Soziale Globalisierung
Der Begriff „Globalisierung“ ist in den letzten Jahren in Verruf geraten. Der Gedanke an eine Verdichtung von wirtschaftlichen Beziehungen in der Welt und die Ausbeutung von wirtschaftlich schwächeren Nationen liegt für viele nahe. Doch die weltweite Vernetzung von Nationen, Unternehmen und Menschen führt auch zu einem wachsenden Bewusstsein über die sozialen Ungerechtigkeiten bei allen Beteiligten. Aus diesem Grund wächst auch die Wichtigkeit von sozialen Aspekten immer weiter und führt zu positiven Effekten in einer globalen Umwelt. Im Zuge der sozialen Globalisierung versucht man nämlich den sozialen Unsicherheiten und Herausforderungen entgegenzuwirken. So kann man zwischen verschiedenen Formen dieser Entwicklung unterscheiden. Einerseits kann man von einer global integrierten Sozialpolitik sprechen, andererseits kann man jedoch auch von einer rein wirtschaftlichen Globalisierung mit positiven sozialen Effekten reden. Des Weiteren treten immer wieder Mischformen der beiden Variationen auf. Doch wie ist diese Entwicklung entstanden?
Der Ursprung einer globalen Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik
Schon in den 30er und 40er Jahren wurde die Idee der globalen Sozialpolitik von einigen Avantgardisten der Politik entwickelt und aufgegriffen. Dabei herrschte nicht nur das Bewusstsein für Ungerechtigkeit vor. Auch die politischen Entwicklungen, vor allem in Europa, spielten hierbei eine wichtige Rolle. Vor allem im Raum von Großbritannien und den USA wurde diese Politik durch die Ereignisse der beiden Weltkriege ein wichtiges Interessengebiet. So sprach schon Kaufmann während dieser Zeit von dem sogenannten „Wohlfahrtinternationalismus“. Doch auch andere berühmte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Roosevelt und Churchill waren einige der Protagonisten der globalen Sozialpolitik. Mit politischen Aktionen, wie zum Beispiel der Atlantik Charta oder der Charta der Vereinten Nationen machten diese nämlich die ersten Schritte in die Richtung einer sozialen Globalisierung.
Dabei bestand damals die grundsätzliche Idee daraus, international gültige Menschenrechte schaffen zu wollen. Doch auch das Wort „sozial“ findet sich immer wieder in diesen Erklärungen und Bestimmungen wieder. So waren nicht nur die Menschenrechte von Interesse für Churchill und Roosevelt. Sie formulierten ebenfalls eine Reihe von internationalen sozialen Zielen und die Basis einer internationalen sozialen Ordnung. So wurde diese Entwicklung von einigen Kritikern als eine Form des modernen Kolonialismus bewertet. Das Phänomen der „Weltgesellschaft“ entstand jedoch erst wirklich nach dem zweiten Weltkrieg. Die Weltgesellschaft entstand durch verschiedene Elemente. Das erste Element war sicherlich die Erhöhung der Anzahl von Nationalstaaten. Daneben verbreiteten sich westliche Formen der Politik und der Organisation von Staaten nach dem zweiten Weltkrieg. So war die Vernetzung der Nationalstaaten zu einer internationalen Gemeinschaft nicht nur eine Folge der internationalen Entwicklung, sondern ebenso der nationalen Entwicklung der einzelnen Staaten. Vor allem die Idee des Wohlfahrtsstaats hat sich indessen ausgebreitet und kann als frühe Form der sozialen Globalisierung wahrgenommen werden. Mit der Entstehung der Europäischen Union (EU) wurde die soziale Globalisierung weiter vorangetrieben. So verschlingen sich seit ihrer Entstehung die politischen und sozialen Aspekte der Globalisierung immer weiter. Gesetze und Vorhaben der EU haben Unternehmen Anreize gesetzt sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial einzusetzen.
Soziale Globalisierung in der heutigen Welt: profitabel und sozial?
Die rein wirtschaftliche Globalisierung wird oft dämonisiert. Medien berichten von unsozialen Arbeitsverhältnissen in asiatischen und afrikanischen Fabriken. Vor allem Berichte über Kinderarbeit schockieren dabei immer wieder die Öffentlichkeit. Dies ist allerdings nur ein Aspekt der Globalisierung von Unternehmen. Im Rahmen der Globalisierung von Unternehmen können nämlich durchaus auch positive soziale Effekte erzielt werden. Wie kann die Globalisierung also sozial sein? Die internationale Gesellschaft kann vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit, Armut und Bildung von der Globalisierung profitieren.
