BRD GmbH
Laut einer Verschwörungstheorie, die insbesondere in rechten Kreisen kursiert und von dort aus verbreitet wird, heißt es, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat mit einer gültigen Verfassung. Tatsächlich sei sie lediglich als geschäftsführende Justiziarin in Form einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) innerhalb eines staatlichen Provisoriums eingesetzt. Deutschland würde seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht regiert, sondern unter Besatzung als Wirtschafts- und Verwaltungseinheit betrieben. Die in Deutschland lebenden Menschen seien demzufolge keine Staatsbürger, sondern das Personal der sogenannten BRD GmbH. Ein Beleg für diesen Umstand sei unter anderem, dass der Identitätsnachweis, in dem die Personalien der deutschen Staatsbürger festgehalten werden, die Bezeichnung „Personalausweis“ erhalten habe. In Folge würde das deutsche Volk weder völker- noch staatsrechtlich vertreten und sei ohne eine legitime Regierung, welche seine Interessen vertreten könne und dürfe. Die Bundesrepublik sei daher verfassungs- und völkerrechtlich illegal.
Die Basis der Verschwörungstheorie
Die Verschwörungstheorie basiert auf der außergewöhnlichen Entstehungsgeschichte der heutigen Bundesrepublik. Diverse historische Besonderheiten haben seit 1945 ihre Entwicklung bis hin zu ihrem heutigen Status als vollsouveränem Völkerrechtssubjekt maßgeblich beeinflusst. In Folge wird selbst unter Historikern und Rechtswissenschaftlern diskutiert, ob die Bundesrepublik völkerrechtlich als Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs oder als gänzlich neuer Staat anzusehen ist. Auf diesen Zwiespalt stützen sich die Verschwörungstheoretiker. Sie vertreten die Meinung, das Deutsche Reich müsse als in der Gestalt der Bundesrepublik fortbestehend angesehen werden. Weiterhin gehen sie davon aus, dass, wenn dieser Umstand zuträfe, dies die heutige Verfassung der Bundesrepublik außer Kraft setzen müsse. Um diese Theorie zu untermauern, werden daher unter anderem Zitate von Politikern außerhalb ihres originären Zusammenhangs wiedergegeben und als Hinweise auf eine real existierende Verschwörung interpretiert.
Des Weiteren werden diverse Artikel aus dem Grundgesetz zitiert, welche die Verschwörungstheorie angeblich verifizieren. Als vermeintlich schlagender Beweis für den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen, wird von den Verschwörungstheoretikern auf die Existenz der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH verwiesen. Dass deren Gründung im Rahmen von Änderungen an einem bestehenden Gesellschaftsvertrag der Berliner CVU Systemhaus Abwicklungsgesellschaft mbH vom 29.August 1990 erfolgt ist, interpretieren sie als weiteres beweisführendes Indiz für ihre Theorie. Der Name der von ihnen als existent angenommenen BRD GmbH ist ihrem Verständnis nach eine Kurzform bzw. ein Synonym des Firmennamens der Deutschen Finanzagentur.
Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH
Die Deutsche Finanzagentur ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen dessen alleinige Gesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist. Vertreten wird letztere im Kontext durch das Bundesministerium der Finanzen. Sie ist am 19. September 2000 als Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH gegründet worden. Ihr Sitz ist in Frankfurt und sie wird dort im Handelsregister geführt. Die Gründung erfolgte auf Beschluss der Bundesregierung, welcher aufgrund des Gutachtens eines externen Beraters zu Beginn des Jahres 2000 gefasst wurde. Ziel war die Übertragung der Durchführung des Kreditmanagements und der damit verbundenen Aufgaben auf eine bundeseigene GmbH. Die Finanzagentur ist somit ein zentraler Dienstleister und leitet seit 2001 das Schuldenmanagement des Deutschen Staates sowie das Großkundengeschäft in der Kreditaufnahme.
Aufgaben
Bevor die Finanzagentur die Aufgaben im Rahmen der Kassen- und Haushaltsfinanzierung des Bundes übernahm, wurden diese dezentral durch das Bundesfinanzministerium, die Deutsche Bundesbank und die Bundeswertpapierverwaltung erfüllt. Zu den Aufgaben zählen die Aufnahme von Krediten mittels Schuldscheindarlehen, Dienstleistungen bei der Bundeswertpapierausgabe, der Einsatz von Derivaten sowie die Durchführung von Geldmarktgeschäften zum Zwecke des Ausgleichs des Staatskontos bei der Deutschen Bundesbank. Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH wurde also gegründet, um als Kapitalgesellschaft auf effizientere Weise zentralisiert Aufgaben für ihre Gesellschafterin, die Bundesrepublik Deutschland, erfüllen zu können. Die an die Finanzagentur übertragenen Aufgaben bewegen sich lediglich im Rahmen von Finanzdienstleistungen. Abgesehen davon können Bundesrepublik und Finanzagentur grundsätzlich nicht miteinander gleich gesetzt werden, denn die eine ist die Gesellschafterin der anderen. Würde sich ein Gesellschafter durch das Gründen einer Kapitalgesellschaft in dieselbe verwandeln, hätte dies beispielsweise zur Folge, dass die Bundesrepublik Deutschland auch eine Aktiengesellschaft sein müsse, da sie ebenfalls Gesellschafterin der Deutschen Bahn AG ist.
