Kornkreise
Kornkreise sind unterschiedlich große Flächen in Getreidefelder, in denen die Ähren umgeknickt, abgemäht oder so gebogen sind, dass Kreise, Muster oder ganze Bilder entstehen, die von einem erhöhten Punkt in der Nähe oder aus der Luft gesehen werden können.
Ein historischer Überblick zum Thema
Das erste erhaltene Dokument, das auf einen Kornkreis hinweist, ist ein Buch namens „Dæmonolatria“, in dem der Lothringer Schöffe Nicolas Remy den Prozess beschreibt, in dem eine Gruppe von Männern und Frauen beschuldigt wurde, in einem Feld Teufelsanrufungen praktiziert zu haben. Das aus dem Jahre 1590 stammende Werk schildert einen Tanz mit bockshufigen Wesen am Platz des Geschehens. Auch eine britische Flugschrift aus dem Jahr 1878 weist den Kreisen im Feld einen dämonisch-teuflischen Ursprung zu und war mit „The Mowing Devil“ betitelt. Bis ins 20. Jahrhundert finden sich diese teuflischen Namensgebungen in verschiedenen Teilen der Welt wieder. In Südengland als „Devils Twist“ betitelt, sprechen die Amish People in den USA bis heute von „Hexendanz“ und „Deiwelskreis“.
Formen und Ausprägungen
Die Formen und Ausprägungen sind in den seltensten Fällen als Bericht erhalten geblieben, dennoch scheinen sie auch damals die Fantasie der Menschen so sehr angeregt haben, dass man mitunter Märchen- und Fabelwesen für die Kornformationen verantwortlich machte, weswegen die Kreise unbekannter Herkunft auch als „Feenringe“ bezeichnet wurden. Ein naturwissenschaftliches Magazin namens „Nature“ berichtete 1880 über das Phänomen und auch im deutschsprachigen Raum gibt es seit dem 19. Jahrhundert ähnlich lautende Berichte. Bis zur ersten Fotografie eines Kornkreises dauerte es noch einige Jahre, doch 1932 war es so weit. Fünf Jahre später wurde das Bild in einer archäologischen Zeitschrift in Großbritannien abgedruckt und zeigt eine Anordnung von vier Kreisen. Die Aufmerksamkeit der Medien erhielt das Phänomen erstmals 1966, als ein australischer Farmer über eine UFO-Sichtung berichtete und man an diesem Ort eine neun Meter durchmessende Fläche flachgedrückter Schilfhalme fand. 1978 fühlten sich durch diese Ereignisse zwei britische Künstler dazu inspiriert, in Südengland eigene Kornkreise zu formen.
Seit dem Ende der 1980er Jahre häufen sich die Sichtungen. Jährlich werden etwas 150 bis 300 Kornkreise weltweit gemeldet, wobei sich ein Großteil der gemeldeten Kreise in Südengland befindet. Auch in Deutschland, besonders im Norden, gehen gehäuft Berichte über solche Kreise ein. Trotz dieser Punkte mit wesentlich mehr gemeldeten Kreisen handelt es sich dennoch um ein globales Phänomen. Insgesamt gibt es bisher über 6000 verschiedene Kornkreise, die in 50 Ländern dokumentiert wurden. Komplexität und Aufbau der Formationen sind dabei unterschiedlich, wobei die Muster seit den 1990er Jahren kunstvoller und komplexer erscheinen. Dreiecke, Kreise und Linien sind dabei ebenso vertreten wie fotoblenden- und sägeblattförmige Muster. Der längste Kornkreis maß 1996 etwa 756 Meter, einer der bekanntesten stellt ein Best-of-Album der Band Led Zeppelin dar und die flächenmäßig größte Formation wurde mit einem riesigen Durchmesser von 240 Metern, bestehend aus 409 Teilkreisen in einem Weizenfeld in Südengland im Jahr 2001 entdeckt.
Erklärungsversuche
Die Forschung zu den Kornkreisen beschäftigt verschiedene Bereiche der Wissenschaft. Die Motive für die Untersuchung des Phänomens dehnen sich aber auch auf die Gebiete der Ufologie und des Mystizismus aus. Ein Problem bei der Ergründung der Getreideformationen stellen die fehlenden Quellen historischer Kreise dar, bei denen zwar oft Maßeinheiten angegeben sind, aber eine genaue Darstellung oder Andeutung eines Schemas fehlt. Die modernen Kornkreise unterscheiden sich sehr. Manche weisen spiralförmige, fraktale, elliptische, polygonale oder andere komplizierte Elemente auf, während andere wirklich reine Kreisanordnungen darstellen. Auch mathematische, astronomische und physikalische Sachverhalte wurden dokumentiert. Wiederkehrende Anordnungsmuster sind beispielsweise der Goldene Schnitt oder durch verschiedene Abstände ausgeführte Zahlenverhältnisse. Auch gänzlich nicht-geometrische Formen wurden dokumentiert, wie zum Beispiel der kabbalistische Lebensbaum oder reproduzierte Abbilder von Höhlenmalereien.
