EZB
EZB steht für Europäische Zentralbank. Im Englischen wird die Institution ECB (European Central Bank) genannt, im Französischen wird das Kürzel BCE (Banque Centrale Européenne) verwendet. Bei der Europäischen Zentralbank handelt es sich um eines der wichtigsten Organe der Europäischen Union, welches 1998 im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion gegründet wurde. Heute befindet sich dieses staatenübergreifende Organ, das die ehemalige Europäische Währungsinstitution ablöste, im futuristischen Eurotower in Frankfurt am Main befindet. Die Europäische Zentralbank fungiert als eine supranationale Institution und besitzt ihre eigene Rechtspersönlichkeit. Gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten bildet sie das europäische System der Zentralbanken (ESZB).
Die Aufgaben der Europäischen Zentralbank wurden in ihren Grundzügen bereits im Vertrag von Maastricht, der im Jahre 1992 unterzeichnet wurde, erstmalig umrissen. Seit Unterzeichnung des Vertrages von Lissabon im Jahr 2007 besitzt die Europäische Zentralbank endgültig den Formalstatus eines EU-Organs. Die Richtlinien ihrer Wirkungsweise sind im Artikel 282 ff. des sogenannten AEU-Vertrags zu finden, zu welchem auch das Protokoll Nr. 4 zählt. Insgesamt verfügt die Europäische Zentralbank über ein Grundkapital von etwa fünf Milliarden Euro, zusätzlich ist sie mit ausländischen Währungsreserven verschiedenster Länder, deren Gegenwert sich auf etwa 50 Milliarden Euro beläuft, ausgestattet.
Aufgaben der Europäischen Zentralbank
Allgemein handelt es sich bei einer Zentralbank um eine Einrichtung, deren Aufgabe sowohl die Überwachung des Bankensystems, als auch die Regulierung der Geldmenge in einer Volkswirtschaft ist. In der Europäischen Union werden diese Aufgaben von der staatenübergreifenden Institution der Europäischen Zentralbank übernommen. Mit der Entscheidung für die Einführung des Euro, welche im Jahr 2002 endgültig in Kraft trat, wurde auch die Einführung einer gemeinsamen Geld- und Währungspolitik der Euro-Länder notwendig. Um die hierfür nötigen Bedingungen zu schaffen, entschied man sich, das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) zu gründen, das alle nationalen Zentralbanken (NZB) in sich vereint und auch die Europäische Zentralbank (EZB) miteinschließt. Die Europäische Zentralbank bildet hierbei den Kopf dieses Bankensystems und erledigt den Großteil der anfallenden Aufgaben. Wichtigstes Ziel ist die Wahrung der Preisniveaustabilität.
Außerdem zählen die Durchführung von Devisengeschäften, sowie das Portfoliomanagement, das darin besteht, die offiziellen Währungsreserven der europäischen Mitgliedsstaaten zu verwalten, zu den Aufgaben der Europäischen Zentralbank. Weiterhin sorgt sie für einen reibungslosen Ablauf des Zahlungsverkehrs, indem sie die Versorgung der Volkswirtschaft mit Geld sicherstellt. Es ist daher auch die Europäische Zentralbank, die die Ausgabe des Euro-Papiergeldes genehmigt, die Ausgabe an sich erfolgt jedoch direkt durch die nationalen Zentralbanken in den einzelnen Ländern der EU. Außerdem wacht die EZB über die Kreditinstitute und sorgt für eine höchstmögliche Stabilität der Finanzmärkte. Sie berät nicht nur die Europäische Gemeinschaft und nationale Behörden sondern arbeitet auch mit anderen europäischen und internationalen Organen zusammen. Desweiteren unterstützt die Europäische Zentralbank die allgemeine Wirtschaftspolitik der EU und versucht die Inflationsrate auf einem Niveau von unter zwei Prozent (im Vergleich zum Vorjahr) zu halten.
Das Zwei-Säulen Konzept: So agiert die EZB
Dies wird unteranderem durch das sogenannte Zwei-Säulen-Konzept erreicht, einem ausgeklügelten Vorgehen, welches dazu dient, die Inflationsrate möglichst gering zu halten. Erste Säule ist hierbei die wirtschaftliche Analyse. Die EZB beobachtet hierzu nicht nur die Inflationsentwicklung an sich sondern auch alle Größen, die diese eventuell beeinflussen können. Hierzu zählen etwa langfristige Zinssätze, Löhne und Gehälter, die Wechselkursentwicklung, maßgebende Größen für die Wirtschaftstätigkeit im Raum der EU, fiskalpolitische Indikatoren, Preis- und Kostenindizes und auch relevante Verbraucherumfragen. Die zweite Säule ist die sogenannte monetäre Analyse. Die EZB veröffentlicht in regelmäßigen Abständen einen Referenzwert, genannt M3. Dieser bezeichnet die wünschenswerte M3-Geldmengenentwicklung, welche jedoch keine zu erreichende Zielgröße darstellt, sondern vielmehr Informationen über bedeutsame Abweichungen und Schwankungen liefert.
