem die Wachstumssektoren Tourismus, Energiewirtschaft und Textilwirtschaft stehen dabei im Fokus der Bemühungen. Die weitere Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung, die Eindämmung von Arbeitslosigkeit und Analphabetismus sowie der kontinuierliche Rückgang der Armutsrate sind ebenfalls von zentraler Wichtigkeit für die Regierung. Das im letzten Jahr unterzeichnete Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Zentralamerika dürfte auch für Nicaragua für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung von großer Bedeutung sein. Zahlreiche internationale Hilfsorganisationen engagieren sich für das Land und die Menschen. Die Globalisierung hat als Auslöser für die genannten positiven Tendenzen in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass sich Nicaragua inzwischen auf einem neuen Weg hin zu konstanter wirtschaftlicher Entwicklung befindet.