Bermudadreieck

Ein in etwa Dreiecksform aufweisendes, nordöstlich der Karibik liegendes Seegebiet mit den ungefähren Eckpunkten Bermuda-Inseln, Südspitze von Florida und Puerto Rico gilt bei vielen Menschen als ein Ort mit einer besonderen Häufung von mysteriösen Fällen, bei denen das spurlose Verschwinden von Schiffen und Flugzeugen festgestellt worden ist. Insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren bekam der zu den meist befahrenen Seegebieten der Welt zählende Meeressektor durch die zu Bestsellern gewordenen Veröffentlichungen spekulativer Erklärungsversuche den Ruf einer geheimnisvollen, wegen übernatürlicher Phänomene gefahrvollen Region. Je nach Auffassung dieser Autoren hat das nicht klar definierte Seegebiet, dessen Benennungen wie „Bermudadreieck“ oder auch „Devil´s Triangle“ auf keiner offiziellen Seekarte verzeichnet sind, eine Ausdehnung von ein bis zu mehr als drei Millionen Quadratkilometern und reicht nach Auffassung einiger Autoren auch weit von der Karibik entfernt bis zu den Azoren.

Beginn des Bermudadreiecks-Mythos

Bereits seit den ersten europäischen Seefahrten in die Karibik am Ende des 15. Jahrhunderts haben regelmäßig verbreitete, oft ausgeschmückte Berichte von geheimnisvollen Schiffsuntergängen im betreffenden Seegebiet die Phantasie der Zeitgenossen angeregt.

In der neuesten Zeit wurde das Interesse am Bermudadreieck durch Vincent H. Gaddis (1913-1997), einem US-Autor, der unter anderem für den Science Fiction-Bereich schrieb, erheblich verstärkt. Gaddis veröffentlichte Anfang 1964 im „Argosy“, einem seit 1882 Kurzgeschichten verschiedener Literaturgattungen herausgebenden Magazin („Pulp Magazine“), den fünf Seiten langen Artikel „The Deadly Bermuda Triangle“. In dem den Begriff „Bermuda Triangle“ populär machenden Aufsatz wurden etwa zwanzig Fälle aufgelistet, in denen zwischen 1840 und 1963 Schiffe und Flugzeuge angeblich spurlos im „Bermuda Triangle“ verschwunden waren. Gaddis wies auf ein angebliches Muster hin: In den beschriebenen Fällen hatte stets gutes Wetter, ausreichende Sicht und kaum Seegang geherrscht und in den neueren Fällen habe auch die Funkverbindung zu den Schiffen beziehungsweise Flugzeugen einwandfrei funktioniert. Nichts habe auf eine Gefahrensituation hingewiesen. Gemeinsam sei auch der plötzliche Abbruch der Verbindungen. Von den Schiffen und Flugzeugen seien entweder keine Spuren auffindbar gewesen oder aber es seien „Geisterschiffe“ ohne eine Spur der Besatzungen gefunden worden. Der Artikel, der mit dem Satz „Die See bewahrt ihre Geheimnisse gut.“ endete, gab für diese Fälle keine Erklärung.

In Folge gab es zahllose spekulative Erklärungsversuche, von denen insbesondere die Möglichkeit der Entführung der Schiffe und Flugzeuge und deren Besatzungen durch Außerirdische bei SF- und Fantasy-Freunden Anklang fand. Angefacht wurde das Interesse am Bermudadreieck 1974 durch das Buch „The Bermuda Triangle“ von Charles Berlitz (1914-2003), einem US-Autor, der sich durch die Darstellung und Erklärung Aufsehen erregender Geheimnisse wie dem „Philadelphia-Experiment“ oder dem „Roswell-Zwischenfall“ einen Namen und eine große Anhängerschaft geschaffen hat. Berlitz brachte die mutmaßlich ansonsten nicht erklärbaren Fälle von Verschwinden sowohl mit Außerirdischen als auch mit dem von ihm unter dem Bermudadreieck vermuteten verschollenen Kontinent Atlantis in Verbindung. „The Bermuda Triangle“ wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und erreichte eine Auflage von etwa 20 Millionen verkaufter Exemplare. 1978 diente das Buch als Grundlage für einen Spielfilm. 2005 kam eine US-amerikanische TV-Mini-Serie „The Triangle“ („Bermuda Dreieck – Tor zu einer anderen Zeit“) auf den Markt.