So lassen sich auf längere Sicht Gefahren für die Preisstabilität erkennen und die EZB kann schnell und vorausschauend regulierende Maßnahmen ergreifen. So wird sie in schlechten wirtschaftlichen Zeiten im Rahmen einer Expansionspolitik die Zinsen senken und mehr Geld an die Geschäftsbanken vergeben, da die Gefahr einer Inflation gering ist. Dies erleichtert es den Banken ihre Finanzierung zu sichern, was wiederum zu einem Ansteigen der vergebenen Kredite und einer Senkung der Zinsen führt. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Kaufkraft der Bürger aus, was wiederum den Konsum fördert und somit die Konjunktur ankurbelt. Blüht die Volkswirtschaft jedoch, besteht die Gefahr einer verstärkten Inflation. Um dies zu vermeiden, wird die EZB eine sogenannte restriktive Geldpolitik betreiben. Sie vergibt weniger Geld an die Banken und erhöht den Leitzins, was wiederum Privatkredite erschwert und den Investitionseifer bremst. Ist die Inflation jedoch trotz einer wirtschaftlich schlechten Phase hoch, darf die EZB die Zinsen nicht senken, da eine weitere Zunahme der Inflationsrate in jedem Fall vermieden werden muss.
Unabhängigkeit der EZB
Damit die EZB ihre Hauptaufgabe erfüllen und die Preisniveaustabilität innerhalb der EU erfüllen kann, ist sie von politischen und anderen Einflüssen vollkommen unabhängig. Dies verhindert, dass Politiker oder Lobbyisten auf die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank Einfluss nehmen und versuchen, diese zu ihrem Gunsten zu beeinflussen. Insgesamt unterscheidet man vier Arten von Unabhängigkeit. Die erste hiervon ist die operative Unabhängigkeit, auch funktionelle Unabhängigkeit genannt. Dies bedeutet, dass es der Europäischen Zentralbank völlig frei steht, nach welcher Methode sie einen Auftrag durchführen möchte. Da die EZB jedoch vertraglich an eine Wahrung der Preisstabilität gebunden ist, kann sie nur die Art, wie dieses Ziel erreicht wird, beeinflussen, nicht jedoch das Ziel an sich verändern.
Zudem genießt die EZB institutionelle Unabhängigkeit. Dem Vertrag von Maastricht zufolge, darf sie keinerlei Weisungen aus der Politik erhalten und dem Staat auch keine Kredite gewähren. Dies verhindert, dass die Autonomie der EZB durch Kreditverpflichtungen bestimmter Staaten gefährdet. Während der gravierenden Staatsschuldenkrise kaufte die EZB jedoch über den Sekundärmarkt von Banken Staatsanleihen – wie etwa von den Ländern Griechenland, Spanien und Italien), was eigentlich diesen Kriterien widerspricht. Da die EZB über ihren eigenen Haushalt verfügt und selbst über die Mittel, die ihr von den Mitgliedsländern bereitgestellt werden verfügen kann, besitzt sie zudem finanzielle Unabhängigkeit. Private Banken können die EZB kaum beeinflussen, unter den 27 Notenbanken der Europäischen Union befinden sich jedoch einige Banken, die zumindest teilweise privatisiert sind, wie etwa die griechische oder die italienische Nationalbank.
Sicherheit
Insgesamt besitzen die Zentralbanken der Euro-Länder etwa 70 Prozent des Kapitals der Europäischen Zentralbank, der Rest ist im Besitz der Nicht-Euroländer. Um auch die Personelle Unabhängigkeit sicherzustellen, darf kein Mitglied des EZB-Rates eine andere Beschäftigung annehmen, Genehmigungen sind nur in Ausnahmefällen möglich. Diese strikte Regelung soll helfen, eventuelle Interessenskonflikte zu vermeiden. Das Führungspersonal wird auf acht Jahre gewählt (alle EZB-Direktoren), die Präsidenten der nationalen Zentralbank bekleiden ihr Amt für fünf Jahre. Eine zweite Amtszeit ist für Mitglieder des Direktoriums jedoch ausgeschlossen. Während der Amtszeit kann ein Mitglied des EZB-Rates nur bei äußerst schwerwiegenden Vorkommnissen durch den Europäischen Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.
Zusätzlich ist ein Antrag des EZB-Rates oder des Direktoriums nötig, der die Anschuldigungen genau darlegt. Um ein größtmögliches Maß an Sicherheit und Transparenz zu gewährleisten, unterliegt die EZB zudem zahlreichen Kontrollen, die sowohl von demokratischen Unionen, als auch von der Öffentlichkeit ausgeübt werden. So muss die EZB etwa in dreimonatigen Abständen über die Tätigkeiten des Eurosystems berichten, sowie wöchentlich einen konsolidierten Ausweis und alljährlich einen Jahresbericht über ihre Tätigkeiten und die allgemeine Geld- und Währungspolitik einreichen. Dieser Jahresbericht erstreckt sich sowohl über das vergangene, als auch das aktuelle Jahr. Externe Rechnungsprüfer kontrollieren den Jahresabschluss, die Verwaltungseffizienz wird vom Europäischen Rechnungshof in Augenschein genommen. Alle Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank, sowie auch die Mitglieder des EZB-Rates unterliegen einem strikten Verhaltenskodex. Zusätzlich leistet ein ethischer Partner wertvolle Orientierungshilfe.