Ökologische Globalisierung
Die Globalisierung besitzt zahlreiche Dimensionen. Neben der ökonomischen und kulturellen, über die in der Öffentlichkeit viel diskutiert wird, ist die ökologische Globalisierung nicht zu unterschätzen. Das durch die Globalisierung in Gang gesetzte rasante Wachstum der Weltwirtschaft stellt vor allem unser Ökosystem vor große Probleme. Zuletzt haben Studien gezeigt, dass heute der ökologische Fußabdruck der Menschen, das heißt, die Fläche der Erde, die sie benötigen, um ihren Lebensstandard langfristig zu halten, 123% der Erdfläche beträgt – und er wächst rasant an. Ohne tiefgreifende Änderungen wird die Erde die ökologische Globalisierung nicht überleben. Doch wo liegen die Ursachen, wo die Lösungen?
Was hat die Ökologie mit der Globalisierung zu tun?
Dass die Erde vor gewaltigen Problemen in Sachen Umweltschutz steht, ist allgemein bekannt. Doch was haben diese Probleme mit der Globalisierung zu tun? Warum trägt gerade die Globalisierung dazu bei, dass diese Probleme eskalieren? Generell gesagt verlieren die Menschen durch die Globalisierung zunehmend die Kontrolle über die eigene Regulierung. Die Weltwirtschaft wächst durch die Globalisierung enorm an und überfordert das Ökosystem. Normalerweise ist selbstverständlich, dass Gegenmaßnahmen getroffen werden würden.
Ein besonderer Aspekt der Globalisierung verhindert oder erschwert zumindest diesen Prozess der Gegenmaßnahmen: Die Konkurrenz. Durch die Tatsache, dass Waren über die gesamte Welt verschifft werden können, Unternehmen sich in jedem Land ansiedeln können und Menschen sich in jedem beliebigen Land niederlassen können, hat die Konkurrenz ein globales Ausmaß angenommen. Jedes Land der Welt muss mit jedem anderen Land der Welt um seine Wettbewerbsfähigkeit buhlen, daher seine Wirtschaft stärken. Maßnahmen zum Schutz der Umwelt lindern jedoch gemeinhin die Wettbewerbsfähigkeit und sind damit für kein Land lukrativ. Umweltschutzmaßnahmen können nur dann erfolgreich eingeleitet werden, wenn sich alle Mitbewerber daran beteiligen, was große Herausforderungen an die Diplomatie stellt. Erschwert wird dies durch die Tatsache, dass weniger entwickelte Länder ihr Recht darin sehen, die Industrieländer noch aufholen zu dürfen, bevor sie ebenfalls Umweltschutzmaßnahmen einleiten. Geschieht dies, wäre der Planet wohl nicht mehr zu retten. Die Globalisierung erweitert den Umweltschutz also um eine politische Dimension.
Ein konkretes Beispiel zeigt auf, wie schwierig es unter diesen Umständen ist, globale Einigungen zum Umweltschutz zu finden. Viele Industrienationen haben inzwischen auf Druck der Bevölkerung oder anderer Industrienationen weitreichende Maßnahmen zum Umweltschutz getroffen: CO²-Ausstöße wurden reguliert, Naturparks eingerichtet, Vorgaben zur Mülltrennung gemacht. All diese Einschränkungen nehmen Unternehmen, die in diesen Ländern angesiedelt sind, ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Ohne Probleme haben sie jedoch die Möglichkeit, in weniger entwickelte Länder zu gehen, die geringere Umweltauflagen mit ihrem Bedürfnis nach Entwicklung rechtfertigen, um etwa Armut bekämpfen zu können. Vereinfacht bedeutet dies, dass diejenigen Länder mit den niedrigsten Auflagen zum Umweltschutz am attraktivsten für Unternehmen sind und somit am wettbewerbsfähigsten, wohingegen in Sachen Umweltschutz vorbildliche Nationen an Boden verlieren.
Konkrete Folgen der ökologischen Globalisierung
Die Folgen des starken Wirtschaftswachstums und der oben beschriebenen Eigendynamik der Globalisierung sind enorm, auch wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt kaum absehbar sind. In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wo die Probleme konkret liegen.
– Energie und Rohstoffe
Sie sind der zentrale Motor der Weltwirtschaft und gleichzeitig die größte Bedrohung der Umwelt. Um der fortschreitenden Automatisierung gerecht zu werden, braucht der Mensch immer mehr Energie. Die Industrieländer sind in dieser Kategorie relativ gesättigt und bemühen sich darum, für eine größere Effizienz beim Einsatz von Energie zu sorgen. Die Schwellen- und Entwicklungsländer, in denen große Teile der Bevölkerung nur in sehr eingeschränktem Umfang Energie verbrauchen, werden den Verbrauch enorm in die Höhe steigen lassen. Dies äußert sich vor allem in der erhöhten Produktion von Treibhausgasen, die nachweislich die Temperatur unserer Atmosphäre erhöhen sowie in der Zerstörung von Landschaften zur Energieproduktion. Zumindest bei fossilen Brennstoffen wie Öl oder Kohle kann sich die Erde in diesem Fall wehren: Die Stoffe sind endlich und müssen früher oder später durch neue Technologien ersetzt werden. Nichtsdestotrotz wird der steigende Energiehunger die Erde an die Grenze ihrer Kapazität bringen, während die Klimaerwärmung für neue Naturkatastrophen sorgen wird.
