Globalisierung in Portugal
Portugal wird immer wieder als negatives Beispiel im Zusammenhang mit der Globalisierung genannt. Der Staat gilt dabei als verschuldet, die Bevölkerung als eine der ärmsten in der ganzen Europäischen Union und der Beamtenapparat als überfordert und schlecht organisiert. Jedoch ist Portugal als globaler Akteur kein Neuling. Die Geschichte Portugals geht dabei immer über die eigentlichen Landesgrenzen auf der iberischen Halbinsel hinaus. Um ein Verständnis für die gegenwärtige Situation Portugals zu erhalten, soll anhand eines kurzen Blickes in die portugiesische Vergangenheit, die Erfahrungen Portugals mit der Globalisierung dargestellt werden. Hinzu soll näher auf das Schuldenabbauprogramm der portugiesischen Regierung eingegangen und ein Ausblick für die Zukunft gewagt werden. Dabei sollen Gründe für Portugals wirtschaftliche Schieflage ausgearbeitet und überprüft werden, ob die Globalisierung tatsächlich als Hauptschuldiger in Betracht kommt.
Portugals lange Tradition der Globalisierung
Durch die Geschichte Portugals lassen sich bereits die frühen Anfänge der Globalisierung erkennen. Schließlich konnte Portugal einmal auf dem gesamten Globus Regionen als Eigentum bezeichnen. Das Land im Westen der iberischen Halbinsel ist bekannt für seine erfolgreichen Seefahrer und Entdecker. Vasco da Gama umsegelte dabei zum Ende des 15.Jahrhunderts Afrika und entdeckte somit einen neuen Seeweg nach Indien und Pedro Álvares Cabral steuerte als erster Europäer Brasilien in Südamerika an. Dabei war das Ziel der portugiesischen Krone die Erweiterung des Einflusses in Bezug auf Handel und Macht. Portugal besaß dabei viele Kolonie, welche sich über den ganzen Globus verteilten. Ostafrika, Marokko, Brasilien, Portugiesisch-Indien oder die Sundainseln sind dabei nur eine kleine Auswahl der portugiesischen Besitztümer. Überall wurde reger Handel mit den Kostbarkeiten des jeweiligen Gebietes getrieben, wodurch die portugiesische Krone an Reichtum und Macht wachsen konnte.
Spätestens im 17.Jahrhundert setzte jedoch der Zerfall des portugiesischen Kolonialreichs ein. Ungünstige Verträge mit der britischen und spanischen Krone, das Interesse anderer Länder an beispielsweise Afrika und interne Intrigen beschleunigten das Ende eines Imperiums. Zwar konnte man noch bis in die 1960er Jahre Kolonien wie Angola in Afrika halten, doch die Glanzzeit Portugals war längst Geschichte. Von der Macht und dem Reichtum der damaligen Zeit profitierte nur der portugiesische Adel, ein paar Geistliche und erfolgreiche Händler. Die Mehrzahl der Bevölkerung Portugals lebte in Armut. Ende des 19. Jahrhunderts machte sich erheblicher Widerstand gegen den portugiesischen Absolutismus breit. Die Liberalen des Landes forderten die Ausrufung der Republik. In der Folge eines blutigen Bürgerkrieges wurde 1910 tatsächlich die Republik ausgerufen. Doch die Kosten für die Demokratie waren hoch. Viele Menschen verloren in der Auseinandersetzung ihr Leben und die Industrialisierung des Landes kam kaum voran. Dadurch hielt die junge Republik bedingt durch soziale und wirtschaftliche Probleme nur 15 Jahre stand.
Im Mai 1926 übernahm durch einen Militärputsch der faschistische Diktator António de Oliveira Salazar die Geschicke des Landes. Die Wirtschaft wurde zunächst stabilisiert, da sie auf der Ausbeutung der noch erhaltenen Kolonien beruhte. Doch Bildungs- und Sozialwesen wurden erheblich vernachlässigt. So verarmte besonders die Landbevölkerung weiter und eine Industrialisierung fand kaum statt. Mit dem Bestreben der afrikanischen Kolonien nach der Unabhängigkeit wurde ein großer Teil des Staatshaushalts für militärische Operationen zur Unterdrückung ausgegeben. Sodass Portugal, nachdem auch die afrikanischen Kolonien ihre Unabhängigkeit gewannen, in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geriet. Salazar musste darauf 1968 abtreten. Die Militärdiktatur blieb dennoch bestehen, was 1974 von links ausgerichteten Offizieren zur Nelkenrevolution führte. Die Revolution verlief hauptsächlich unblutig zu Gunsten der Revolutionäre. Um im Land demokratische Strukturen aufzubauen, setzte man bis zu den Wahlen 1982 einen Militärrat für Regierungsangelegenheiten ein. 1986 trat Portugal der Europäischen Gemeinschaft bei. Hierdurch wurde ein langes Kapitel der Isolation geschlossen, in welcher man mehr mit sich selbst beschäftigt war, als mit dem Rest der Welt. Gleichzeitig öffnete man wiederum ein neues Kapitel der Globalisierung. Denn Portugal sollte wieder ein Bestandteil einer Staatengemeinschaft werden und somit Akteur der Globalisierung sein.