Theorien
Die ersten Theorien und Erklärungsversuche stammen aus dem 17. Jahrhundert und beschäftigen sich primär mit der Kausalität zwischen Wirbelstürmen sowie Luftwirbeln und dem großteils runden Erscheinungsbild der damals beobachteten Kornkreise. Mit der zunehmenden Komplexität und Formenvielfalt wurde dieser Ansatz allerdings schnell wieder verworfen. Da es keine Beobachtungen zur Entstehung der Kreise gibt, gehen die meisten Wissenschaftler von einer Entstehung durch Menschenhand aus. Eine Variante, wie diese Entstehung funktionieren könnte, ist die Verwendung eines Seils, das am Mittelpunkt des zukünftigen Kornkreises von einem Stock fixiert oder einem Menschen gehalten wird. Eine weitere Person zieht dieses Seil dann straff und knickt im Kreis laufend die Kornhalme um. Mit mehreren Teilnehmern oder dem Einsatz von Walzen geht die Produktion natürlich schneller vonstatten. Diese Theorie stößt bei komplexen Formen an ihre Grenzen. Bei diesen Varianten bedarf es genauer Planung, Skizzen und der Teilnahme mehrerer Personen, die koordiniert werden müssen. Das Anfertigen des Kornkreises geschieht dann heimlich.
Marketing Gags
Tatsächlich entpuppten sich solche Kreise im Nachhinein oft als „Marketing-Gag“ des Grundstücksbesitzers, der diese Art von Kreisen auch an gut einsehbaren Stellen wie Talsenken oder an Autobahnknoten anfertigen ließ. Diese Art der Werbung und auch die Behauptung, es handle sich um einen „echten“ Kornkreis, ist in Deutschland nicht illegal. Trotzdem gibt es viele Anhänger der Theorie, dass Kornkreise einen übernatürlichen, wenn nicht gar außerirdischen Ursprung haben müssen. Bestimmt komplexe Formen seien per Menschenhand nicht umzusetzen, behaupten namhafte Kornkreisforscher. Einer dieser Forscher behauptete beispielsweise, einen „echten“, übernatürlichen Kornkreis vor sich zu haben, nur um danach feststellen zu müssen, dass es sich bei diesem um einen von Menschen erzeugten Kreis handelte. Auch die beiden bereits im historischen Überblick genannten britischen Künstler perfektionierten mit der Zeit ihre Technik, die sich auf den Einsatz von Brettern und Seilen stützt. So konnten die beiden mit ein wenig Übung in relativ kurzen Zeiträumen große Kreise und Muster herstellen. Als sie damit fortfuhren, komplexe Muster in Felder zu pressen, behaupteten die Künstler noch eine ganze Weile, es handle sich dabei nicht um ihr Werk. Erst als die Ehefrau eines der beiden ihren Mann aufgrund hoher Benzinkosten der Untreue bezichtigte, lüfteten sie das Geheimnis um ihre nächtlichen Aktionen.
Doch nicht nur Wetterphänomene, menschliches Zutun oder das Wirken außerirdischer Mächte fanden Eingang in die verschiedenen Erklärungsmodelle. Die Pflanzenwelt selbst und das Vorkommen von Kornkreisen in beinahe jeder Form von Vegetation liefert einige Ansätze zum besseren Verstehen der Materie. Einfachere Formen wie Kreise und Ovale können durch Pilzbefall oder Pflanzenschädlinge verursacht werden. Nachweise dafür gibt es zwar nicht, jedoch arbeiten Wissenschaftler am weiteren Erproben dieser Theorie. Auch die Tierwelt bietet einige Ansätze. Experten sprechen von „Brunftkreisen“, die entstehen können, wenn ein Rehbock ein weibliches Reh während der Brunft in einem Feld oder auf einer Wiese im Kreis treibt. Die komplexen Formen werden durch dieses Modell allerdings ebenfalls nicht abgedeckt.
Abgelehnte Erklärungen
Während die Wissenschaft in Flora und Fauna nach einer Lösung für das Problem sucht, gibt es einige Theorien, die von ihr bereits verworfen oder nie anerkannt wurden. Ein Kriterium für das Ablehnen dieser Modelle ist unter anderem die fehlende Evidenz. So schließen renommierte Wissenschaftler das Zutun übernatürlicher oder unbekannter Mächte aus, solange es keinen Hinweis auf deren tatsächliche Existenz gibt. Auch eine Art kollektiver pflanzlicher Intelligenz, vergleichbar mit der der Bienenstämme, wird nicht weiter in Betracht gezogen. Auch die Auswirkungen genmanipulierter Getreidesorten, magnetische Anomalien oder die Existenz sogenannter morphogenetischer Felder sind Theorien und Erklärungsversuche, die die Wissenschaft ins Reich der Märchen und fabeln einordnet.