Globalisierung in Oman
Es war zwar im Wesentlichen die Erdölförderung, die im Oman ab den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts grundlegend für Reichtum und Wohlstand gesorgt hat – viele wichtige und staatliche Veränderungen in dem abgelegenen Sultanat sind aber vor allem auf die Globalisierung zurückzuführen, die den Oman ab den neunziger Jahren ebenfalls erreicht hat. Das am Rand der arabischen Halbinsel liegende Sultanat, das ungefähr so groß wie Deutschland ist, ist heute sowohl für Touristen als auch für die internationale Wirtschaft offen, Gesellschaft und touristische Angebote haben sich seit den neunziger Jahren langsam den internationalen Standards angepasst. Oman ist jedoch immer noch kein demokratischer Staat, sondern ein absolutistisches Sultanat, in dem politische Parteien verboten sind und das Parlament lediglich eine beratende Funktion bei den vom Sultan erlassenen Entscheidungen erfüllt. Eine solche Regierungsform muss nicht unbedingt als zwangsläufig rückständig angesehen werden – gerade im arabischen Kulturkreis sind absolutistische Herrschaftsformen ein Teil der traditionellen, immer noch sehr lebendigen Kultur, der Übergang zu demokratischen Regierungsformen nach westlichem Muster gestaltet sich daher sehr schwierig und langwierig, und scheitert oft auch am Widerstand der Bevölkerung. In der arabischen Welt bietet ein absolutistisch regierendes Regime bei der immer noch stark von Stammesbewusstsein und Familienzugehörigkeit geprägten Kultur darüber hinaus eine wesentlich höhere Stabilitätsgarantie.
Für das Oman sprechen vor allem ein sehr gutes medizinisches Versorgungssystem, das für alle Omaner kostenlos ist, sowie das gerade in den letzten Jahren mit internationaler Hilfe aufgebaute, qualitativ sehr leistungsfähige Bildungssystem, das im weltweiten Vergleich als ein sehr gutes gelten kann. Auch der Besuch von Grund- und weiterführenden Schulen ist im Oman kostenlos. Der Einfluss der Globalisierung zeigt sich im Oman vor allem in einer Anpassung der traditionellen arabisch-nomadischen Kultur an die westliche Kultur, von der wichtige Einflüsse immer weiter in die traditionelle Lebensweise der Omaner integriert werden. Ein Teil dieser kulturellen Annäherung fand bereits durch den intensiven Kontakt mit dem Westen beim Beginn der Ölförderung im Land statt, der vergleichsweise größere Teil ist aber der Globalisierung zuzuschreiben.
Die Entwicklung des Oman seit seinem Bestehen und die zunehmende Öffnung zur Welt hin
Die Gegend um Oman ist bereits seit der Steinzeit besiedelt, und seit dem 9. Jahrhundert besteht im gebirgigen Hinterland ein unabhängiges Imamat der Ibaditen, das im Lauf der Geschichte immer wieder gegen Eindringlinge erfolgreich verteidigt wurde. Die traditionell nomadische Lebensweise der Bergstämme wurde über lange Jahrhunderte vor allem in den Gebirgsregionen des Landes beibehalten. Erst portugiesischer, später dann britischer Einfluss ließ die Kultur relativ unberührt, gegen Ende der fünfziger Jahre wurde der Imam durch den Sultan vertrieben, und mit Beginn der Ölförderung und der Regierungsübernahme durch Qabu Ibn Said kam es zu einer ersten Öffnung des Oman gegenüber dem Westen. Um die selbe Zeit kam es zu einer Abschaffung der Sklaverei, zum Aufbau eines Schulsystems, das nicht mehr nur auf Koranschulen beschränkt war, und zu ersten infrastrukturellen Maßnahmen. Ab diesem Zeitpunkt hatte sich der Oman von einem völlig abgeschlossenen, streng islamischen Land zu einer modernen Nation auf den Weg gemacht. Das durch die Ölförderung gewonnene Geld half dabei, schrittweise Reformen und den Aufbau einer modernen Infrastruktur möglich werden zu lassen.
Annäherung an die westliche Kultur im Oman
Zwar regiert der Sultan immer noch absolut, und die Rechtssprechung erfolgt immer noch nach islamischem Recht, eine Annäherung der Kultur im Oman und der Gesellschaft an westliche Kulturen ist aber heute unverkennbar. Besonders wirtschaftlich gibt es daneben auch eine weitreichende Zusammenarbeit mit vielen westlichen Industrienationen, was den Kulturaustausch wesentlich unterstützt. Da über die Jahrhunderte hinweg im Oman praktisch keinerlei wissenschaftliche Bildung existiert hat, benötigt vor allem das omanische Bildungssystem Unterstützung durch andere Länder. Auf diesem Weg findet ebenfalls ein reger Einfluss der westlichen Kulturen auf die traditionelle Kultur des Oman statt. Neben dem Erdöl erweist sich gerade in den letzten Jahren vor allem der Tourismus als eine sehr wichtige Geldquelle für das Land, mit zunehmend größeren Touristenströmen verändert sich das touristische Angebot dabei immer stärker in Richtung zu international üblichen Standards. Der immer häufigere Kontakt der Bevölkerung mit der westlichen Kultur hat bereits wesentliche Änderungen innerhalb der Gesellschaft bewirkt.
