Globalisierung in Usbekistan
Die wirtschaftliche Entwicklung Usbekistans ist im Vergleich zu vielen anderen Nachfolgestaaten der 1991 aufgelösten UdSSR eher gedämpft. Das liegt vor allem an der massiven staatlichen Kontrolle der Wirtschaft, die eine wirkliche Teilnahme an den globalen Märkten weitestgehend verhindert, und an der strengen Geldpolitik, die die Stabilität der Währung gewährleisten soll, von vielen Experten aber als verfehlt angesehen wird. Sie ist teilweise noch ein Relikt, das von dem Versuch herrührt, die russische Planwirtschaft nach der Erlangung der Unabhängigkeit in den neunziger Jahren fortzuführen – mithin kam es zwar zu einer Hinwendung zur Marktwirtschaft, die staatliche Kontrolle der inneren Wirtschaft des Landes geht aber zu langsam zurück, um wirklich positive, tief greifende Entwicklungen zuzulassen.
Aufgrund dieser stark staatlich gelenkten, unzureichenden Wirtschaftspolitik in Usbekistan gibt es nur wenige Importe nach Usbekistan, die oft durch hohe Zölle stark verteuert werden, dafür aber eine hohe Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Land und eine im Vergleich zu vielen anderen zentralasiatischen Staaten sehr geringes Investitionsvolumen. Das zeigt sehr eindrucksvoll wie wichtig eine uneingeschränkte Teilnahme an den globalen Märkten für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist. Trotz relativ zahlreich vorkommenden Rohstoffe im Land, wie Erdgas, Gold, Kupfer und Uran, und der Rolle Usbekistans als sechstgrößter Baumwollhersteller der Erde stagniert die Wirtschaftslage in den letzten Jahren merklich. Auch als fünftgrößter Uran-Förderer der Erde gelingt es in Usbekistan nicht, den wirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten. Dementsprechend schlecht sind auch die Lebensbedingungen für die Usbeken, viele Kinder arbeiten als Zwangsarbeiter auf den staatlichen Baumwollfeldern, was Usbekistan sehr viel internationale Kritik eingebracht hat. Einer dringenden Reform bedarf vor allem auch das Gesundheitssystem, das in weiten Teilen noch auf dem alten sowjetischen System der Polikliniken beruht. Das Bildungssystem wurde zwar innerhalb der letzten Jahre mehrfach reformiert, weist aber immer noch deutliche Schwächen im internationalen Vergleich auf.
Auch die Unruhen des Jahres 2005, die teilweise das Land erschütterten, waren möglicherweise eher von den nicht allzu guten Lebensbedingungen in Usbekistan motiviert, als tatsächlich von islamischen Fundamentalisten im islamischen Usbekistan. Eine Folge der Unruhen war, dass die EU ein Einreiseverbot für hohe Politiker und ein Verbot des Waffenexportes nach Usbekistan erließ, beides wurde jedoch zwei Jahre später wieder aufgehoben. Von einer tatsächlich auch umgesetzten Demokratie, wie sie die usbekische Verfassung vorsieht, und von der konsequenten Achtung der Menschenrechte und dem tatsächlichen Verzicht auf die Durchführung der Todesstrafe sind aber bis heute weder die OSZE noch viele andere Staaten überzeugt.
Gut erkennbar am Beispiel Usbekistans: die Globalisierung übt auch Druck auf repressive Regime aus
Vor allem die internationalen Debatte um die Kinderarbeit auf den staatlichen Baumwollfeldern aber auch die Bedenken um die fehlende Demokratie in Usbekistan haben das Land unter einen starken internationalen Druck gesetzt. Bekleidungshersteller haben ein Label entworfen, anhand dessen Konsumenten erkennen können, dass im Produkt keine usbekische Baumwolle verwendet wird, die mit Hilfe von Kinderarbeit hergestellt wurde, damit wächst auch der wirtschaftliche Druck auf das strenge Regimes des Staatspräsidenten Islom Karimov, der Usbekistan mit eiserner Hand und großem persönlichen Einfluss auf das Parlament des Landes regiert. Langfristig verlangt die Situation im Land auch eine Öffnung der Märkte Usbekistans ohne Zollhindernisse und eine tatsächlich uneingeschränkte Teilnahme an der globalen Wirtschaft, andernfalls sieht das Land ernsthaften wirtschaftlichen Problemen entgegen, die sich bereits heute schon abzuzeichnen beginnen. Die enge wirtschaftliche Verbindung vor allem mit Deutschland, das insgesamt mehr als 50 Firmenvertretungen in Usbekistan unterhält, gilt dabei als ein wesentlicher Motor für positive Veränderungen der Situation in Usbekistan, die Entsendung einer rund 100 Mann starken deutschen Delegation zu bilateralen Gesprächen nach Usbekistan gilt allgemein als gutes Zeichen für positive Entwicklungen im Land.
