Globalisierung in Papua-Neuguinea
Papua-Neuguinea scheint einerseits das Land zu sein, das am weitesten von der westlichen Zivilisation entfernt scheint, eine Welt, die unberührt in ihrem urzeitlichen Stand verharrt. Andererseits ist aber auch kein Land so deutlich und nachhaltig von den Prozessen der Globalisierung betroffen wie Papua-Neuguinea. In diesem Fall überwiegend negativ. Der Inselstaat, insgesamt der drittgrößte der Welt, könnte uneinheitlicher nicht sein: auf den hohen Gebirgsrücken gibt es Gletscher und Minustemperaturen, im Tiefland Regenwälder und tropisches Klima mit 30°C das ganze Jahr über. Während in den Gebirgsregionen die Papua eine uralte, teilweise noch bis auf die Steinzeit zurückgehende Lebensweise pflegen, hat sich im Gebiet um die Hauptstadt Port Moresby eine hochklassige literarische Elite etabliert. Papua-Neuguinea ist tatsächlich ein Land von unmöglich erscheinenden Gegensätzen. Und dennoch gibt es sie. Der Inselstaat ist Teil des britischen Commonwealth of Nations, die englische Königin das Staatsoberhaupt, die Regierung wird aber vom Parlament Neuguineas besorgt. Kontinental gesehen gehört der Inselstaat zum Kontinent Australien.
Wirtschaft in Papua-Neuguinea: auf der globalen Verliererseite
Wirtschaftlich gesehen ist Papua Neuguinea einer der größten globalen Verlierer. Seine Regenwälder werden wegen der wertvollen Hölzer rücksichtslos abgeholzt, ohne dass dabei auf Natur- und Umweltschutz oder auf das empfindliche ökologische Gleichgewicht des Regenwaldes bedacht genommen würde, der Fischreichtum rund um Papua-Neuguinea wird rücksichtslos abgefischt, riesige Fischfabriken errichtet, weil vor allem eine Menge billiger Arbeitskraft zur Verfügung steht. Die Menschen, die bisher zum Großteil nur ihr beschauliches Leben in den uralten Stammestraditionen kannten, sind mit all diesen Entwicklungen völlig überfordert, und können kaum mit den vielen Veränderungen Schritt halten. Papua Neuguinea ist nicht nur ein tropisches Paradies – sondern auch ein Paradies der Rohstoffe. Viele teilweise noch völlig unberührte Wälder, enormer Fischreichtum und eine Menge Edelmetalle im Vulkangestein der Insel – es scheint fast so, als wäre den Papua nie bewusst gewesen, auf welchem Reichtum sie eigentlich sitzen. Dieses mangelnde Bewusstsein führt dazu, dass Papua-Neuguinea in vielen Bereichen übervorteilt wird. Auch die Regierung ist angesichts des weltweiten Ressourcenhungers wie gelähmt und nur wenig handlungsfähig, bereitwillig wird im Bestreben um einen wirtschaftlichen Aufschwung, den Neuguinea dringend braucht, ein praktischer Ausverkauf des Landes gefördert. Allein der Gewinn dieses Ausverkaufs fällt für Papua-Neuguinea nur sehr mager aus. So wie das Land einst – ohne eigene Mitsprache – zwischen Deutschland, England, den Niederlanden und Indonesien häppchenweise aufgeteilt wurde, so wird es heute praktisch von der Welt zerrissen.
Die kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Weiterentwicklung findet statt – aber sie überfordert die Menschen
Wohl kein Volk hat den Weg von der Steinzeit in die moderne, globalisierte Welt in einem derartigen Zeitraffer zurücklegen müssen. In einem Land, wo die Mehrzahl der Menschen noch Analphabeten sind, wo mehr als 40 Prozent der Gesundheitseinrichtungen und Bildungseinrichtungen allein von Missionskirchen getragen werden, und wo gemauerte Häuser immer noch eine Seltenheit sind, bestehen kaum die Fähigkeiten zum Umgang mit der modernen Welt von heute. Nur langsam gewöhnt sich die Bevölkerung daran, dass sie um ihr Land kämpfen muss, für den Naturschutz eintreten und erwirbt mühsam die Fähigkeiten, mit denen zu verhandeln, die ihr Land kaufen wollen, ihre Dörfer enteignen und die vielen Fabriken und Bergwerke bauen. Auch hier sind die Missionskirchen und daneben einige NGOs eine wichtige Unterstützung für die Menschen, mit dieser neuen veränderten Situation zurecht zu kommen. Papua-Neuguinea ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie mächtig die Globalisierung auf alle Staaten dieser Welt einwirkt, und wie viele Veränderungen sie innerhalb kürzester Zeit mit sich bringen kann.