Bekannte Bermudadreiecks-Fälle

Im Bermudadreieck nahe Barbados verschwand am 4. März 1918 das zur US-Marine gehörende, 165 m lange Transportschiff USS Cyclops. Von dem Schiff und den 306 Mann an Bord wurde nie etwas gefunden. Das Verschwinden der USS Cyclops war der schwerste Verlust an Menschenleben auf See in der Geschichte der US Navy außerhalb von Kampfhandlungen.

Zu den am häufigsten zitierten Bermudadreiecks-Fällen zählt das Verschwinden einer Torpedobomber-Staffel der US Navy von fünf Flugzeugen des Typs TBF Avenger kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die jeweils mit drei Mann Besatzung fliegenden Torpedobomber befanden sich am 5. Dezember 1945 auf einem als „Flight 19“ bezeichneten Trainingsflug vor Fort Lauderdale an der Ostküste Floridas. Alle fünf Maschinen verschwanden. Auch eine am 28. Dezember 1948 von Puerto Rico auf einem Nachtflug nach Miami fliegende Passagiermaschine vom Typ DC-3 mit fünf Besatzungsmitgliedern und 32 Passagieren an Bord, die plötzlich verschwand, wird als typisches Bermudadreieck-Phänomen aufgelistet. Zwar nicht verschwunden, aber angeblich im Bermudadreieck von Außerirdischen manipuliert, wurde 1963 eine Boeing 727 beim Flug nach Miami. Für zehn Minuten verschwand sie nach Darstellung des US-Autors Ivan T. Sanderson (1911-1973) auf den Radarschirmen der Fluglotsen und tauchte dann wieder auf. Angeblich seien alle Uhren an Bord bei der Landung um zehn Minuten nachgegangen.

Rationalisierung der Bermudadreieck-Phänomene

Der 1940 geborene Bibliothekar der University of Arizona Lawrence D. Kusche beschäftigte sich Anfang der 1970er Jahre intensiv mit den zahlreichen Geschichten im Zusammenhang mit dem Bermudadreieck und begann systematisch die einzelnen Fälle zu recherchieren. Kusche war anfangs durchaus von der Möglichkeit paranormaler Ursachen für die mysteriösen Unglücksfälle im Bermudadreieck überzeugt, wollte aber Beweise für diese Hypothese. Kusche veröffentlichte seine Untersuchungsergebnisse 1975 in dem Buch “ The Bermuda Triangle Mystery: Solved“. Dabei kam er zu dem Schluss, dass nahezu alle Bermudadreiecks-Fälle entweder überhaupt nicht in diesem Seegebiet passiert sind, zum Teil frei erfunden und sämtlich auf natürliche Ursachen wie menschliches und technisches Versagen zurückzuführen seien. Auch hat Kusche festgestellt, dass im Bermudadreieck keineswegs eine im Vergleich zu anderen Seegebieten höhere Unglücksquote nachzuweisen sei.

Die von Fachexperten gestützten Aussagen von Kusche sorgten mittelfristig für ein Abflauen des öffentlichen Interesses am Bermudadreieck. Für die wenigen nicht abschließend geklärten Fälle werden zahlreiche nicht-paranormale Erklärungskonzepte diskutiert. Dazu gehören Phänomen im Zusammenhang mit den im westlichen Nordatlantik vermuteten Methangasvorkommen sowie elektromagnetische Anomalien oder Riesenwellen.

Bermudadreieck in der Umgangssprache

In die Umgangssprache fand das „Bermudadreieck“ dauerhaft Eingang als Bezeichnung für den fiktiven Bereich im eigenen Haushalt oder am Arbeitsplatz, wohin dringend gesuchte Materialien oder Unterlagen anscheinend unauffindbar verschwunden sind. Ferner werden in vielen Städten Stadtquartiere, in denen es eine Häufung von als „Absturzkneipen“ bezeichnete Gaststätten gibt, als „Bermudadreiecke“ benannt.

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