Zukunft der Globalisierung
Die Globalisierung ist auf lange Sicht ein kontinuierlich ablaufender Prozess, der von keiner Instanz aufgehalten werden kann. In einem groben Modell ist die Globalisierung mit der Industrialisierung vergleichbar. Sie führte zu einem allgemein steigenden Wohlstand, der die Kosten einer auseinanderdriftenden Gesellschaft von armen und reichen Schichten in Kauf nehmen musste. Dabei wird der Globalisierung gerade im wirtschaftlichen und politischen Bereich ein hoher Stellenwert zugeschrieben. Umso wichtiger erscheint es Politikern und Konzernen eine Prognose für die Globalisierung in den kommenden Jahren zu finden. Eine aussagekräftige Prognose ist allerdings aus dem heutigen Stand nicht realisierbar, da viele Veränderungen der Zukunft nicht ausreichend eingeschätzt werden können. Stattdessen beschäftigen sich die Wirtschaftsexperten mit möglichen Zukunftsszenarien, die in den kommenden Jahrzehnten eintreten könnten.
Die globale Nachhaltigkeit
Die Organisation World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) entwickelte die „Globalen Szenarien“, die sich mit dem Sachverhalt beschäftigen, inwiefern der Mensch die Vorstellungen einer weltweiten Nachhaltigkeit umsetzen kann. Dabei kalkuliert WBCSD die Bereitschaft einzelner Konzerne zur Verwendung diverser Umweltprojekte sowie die damit verbundenen Herausforderungen im wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Bereich. Die Szenarien entstanden dabei auf der Basis von mehr als 150 Befragungen mit zahlreichen Geschäftsleitern internationaler Unternehmen. Das bekannteste Szenario geht dabei von der Tatsache aus, dass die Belastbarkeit des Ökosystems nur schwer einzuschätzen ist. Dies soll weltweite Konzerne dazu verleiten, die Nachhaltigkeit nur in geringen Maßen voranzutreiben. Erst durch die einsetzenden Folgen und den damit verbundenen Wertewandel der Gesellschaft würden sich die Unternehmen zu einer leitenden Organisation einigen, welche für die Planung und Durchsetzung eines Nachhaltigkeitsprojektes verantwortlich ist.
The Great Transition
Internationale Bekanntheit erlangte auch das Szenario „Great Transition“, welches von der Organisation Global Scenario Group (GSG) entwickelt wurde. Bei der Entwicklung des Zukunftsmodelles kooperierten internationale Experten an den möglichen Veränderungen der Globalisierung im 21. Jahrhundert. In ihrem Ergebnis, veröffentlicht in der Publikation „The promise and lure of the times ahead“, gehen die Experten von einem kontinuierlichen Übergang zu einem post-materialistischen und nachhaltigen Konsumverhalten der Gesellschaft aus. Nach einer Reihe von exponentiell steigendem Wohlstand und einem zunehmenden Bevölkerungswachstum soll dabei die Gesellschaft nun in eine planetare Phase übergehen, die auf ein bedachtes Konsumverhalten ausgerichtet ist.
The Long Boom
Als ein optimistisches Szenario erweist sich das Zukunftsmodell „The Long Boom“. Dieses basiert auf einer Überlegung von Peter Schwartz, einem Leiter des US-amerikanischen Beratungsunternehmens Global Business Network. Das Szenario geht dabei von einer voranschreitenden technologischen Entwicklung aus, die zahlreiche Bereiche wie die Informationstechnik oder die Wasserstoff- und Nanotechnologie umfasst. Die Wirtschaft soll dabei nicht nur einen neuen Boom erleben, sondern auch verstärkt auf einen nachhaltigen Fortschritt eingehen. Des Weiteren soll sich auch der Lebensstandard von armen Menschen weltweit verbessern. Darüber hinaus soll die Problematik einer Endlichkeit von fossilen Brennstoffen und weiteren Ressourcen durch eine neue regenerative Energietechnik gelöst werden. Dies soll schließlich zu einem friedlichen und kooperativen Zusammenleben der Menschen auf nationalem und internationalem Raum beitragen.
Die Meilensteine der Zukunft
Aus den Zukunftsszenarien lässt sich bereits erkennen, welche Themen in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen werden. Ein großes Kapitel umfasst dabei die Nachhaltigkeit. Im Wechselspiel von Umweltveränderungen und Wirtschaftswachstum wird diese einen Kompromiss der Nationen auf der gesamten Welt erfordern. Nahezu parallel verläuft dazu auch die Problematik der Ressourcenknappheit. Einige Experten warnen sogar vor einem drohenden Ressourcenkrieg, sollte der Energiekonsum nicht auf eine nachhaltige Strategie über regenerative Energiequellen umgestellt werden. Die Experten sind sich dabei einig, dass eine weltweite Energiewende in diesem Maße auch eine aufwendige Forschungsarbeit der alternativen Energiequellen erfordern würde. Der Bedarf nach Innovation beschränkt sich dabei jedoch nicht nur auf die Energiequellen, sondern umfasst das gesamte Konsumverhalten der Menschen. Zwar soll die Gesellschaft – zumindest in fortschrittlichen Ländern – in eine planetare Phase übergehen, allerdings wird ein steigender Konsum und ein damit einhergehendes Wirtschaftswachstum eine Notwendigkeit für den Lebensstandard der Menschen darstellen.
Internationale Institutionen
In Anbetracht der komplexen und weitreichenden Herausforderungen der Zukunft gehen Experten davon aus, dass nationale Entscheidungen zu einer ausreichenden Lösung nicht mehr beitragen werden können. Die Schlüsselrolle sollen stattdessen international gegründete Institutionen, wie zum Beispiel die Weltbank oder die Welthandelsorganisation WTO, übernehmen. Allerdings werden diese nach der Ansicht der Experten reformiert werden müssen. Nach wie vor dominiert in diesen nämlich der Westen, wodurch die „Dritte Welt“ im Bereich der politischen Abstimmungsprozesse nicht gleichberechtigt wird. Die Unklarheit der Experten bezieht sich dabei auf Frage, wie diese Veränderungen in der Zukunft zustande kommen werden. Werden die Nationen zu diesen Veränderungen durch einschneidende Krisen gezwungen oder werden sie sich durch eine demokratische Diskussion bereits vorher einigen können?
Die Gewinner und Verlierer der Globalisierung
Wie sich die Globalisierung in den einzelnen Nationen entwickeln wird, lässt sich heute kaum vorhersagen. Allerdings gehen einige Experten davon aus, dass das internationale Machtpol auf asiatische Wirtschaftsgiganten, wie China oder Indien, übergehen könnte. Bereits heute lässt sich im Westen nämlich eine Abschwächung der Globalisierung feststellen. Stagnationen der Wirtschaft und erhöhte Arbeitslosigkeitsquoten sollen in der Zukunft zunehmen, sofern keine Gegenmaßnahmen der zuständigen Regierungen getroffen werden. Diese Gegenmaßnahmen setzen allerdings voraus, dass bisherige Entwicklungsländer zunehmend als Kooperationspartner auf derselben Augenhöhe angesehen werden.