Regierung investiert Gewinne aus den Handelsüberschüssen nicht in Infrastruktur
Die Handelsbilanz Papua-Neuguineas ist nicht nur positiv, sondern auf einem Niveau, wie sie sich viele Länder wünschen würden. Exporten von mehr als 4,6 Milliarden Euro stehen Importe von deutlich weniger als einer Milliarde gegenüber. Dennoch wird weder in die Infrastruktur investiert, nicht in den dringend notwendigen Straßenbau, oder den Aufbau eines leistungsfähigen Gesundheitssystems, nicht in die Bekämpfung der Kriminalität und nicht in den Ausbau des Schulwesens. Um wenigstens die internen Wirtschaftskreisläufe einigermaßen zu stabilisieren, wurde die traditionelle Muschelwährung der Tolai offiziell anerkannt und gefördert und gilt heute im Land als offizielles Zahlungsmittel, das auf Banken gegen echte Währungen eingetauscht werden kann. Durch die ausbleibende wirtschaftliche Entwicklung und vor allem die Schaffung eines für die Bevölkerung wichtigen Lebensstandards kommt es auch zu einer zunehmenden politischen Instabilität im Inselstaat, erst Anfang des Jahres 2012 scheiterte ein Putsch-Versuch des ehemaligen Premierministers, der so wieder an die Macht kommen wollte.
In der autonomen Region Bougainville tobte von den fünfziger Jahren an ein blutiger Bürgerkrieg, der erst Ende der neunziger Jahre endgültig beigelegt werden konnte. Die Region gilt aber bis heute als konfliktgeladen und für Touristen als gefährlich, so wie viele vereinzelte Gebiete in Papua-Neuguinea. Deutlich festgehalten muss hier aber in jedem Fall, dass nicht die Globalisierung der negative Faktor ist, sondern vor allem das Unvermögen der Regierung, die vielen möglichen positiven Veränderungen für das Land auf den Weg zu bringen und tatsächlich umzusetzen. Mit den Gewinnen aus der Handelsbilanz muss die Entwicklung des Landes vorangetrieben werden, im Mittelpunkt muss das Wohlergehen der Menschen im Land stehen, und der Schutz der Naturlandschaft von Papua Neuguinea. Bis zum heutigen Stand ist dieser Paradigmenwechsel nicht vollzogen, obwohl mit Hilfe vieler ausländischer Organisationen und vor allem unter intensiver Mitwirkung der Missionskirchen innerhalb der Bevölkerung das Selbstbewusstsein und das Bewusstsein der eigenen Rechte in den letzten Jahren deutlich gestärkt werden konnte, um nicht nur Opfer des Ausverkaufs des eigenen Landes zu sein. Innerhalb der nächsten Jahre werden diese Veränderungen wohl auch politisch hier und dort Wirkung zeigen können.
Ausblick: die Zukunft von Papua-Neuguinea
Die derzeit sehr negative Entwicklung in Papua-Neuguinea enthält in jedem Fall auch ein sehr positives Entwicklungspotenzial: Wenn die Einwohner des Landes gelernt haben, mit den Veränderungen der modernen Welt zurecht zu kommen, wird auch von Seiten der Bevölkerung ein entsprechender Druck auf die Regierung ausgeübt werden, für bessere Lebensbedingungen und eine nachhaltige Förderung der Wirtschaft, der Infrastruktur und des Tourismus im Land zu sorgen. Papua-Neuguinea verfügt über derart hohe Ressourcen verschiedenster Art, dass es innerhalb weniger Jahre ein sehr wohlhabender Staat sein könnte. Derzeit ist der Zugang zu modernen globalen Medien noch so gut wie nicht vorhanden, sobald dieser Zugang erreicht ist, wird er aber wohl in sehr kurzer Zeit auch wichtige gesellschaftliche Veränderungen und ein neues gesellschaftliches Selbstbewusstsein fördern können, und den Papua mehr Möglichkeiten an die Hand geben, mit den Veränderungen der Welt Schritt zu halten.
Wenn dieser Schritt bewältigt ist, kann sich Papua-Neuguinea als ein wichtiger Staat des australischen Kontinents mit wertvollen und schützenswerten Ressourcen gleichberechtigt in die Staaten der Welt einreihen. Dieser Prozess ist auf lange Sicht in jedem Fall unaufhaltbar, und wird innerhalb einiger Jahre oder zumindest innerhalb weniger Jahrzehnte auch abgeschlossen sein. Die einzige Befürchtung, die dabei bleibt, ist dass der Ausverkauf Neuguineas und die Plünderung der gesamten Ressourcen bereits vorher vollendet sind.