Die traditionell islamische Kultur des Landes, die anderen Religionen und damit „Ungläubigen“ gegenüber aber starke Vorbehalte hegt, lässt hier nur langsame Veränderungen zu, ebenso die sehr straffe Kontrolle aller Lebensbereiche durch die absolutistische Regierung. Auch die rund 5% der Bevölkerung, die immer noch als nomadisierende Hirten und Viehzüchter leben, werden von den Veränderungen nur langsam erreicht. Besonders die zunehmende Verfügbarkeit von neuen Medien wie internationales Fernsehen, und vor allem Internet gelten als die größten Einflussfaktoren, über die die Globalisierung internationale und vor allem westliche Kultur den Omanern nahe bringt. Vor allem der vergleichsweise hohe Bildungsstand im Oman und der gute Zugang zum Internet für einen Großteil der Stadtbevölkerung über die 1987 gegründete Telekommunikationsgesellschaft Omantel, die bereits teilweise privatisiert ist, spielen eine wichtige Rolle bei der Öffnung des Oman in Richtung Westen. Eine wesentliche Errungenschaft in der omanischen Gesellschaft stellt die relative Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Oman dar, wie sie in anderen islamischen Ländern durchaus so nicht üblich ist. Vor allem in Verbindung mit dem Umstand, dass in Oman immerhin noch uneingeschränkt islamisches Recht gilt, ist das in Hinblick auf die fortschrittliche Gesellschaftsordnung als eine sehr bedeutende Errungenschaft anzusehen.
Globale Märkte sind wesentlich für die Öffnung von ansonsten abgeschlossenen Staaten
Am Beispiel des Oman kann man diese These sehr eindeutig verifizieren. Was für den Oman dabei das Erdöl ist, das sind für viele andere Länder andere, besondere Exportgüter oder Rohstoffe. Die Teilnahme an einem gemeinsamen globalen Markt führt dabei unweigerlich zu einer Öffnung auch der abgeschlossensten Länder und auch zur Annäherung sehr unterschiedlicher Kulturen, wie der arabisch-islamischen und der westlich-christlichen. Auf diese Art werden nicht nur viele positive Veränderungen auf den Weg gebracht für Gesellschaften, die noch in sehr alten, abgeschotteten Kulturbereichen existieren, sondern es wird gleichzeitig auch eine wichtige Grundlage für Frieden und Stabilität weltweit gelegt. Handelsbeziehungen und die daraus folgende kulturelle Annäherung sind die Initialprozesse beim Wirken der Globalisierung, stabile zwischenstaatliche Beziehungen und der Abbau kultureller Schranken sind die weitere Folgen beim Voranschreiten der Globalisierung. Dieser Prozess kann in Oman sehr deutlich beobachtet werden, wenn er auch in diesem Land sehr schnell abläuft, vor allem im Vergleich zu vielen anderen Staaten des islamischen Kulturraums. Für eine Sicherung des Weltfriedens ist aber vor allem ein langfristiger Abbau der trennenden kulturellen Schranken der islamischen und der christlichen Kultur sehr maßgeblich.
Am Beispiel von Oman kann man dabei deutlich nachvollziehen, dass dieser Prozess langfristig auch erfolgreich sein kann, und tatsächlich für beide Seiten sehr positive Ergebnisse beinhalten kann. Und gerade Oman zeigt, dass eine kulturelle Annäherung nicht die völlige Aufgabe des eigenen kulturellen Erbes bedeutet – sondern, im Gegenteil, eine wichtige Bereicherung der beiden an dieser Verschmelzung beteiligten Kulturen darstellt. Es wird lediglich eine gemeinsame kulturelle Basis herausgebildet, auf der dann die typischen Eigenheiten der einzelnen Kulturen bestehen bleiben. Die gemeinsame Basis ist aber unverzichtbar, um entstehende Konflikte und Differenzen erfolgreich lösen zu können. Auf diese Art und Weise kann der Oman ganz sicher als eines der Musterbeispiele für die gesamte islamische Welt angesehen werden – er hat insgesamt bei den Veränderungen den weitesten Weg in der kürzesten Zeit zurückgelegt.