Merkmale und Anerkennung von Staaten und Regierungen
Nach dem klassischen Völkerrecht, beziehungsweise der Drei-Elemente-Lehre des Staats- und Völkerrechtlers Georg Jellinek, gibt es drei Merkmale, die einen Staat kennzeichnen: Ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet und eine stabile Regierung, welche effektive Staatsgewalt ausübt. Ein wesentliches Kennzeichen des dritten Merkmals ist äußere Souveränität. Das Zutreffen der genannten Merkmale ist nach der konstitutiven Lehre die Grundvoraussetzung dafür, dass ein Staat von sogenannten Drittstaaten als solcher anerkannt wird. Drittstaaten sind mindestens zwei Staaten, die weder Mitgliedstaaten derselben staatsähnliche Gebilde, wie beispielsweise der Europäischen Union, sind wie der anzuerkennende Staat, noch mit diesem direkt oder indirekt über ein staatsähnliches Gebilde durch ein gegenseitiges Abkommen verbunden sind. Es ist zu differenzieren zwischen der Anerkennung eines Staates und der einer Regierung. Die Existenz einer anerkannten Regierung setzt die des anerkannten Staates voraus. Allerdings kann ein Staat an sich sehr wohl anerkannt sein, jedoch von einer nicht anerkannten Regierung verwaltet werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine gewaltsame Machtübernahme durch einen Militärputsch erfolgt ist. In diesem Kontext ist auch das Recht der Staatennachfolge relevant. Es wird darin die Frage geregelt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang ein neuer Staat in die rechtliche Position seines Vorgängerstaates eintritt.
Somit wird festgelegt, ob es sich bei einem Staat um den Rechtsnachfolger eines zuvor bestehenden Staates oder ob es sich bei ihm um ein neues Völkerrechtssubjekt handelt. Aus der Beantwortung dieser Frage könnten sich gegebenenfalls Konsequenzen ergeben. So würde ein Rechtsnachfolger unter entsprechenden Umständen beispielsweise Reparationsleistungen zu erbringen haben, während ein neu gegründeter Staat, der als separates Völkerrechtssubjekt angesehen wird, solche nicht leisten müsste.
Der völkerrechtliche Status der Bundesrepublik Deutschland
Ob es sich nun bei der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich um den Nachfolgestaat des Deutschen Reiches oder um ein neues Völkerrechtssubjekt handelt, kann aufgrund ihrer äußerst komplexen Geschichte und Besonderheiten insbesondere während der Besatzungszeit final nicht zweifelsfrei beantwortet werden. Das Bundesverfassungsgericht ist zu dem Schluss gekommen, dass mit der Bundesrepublik Deutschland kein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert worden sei. Diese Sichtweise jedoch hat keinesfalls eine solche Konsequenz wie sie seitens der Verschwörungstheoretiker vorausgesetzt wird. Denn geht man davon aus, die Bundesrepublik sei Nachfolgestaat des Deutschen Reiches, dieses würde also im Prinzip noch bestehen und die beiden seien im völkerrechtlichen Sinne vollidentisch miteinander, so schließt dies gleichzeitig die Nichtexistenz oder Illegalität der Bundesrepublik aus. Nimmt man hingegen an, die Bundesrepublik sei ein neuer Staat, so existiert dieser ebenfalls.
Seit 1990 souveräner Staat
Zudem trifft spätestens seit der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Zurückerlangung der vollen Souveränität die Drei-Elemente-Lehre in vollem Umfang auf die Bundesrepublik zu. Denn sie verfügt über ein Staatsgebiet, in dem ein Staatsvolk lebt, welches stabil regiert wird. Am 18. September 1973 wurden bereits die Bundesrepublik Deutschland und die DDR zu zwei selbstständigen Mitgliedern der Vereinten Nationen. Seit dem 3. Oktober 1990 ist das vereinte Deutschland als voll souveräner Staat in der aus 193 Staaten bestehenden Liste der Vereinten Nationen geführt. Zwar ist die Anerkennung eines Staates nicht konstitutiv, jedoch kann durch sie faktisch auf eine völkerrechtliche Existenz als Staat geschlossen werden. Für die in Kraft befindliche Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist die in diesem Kontext allerdings ohne Belang. Denn entweder ist des Deutsche Reich mit der bedingungslosen Kapitulation aller seiner Streitkräfte im Mai 1945 untergegangen und die Bundesrepublik hat daher als neuer Staat eine rechtsgültige Verfassung erlangt oder sie hat diese als Rechtsnachfolger modifiziert. In beiden Fällen wäre die aktuelle Verfassung legitim und kann keinesfalls als illegal angesehen werden, wie durch die Verschwörungstheoretiker impliziert.