– Ernährung und Zerstörung des Ökosystems
Nicht nur der Energiebedarf der wachsenden Weltbevölkerung steigt, diese muss auch ernährt werden. Nach neuen Entwicklungen sogar mit mehr Fleisch und anderen Stoffen, die viel Produktionsfläche benötigen. Und noch immer leiden Milliarden von Menschen Hunger, was durch die Globalisierung stetig gelindert wird. Auch diese Menschen werden früher oder später durch die Erde gesättigt werden. Der Bedarf an Anbauflächen und Industrieanlagen zur Weiterverarbeitung der Nahrung macht einen starken Eingriff in unsere natürliche Umgebung notwendig – natürliche Flächen werden landwirtschaftlich kultiviert. Auch, wenn es sich hierbei um ökologisch wichtige Gebiete wie Regenwälder handelt. Durch die Anpassung des Ökosystems an unsere Bedürfnisse bringen wir seinen Rhythmus aus dem Gleichgewicht, was sich ganz deutlich an dem Mangel an Regenwäldern zeigt: Der erhöhte Ausstoß an CO² kann durch die vorhandenen Waldflächen nicht mehr kompensiert werden. So werden sich die Änderungen, die wir an der Natur vornehmen, schlussendlich in Veränderungen im gesamten Ökosystem der Erde enden.
– Süßwasser
Kein Lebewesen auf der Erde kann ohne den Zugang zu Süßwasser überleben. Zurzeit besitzen 92% der Menschen auf der Erde genügend Trinkwasser, doch die Tendenz sinkt. Grund ist der erhöhte Verbrauch und die wenig nachhaltige Nutzung des Trinkwassers. Nicht nur, dass die Weltbevölkerung ständig wächst, vor allem die Industrie verbraucht unglaubliche Mengen an Süßwasser. In Deutschland werden über 2/3 des Süßwassers für industrielle Zwecke aufgewendet, nur ein verschwindend geringer Anteil sauberen Wassers dient tatsächlich dem Trinken. Nach der Verwendung in Fabrikanlagen ist das Wasser oft unwiederbringlich verschmutzt. Dass der erhöhte Verbrauch schon jetzt zu Engpässen führt, zeigt sich in zahlreichen Regionen der Welt. So hat ein großer Getränkehersteller durch seine Produktion in Indien den Wasserspiegel in einem ganzen Landesteil so drastisch abgesenkt, dass zahlreiche Brunnen versiegten und die Landbevölkerung ohne Wasserversorgung war. Auch an anderen, trockenen Teilen der Erde gibt es starke Wasserrestriktionen. Zwischen Ländern, die von Flüssen getrennt sind, entbrennen mehr und mehr Kämpfe um das dort verfügbare Süßwasser. Die Situation wird sich nicht bessern: Studien sagen voraus, dass im Jahr 2050 nur noch 60% der Weltbevölkerung über ausreichend Süßwasser verfügen wird.
Lösungsansätze und Zukunftsvisionen
Die offensichtliche Dringlichkeit der Situation, die durch zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt wird, hat zu einer bemerkbaren Aufbruchstimmung insbesondere im politischen Bereich und beim ökologischen Bewusstsein der Menschen geführt. Auf Klimakonferenzen wie „Rio 21“ kommen beinahe alle Länder der Welt zusammen, um sich gemeinsam auf neue Lösungen zu einigen. Doch die Fortschritte sind schleppend, insbesondere im Vergleich zum ökologischen Wandel. Der Wettbewerb und die Divergenz zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern sorgen noch immer dafür, dass innovative Lösungen nur sehr langsam realisiert werden können. Auch die Wirtschaft bemüht sich inzwischen um den Einsatz fortschrittlicher, nachhaltiger Technologien, mit denen die ökologische Globalisierung sehr viel schonender für unseren Planeten durchführbar ist. Dabei wird der Markt durch den Boom „grüner Technologien“ wie Solarenergie oder Elektroautos befeuert.
Allerdings sind der Technologie hier natürliche Grenzen gesetzt. In Anbetracht der Tatsache, dass in absehbarer Zeit etwa sechs mal so viele Menschen den Lebensstandard eines zum Beispiel durchschnittlichen Deutschen haben möchten oder haben werden und die ökologischen Probleme im entsprechenden Maße steigen werden, ist es an der Zeit, ein generelles Umdenken voranzutreiben. Jeder einzelne Mensch sollte sich nicht nur die Frage danach stellen, ob er Recyclingpapier benutzt oder seinen Müll ordnungsgemäß trennt, sondern ob Konsum in dem momentanen Maße für ihn notwendig ist. Die Wirtschaft wird diese Frage nicht stellen, das Umdenken muss auf der breiten Ebene der Konsumenten stattfinden, um die nicht aufzuhaltende ökologische Globalisierung für unsere Erde erträglich zu gestalten.