Case Study: Kommunikationsunternehmen im afrikanischen Markt
Man nehme zum Beispiel das Thema Infrastruktur. Im Rahmen der Internationalisierung expandieren Kommunikationsunternehmen immer häufiger in den afrikanischen Markt. Im Zuge dieser Expansion bietet sich für diese Unternehmen die Möglichkeit enorme neue Märkte zu erschließen. Sie können günstige Mobiltelefone in Gegenden verkaufen, wo bis heute keine Telefonleitungen liegen, da der Staat nicht über die notwendigen Ressourcen verfügt um diese bereitzustellen. So verdient das Unternehmen in diesen Staaten sein Geld. Andererseits bauen diese Unternehmen jedoch auch Telefonmäste und kümmern sich darum, dass Strom in abgelegene Gegenden gelegt wird. So übernimmt der Mobilfunkanbieter in diesen Staaten eine wichtige Rolle, um Infrastruktur aufzubauen, kann aber gleichzeitig Geld verdienen. Dieses Prinzip von einem „social business“, also einem sozialen Unternehmen wird immer wichtiger und eine der treibenden Kräfte hinter der sozialen Globalisierung. Hierbei spielt vor allem auch das Thema „Corporate Social Responsibility“ eine wichtige Rolle. Dies ist die freiwillige Selbstverpflichtung gewisse Standards, seien sie sozial oder ökologisch, einzuhalten. Vor allem für bedeutende internationale Konzerne ist dieses Mantra ein wichtiger Schritt in die Richtung der sozialen Globalisierung. So entscheiden sich auch immer mehr Unternehmen an die Welt „zurückzugeben“ und bauen Fonds und Hilfsorganisationen auf, die zu einer Internationalisierung die profitabel, aber auch sozial ist, führen. Allerdings ist zu bemerken, dass eine wirkliche normative und politisch verankerte Verpflichtung für Corporate Social Responsibility fehlt.
Politik: die treibende Kraft für eine Globalisierung die sozial ist?
In der Weltpolitik gibt es eine hohe Anzahl an dezentralen Organisationen die sich für eine soziale Globalisierung einsetzen. So gibt es zum Beispiel diverse soziale Organe der UN. Diese setzen sich für Fortschritte in den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Bildung ein. Andere Organisationen, wie zum Beispiel die Weltbank kümmern sich um wirtschaftlichere Themen. Doch ebenso gibt es generell ausgerichtete Organisationen, wie zum Beispiel die Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung, die sich für eine soziale Globalisierung einsetzen.
Social Globalisation: mögliche Realität oder Illusion
Man muss allerdings anmerken, dass diese transnationalen Organisationen durch die hohen akuten Probleme und Naturkatastrophen oft nur einen kurzfristigen Beitrag zur sozialen Globalisierung leisten können. Indessen ist es daher erforderlich, dass vor allem nationale Organisationen geschaffen werden, welche die soziale Dimension der Globalisierung stärker beeinflussen können. So fehlt es den transnationalen Organisationen oftmals an sozio-politischen Instrumenten, welche diese einsetzen könnten. Diese sind generell bei den nationalen Institutionen vorzufinden. Nur wenige von den transnationalen Organisationen, wie zum Beispiel die EU, haben die Möglichkeit wenigstens für ein paar Länder Vorschriften zu machen. Allerdings sind diese oftmals in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht gültig und haben daher einen reduzierten Effekt. So ist die Aufgabe der globalen, sozialen und politischen Integration eine immense Hürde, die nur schwierig zu überkommen sein wird. So kann man aus einer rein evolutionären Perspektive behaupten, dass dies zur Vollendung zu bringen, eine Illusion ist. Allerdings ist die wirtschaftlich-orientierte Globalisierung mit positiven sozialen Nebeneffekten durchaus eine mögliche Realität in der Zukunft. Um dies zu erreichen muss man allerdings einen Schritt von der bisher eingenommenen asymmetrischen Hilfsleistung nehmen und Förderungen für Schwellenländer ergreifen, die zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Es ist jedoch nicht die alleinige Rolle der Wirtschaft dies zu erreichen, auch wenn sie davon profitiert, dass sie neue Märkte erschließen kann. Ebenso wird dies eine effektive Rolle der Politik erfordern. So werden sowohl nationale, wie transnationale Organisationen Gesetze und Anreize schaffen müssen, welche Unternehmen dazu bewegen, Schwellen- und Entwicklungsländer nicht auszubeuten, sondern nachhaltig zu fördern. Mit diesen Methoden gibt es tatsächlich die Möglichkeit, dass eine Globalisierung unserer heutigen Welt nicht nur negativ angesehen wird, sondern auch wegen ihrer sozialen Leistungen gelobt wird.