Das tatsächlich positive Potenzial, das durch die Globalisierung nutzbar gemacht werden kann
Abgesehen von den vielen Irrwegen, den die Wirtschaftspolitik – allerdings auch die Politik ganz allgemein – in Usbekistan zu beschreiten scheint, hat das Land aber sehr hohes positives Potenzial aufzuweisen, das im Zuge der Globalisierung und der Annäherung der GUS-Nachfolgestaaten genutzt werden könnte. Zum einen sind das die riesigen Anbauflächen Usbekistans, auf denen wie seit Jahrhunderten Baumwolle auch ohne Kinderarbeit angebaut werden könnte. Hier liegt ein sehr wesentliches wirtschaftliches Potenzial für das Land, wenn die zunehmende Versalzung der Anbauflächen und die mangelnde Wasserversorgung durch den austrocknenden Aralsee aufgehalten werden könnten. Auch in Bezug auf Erdgasvorkommen im Land, die vergleichsweise hoch sind, besteht eine sehr wertvolle Ressourcenlage.
Ein sehr positives Faktum in Usbekistan ist auch, dass es – anders als in vielen anderen GUS-Nachfolgestaaten – zu keiner Verarmung von weiten Teilen der Bevölkerung nach der Unabhängigkeit kam. Eine Vielzahl von sozialen Problemen, Verelendung und menschenunwürdigen Lebensbedingungen wie beispielsweise in Georgien konnte in Usbekistan verhindert werden, ebenso wie eine weit auseinander klaffende Schere zwischen Arm und Reich. Mehr als 74 Prozent der Bevölkerung stehen in Usbekistan in Klein- und Mittelbetrieben in Lohn und Brot, in den meisten Fällen reicht das Einkommen der Beschäftigten auch für einen bescheidenen Lebensstandard.
Ein sehr wichtiges positives Potenzial für Usbekistan bedeutet auch der Tourismus – das Land, das an der uralten Seidenstraße liegt, hat eine Vielzahl von touristischen Attraktionen zu bieten, und ist mit der bereits eindeutig orientalisch beeinflussten Lebensweise ein interessantes Land für europäische Touristen. Auch die traditionelle Küche Usbekistans mit ihren mehr als tausend Gerichten kann als eine Attraktion für viele westliche Touristen dienen. Mithin scheint es bislang nur an der Umsetzung all dieser Potenziale zu mangeln, auf den steigenden internationalen Druck hin werden aber Reformen mittelfristig unumgänglich sein, allein schon, um die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu gewährleisten.
Usbekistan, Islam und Globalisierung
Der Islam ist in Usbekistan zwar die am weitesten verbreitete Religion, der mehr als 90 Prozent der Bevölkerung angehören, auf die internationalen Beziehungen Usbekistans wirkt sich dieser Umstand aber nur wenig aus, anders als beispielsweise in vielen arabischen Ländern. Der Islam ist hier auch kaum ein Hinderungsgrund für die Effekte, die die Globalisierung auf das Land ausübt. Wohl ist nach Angaben der Regierung in Usbekistan der islamische Fundamentalismus eines der größten Probleme im Inneren des Landes, für viele dient das allerdings zumindest teilweise als bloßer Vorwand, um das repressive Regime zu rechtfertigen. Auch für die schon lange im Land ansässige christlich-orthodoxe Minderheit, die ungefähr 8 Prozent der Bevölkerung ausmacht gibt es kaum Probleme mit dem Islam. Darüber hinaus ist in Usbekistan der Islam, wie in vielen zentralasiatischen Ländern, stark vom Zoroastrismus und vom Buddhismus beeinflusst.
Ausblick auf die Zukunft
Langfristig wird der internationale Druck auf Usbekistan, der durch die Globalisierung entsteht, ganz sicher dazu führen, dass es zu einer weiteren Öffnung des Landes für die internationale Wirtschaft kommt, und auch zu einer aktiveren, unbeschränkteren Teilnahme am globalen Markt führen. Vom Regime hängt es ab, inwieweit positive Veränderungen in den vielen reformbedürftigen Bereichen auf den Weg gebracht werden, und inwieweit auch demokratischere Strukturen innerhalb der Regierung und bessere Lebensbedingungen für die Usbeken erreicht werden. Die Zeichen dafür sind aber bereits vorhanden, und können als durchaus positiv gesehen werden.