Der heilige Gral
Es handelt sich um ein Gefäß, dem keine klare Form in den Erzählungen bzw. Mythen zugrunde liegt: Es gibt Schriften, in denen er als Becher oder Trinkgefäß entweder aus Stein oder Metall beschrieben wird, der beim letzten Abendmahl Jesu Christi verwendet wurde und später bei der Kreuzigung Jesu sein Blut aufgefangen haben soll. Andere Schriften beschreiben ihn eher symbolisch, z. B.: als lebender Nachfahre Jesu Christi, oder einer Truhe, in der die zehn Gebote Moses aufbewahrt wurden. Es werden aber auch Mythen dargestellt, die nicht direkt im Zusammenhang christlicher Geschichten stehen und den Heiligen Gral als Quelle ewigen Lebens, Jugend, Glücks und Sorglosigkeit – ohne Hunger – beschreiben. Der Heilige Gral ist ein Mythos, der seit dem 12. Jahrhundert immer wieder thematisiert wird und dessen Faszination bis in unsere Zeit reicht. Im Folgenden werden Themen aufgegriffen, die nachhaltig waren und einigen Autoren und Filmdarstellern zu nennenswerten Erfolgen verhalfen.
Die Artus-Sage
Artus ist ein Sagenumwobener Mythos, der erstmals um 500 n. Chr. auftaucht. Er soll das Kind von König Uther von England und der Frau des damaligen Herzogs von Cornwall Igraine gewesen sein und wurde von Merlin, dem Zauberer, nach seiner Geburt, zu einem ehrwürdigen Ritter namens Ector gebracht, der ihn aufzog. Merlin sieht in Artus zukünftig einen König mit überragender Macht und überlässt seine Zukunft nicht dem Zufall. Er erschafft Excalibur, ein Schwert, das Ritter reinen Herzens zum Sieg verhelfen soll und stößt das Schwert in einen Stein, aus dem es nur ein Ritter reinen Herzens ziehen kann. Artus ist jener Held und wird damit König von England. Unter seiner Herrschaft wird über die Tafelrunde berichtet, an der nur die tapfersten Ritter teilnehmen durften, wie z. B.: Parzival und Lancelot. In diesem Zusammenhang tauchen dann auch Geschichten um den heiligen Gral auf. Der heilige Gral beinhaltet in dieser Mythologie das „Paradies“ bzw. einen geheimen Ort namens Avalon. Im Wesentlichen geht es um Unsterblichkeit, Weisheit und Macht. Nennenswerte Werke zu diesem Thema sind die Filme Excalibur, die Nebel von Avalon und Merlin, die dieses Thema aufgreifen.
Der Heilige Gral als christliches Artefakt
Aus religiöser Sicht wird der Heilige Gral mit dem letzten Abendmahl Jesu in Verbindung gebracht. Er soll das Gefäß gewesen sein, aus dem Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl vor Jesu Kreuzigung getrunken haben und Josef von Arimathäa sein Blut bei der Kreuzigung auffing. Es gibt keine eindeutigen Beweise für die Existenz eines solchen Gefäßes, aber den einen oder anderen Ort, an dem man angeblich im Besitz eines solchen war oder ist. So wird immer wieder in der Geschichte versucht, die sogenannte Gralsburg zu finden, zum einen in England und Wales, aber auch in den Pyrenäen. Z. B.: San Juan de la Pena, ein Kloster in den spanischen Pyrenäen, in dem man diesen Heiligen Kelch angeblich bewundern konnte und der heute in der Kathedrale von Valencia als Kelch von Achat zu bewundern ist. Auch die Schatzkammer des kunsthistorischen Museums in der Wiener Hofburg besitzt eine spätantike Achatschale, die man mit dieser Thematik in Zusammenhang bringt.
Während der französische Poet Crétien de Troyes sich vorwiegend auf die Artussage bezieht und Herkunft und Bedeutung des Grals im Dunkeln lässt, führt Robert de Baron erstmals christliche Aspekte in seinen Werken ein. Der Heilige Gral wird zu einem Symbol der Eucharistie, wie auch das Grabtuch oder Schweißtuch der Veronika. Mit Wolfram von Eschenbach, der Crétiens Roman Parzival ins Deutsche übersetzte und mit einigen Erzählungen erweiterte bzw. Inhalte nach seinem Empfinden veränderte, war der Mythos nicht mehr aufzuhalten. Richard Wagner vertonte die Gralslegende in seinen Werken Parsifal und Lohengrin, die bis heute bei den Bayreuther Festspielen bewundert werden. Durch den Franzosen Pierre Plantard, der glaubhafte Beweise fälschte, wurde der Heilige Gral personifiziert: er ließ die „Welt“ glauben, Maria Magdalena sei die Geliebte Jesu gewesen und habe von ihm Kinder geboren, in deren Existenz und deren Nachkommen der Heilige Gral – nämlich die leiblichen Nachfahren Jesu – als menschliches Erbe dargestellt wird. Der Film The Da Vinci Code – Sakrileg aus dem Jahr 2006 greift diese Thematik auf. Es gibt einige Filme und sogar Videospiele, die sich dieses Themas bedienen und auch in der Gegenwart relevant sind.
Der Heilige Gral – was ist so interessant daran?
Nur wenige Mythen überdauern die Jahrhunderte. Viele dieser alten Erzählungen sind nur noch in alten Schriften überliefert und werden auch nicht mehr diskutiert. Hier stellt sich die Frage, warum manche Legenden Zeit und Raum überwinden und im Gedächtnis der Menschen bleiben und Andere nur für gewisse Zeit relevant sind. Der Heilige Gral – Sinnbild für ewige Jugend, Überwindung des Todes, Glück, Freude, Essen im Überfluss, das Paradies – also Sinnbild für ureigene Wunschbilder der Menschheit. Fortbestand, Weiterentwicklung und Wohlstand entsprechen dem Idealbild der Menschen und sind ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Es ist nicht verwunderlich, dass Mythen, die diesem Thema entgegen kommen, sich über Jahrhunderte halten. Bequemlichkeit ist eine menschliche Empfindung und so wird der Traum mystischer Gegenstände oder Menschen, die in wenigen Sekunden bewirken, was sich im Grunde jeder wünscht, immer Raum in menschlichen Fantasien finden.