Portugal, die EU und die Finanzkrise
In den 1990er Jahren stabilisierte sich die Wirtschaft Portugals, sodass man als Mitglied der Europäischen Union an der europäischen Währungsunion teilnehmen konnte. Zu dem Zeitpunkt stellte Portugal das ärmste Land der Währungsunion dar. Bedingt durch die Einführung des Euros konnte Portugal plötzlich günstigere Kredite erhalten, da man an den Finanzmärkten nun nur noch die gleichen Konditionen wie andere Mitgliedsstaaten der EU zahlen brauchte. Dadurch sah man die Möglichkeit auf mehr Wohlstand und investierte stärker als zuvor. Die Löhne in Portugal stiegen darauf an, jedoch entwickelte sich die Wirtschaft kaum weiter. Das führte dazu, dass Portugal für Investoren und Unternehmen zu teuer geworden war und diese beispielsweise lieber in osteuropäische Staaten investierten. Eine hohe Abwanderung von Unternehmen aus Portugal war darauf zu vernehmen. Zudem blieben Steuereinnahmen aus und Kreditraten konnten nicht abbezahlt werden.
Hinzu traf die Finanzkrise ab 2007 das Land in voller Härte. Denn Unternehmen und Banken mussten gerettet werden. Portugal musste als Folge daraus um Unterstützung bei der EU und dem internationalen Währungsfond bitten. Die Hilfe wurde dabei an ein hartes Sparprogramm gebunden. Das Schuldenabbauprogramm sieht dabei unter anderem vor, dass die Löhne im öffentlichen Dienst eingefroren und öffentliche Stellen abgebaut werden, die Privatisierung voran getrieben wird und Arbeitnehmer mit erheblichen Einschnitten in ihren Rechten rechnen müssen. Schließlich soll die Arbeitslosenhilfe gekürzt, Abfindungen nach einer Entlassung verringert und der Kündigungsschutz erheblich gelockert werden. Zudem werden weitere erhebliche Kürzungen im Gesundheitswesen und den Bildungseinrichtungen folgen. Gegenwärtig gilt Portugal als das ärmste Land der Gründer der europäischen Währungsunion. Die Zahlen von 2011 verdeutlichen das für das 10,5 Millionen Menschen fassende Land. So betrug in diesem Zeitraum das Bruttoinlandsprodukt nur 14.600 Euro pro Einwohner, die Inflationsrate lag bei 3,6% im Vergleich zum Vorjahr, das Wirtschaftswachstum wurde mit -1,7% ausgegeben und die Staatsverschuldung betrug 108% des Bruttoinlandsproduktes. Die EU und auch der IWF sehen sich somit zu weiteren Prüfungen und Auflagen für Portugal gezwungen.
Zusammenfassung und Ausblick für Portugal
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Portugals wirtschaftliche Schieflage eng mit dem Euro in Verbindung steht. Denn die Einführung ermöglichte es der portugiesischen Regierung, günstige Kredite aufzunehmen. Die Gelder wurden jedoch nicht in eine bessere Infrastruktur oder Bildung investiert. Viele Gelder flossen in das Sozialsystem, welches jedoch nicht nachweislich verbessert wurde und auch der Beamtenapparat wurde ausgebaut. Höhere Löhne im öffentlichen Dienst ließen das Lohnniveau gesamt steigen und Lohnnebenkosten verteuerten die Arbeit im Land. Portugal verlor dadurch seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Staaten wie beispielsweise in Osteuropa. Unternehmen wanderten ab oder mieden Portugal, wodurch Steuereinnahmen ausblieben. Die internationale Finanzkrise 2007 gab Portugal den Rest, sodass man auf Hilfe durch EU und IWF angewiesen ist. Abwanderung von Unternehmen, Konkurrenz zu anderen Ländern und die Finanzkrise sind Folgen der Globalisierung.
Doch sind die Gründe für Portugals problematische Situation auch in falscher Politik und nicht einhaltbaren Versprechungen zu sehen. Gegenwärtig lässt sich nicht sagen, wohin Portugals Weg führen wird. Fachkräfte verlassen das Land aufgrund des schlechten Arbeitsmarktes, immer mehr Sparmaßnahmen lassen die Bevölkerung an der Politik zweifeln und die Armut wächst an. Doch die Geschichte Portugals lässt darauf hoffen, dass das Land auch mit diesen Veränderungen umgehen kann. Außerdem darf Portugal auch auf die Vorteile der Globalisierung hoffen. Schließlich müssen in einer globalen Welt die Staaten zusammenarbeiten. Denn ein untergehendes Portugal bedeutet auch gleichzeitig Probleme für den Rest der Welt. Somit wird durch die Globalisierung auch deutlich, dass kein Staat mit seinem Problem allein gelassen werden darf und Portugal weiter auf die Unterstützung von EU und IWF hoffen kann, um die Krise überwinden zu können.