Industrialisierung in Österreich
Grundsätzlich bezeichnet der Begriff Industrialisierung den Übergang von landschaftlicher Produktion beziehungsweise von der Manufaktur zur industriellen Produktionsweise. Es handelt sich bei der Industrialisierung um einen historischen Epochenbegriff, der die Zeit der europäischen industriellen Revolution beschreibt. Die maschinelle Herstellung von Gütern sowie Dienstleistungen setzte sich immer mehr durch. In der Epoche der Industrialisierung verbreiteten sich industrielle Produktionsformen. Die Produkte konnten durch die Liberalisierung der Handelsbeschränkungen leichter durch Europa transportiert und veräußert werden.
Die drei Hauptsektoren waren die Rohstoffgewinnung, wozu unter anderem die Viehzucht und die Förderung von Bodenschätzen gehört, die Verarbeitung der Rohstoffe und diverse Dienstleistungen. Österreich gehört zu den Ländern, die nur langsam und zögerlich an der Industrialisierung teilnehmen konnten, was dazu führte, dass ein Rückstand gegenüber anderen Ländern in Westeuropa entstand. Innerpolitische und wirtschaftliche Hürden verhinderten zunächst, dass der Prozess sich in Österreich zeitgleich mit anderen Ländern in Europa ausbreiten konnte.
Hürden der Industrialisierung in Österreich
Zu den größten Hindernissen zählte unter anderem das Ansiedlungsverbot für Fabriken Anfang des 18ten Jahrhunderts. Dies verhinderte zunächst, dass sich industrielle Betriebe ansiedeln konnten. Außerdem lagen lange Kriegszeiten hinter Österreich, die für Kapitalknappheit sorgten und eine Inflation verursachten.
Zudem bremste die Führung des Landes die Entwicklung. In der Zeit „Vormärz“, welches die Zeit zwischen dem Wiener Kongress und der Revolution 1848 bezeichnet, ist es das Ziel von Franz I mit seinem Kanzler Metternich die Industrialisierung mit allen Mitteln aufzuhalten. Die Devise war, dass alles so bleiben sollte wie es war und die industrielle Entwicklung das Land und die Traditionen vernichten würden. Damit wird ein äußerer Frieden repräsentiert und für den äußeren Schein aufrecht erhalten, der allerdings im Inneren durch Unterdrückung hintertrieben wird.
Die Zensur, die in dieser Zeit auferlegt wird, ist eine sehr umfassende Variante. Diese bezog sich nicht nur auf Schrift und Druck, die nur mit Genehmigung veröffentlicht werden durften, sondern auch auf bildliche Darstellungen, Buchillustrationen, Landkarten und alle literarischen Werke.
Industrialisierung konnte nicht aufgehalten werden
Trotzdem konnte die Industrialisierung in Österreich nicht aufgehalten werden. Autoren veröffentlichten ihre Werke im Ausland, was für viel Aufmerksamkeit sorgte. Die unterdrückten Bürger setzen sich im Hintergrund durch, die Zeit der Manufaktur ging langsam dem Ende zu. Das Bürgertum wurde mächtiger und wohlhabender im Gefolge war die Arbeiterschaft.
Der bisher mächtige Adel verlor mit der agrarischen Abhängigkeit an Bedeutung und Macht. Mitte des 19ten bis Anfang des 20ten Jahrhunderts wurde Österreich als industrialisierter Agrarstaat (Volkswirtschaft landwirtschaftlich orientiert) bezeichnet. Die späte Industrialisierung in Österreich setzte im zweiten Weltkrieg wieder mit Gegenwehr ein.
Der Beginn des Wandels und deren Auswirkungen in Österreich
Die Industrialisierung war im Land auf einige Standorte beschränkt (Mur-Mürz-Furche, südliches Wiener Becken und Rheintal). In der Gründerzeit nach 1840 beginnt die verstärkte Industrieansiedelung in Wien, Böhmen und Mähren. Mitte des 19ten Jahrhunderts, nach der gescheiterten Märzrevolution, kam schließlich die Eingemeindung der Vorstädte, die ebenfalls in der Zeit des Vormärz verhindert werden sollte.
Dem folgte der Zuzug vieler Menschen aus anderen Landkreisen. Dies führte dazu, dass Wien Anfang des 20. Jahrhunderts die fünftgrößte Millionenstadt wurde. Die große Bautätigkeit des wohlhabenden Bürgertums in Wien sorgt allerdings dafür, dass die Altstadt kaum noch erhalten ist, da die Industrieansiedelungen historische Gebäude und Betriebe vertreiben.
Wohnungsnot in den Städten
In anderen Städten von Österreich beschränkte sich die verstärkte Ansiedlung auf die Vorstädte, so dass dort die Innenstädte verschont blieben und bis heute die Altstädte erhalten sind. Der Zuzug aus ländlichen Gegenden führte auch in anderen Städten zu erheblichen Konsequenzen im Laufe der folgenden Industrialisierung in Österreich. Die Städte und Vorstädte wurden überschwemmt, so dass eine große Wohnungsnot entstand. Zu dem entwickelten sich eine Wirtschaftskrise und eine hohe Arbeitslosigkeit, da noch nicht genügend Industriebetriebe angesiedelt waren. Dadurch stieg die Kriminalität sprunghaft an.
Für die bisherigen Betriebe hatte die Industrialisierung zur Folge, dass kleine Gewerbetreibende und Handwerker, die bisher ein gutes bis sehr gutes Auskommen hatten, ihre Selbständigkeit aufgeben mussten und verloren. Sie mussten Arbeiten zu niedrigen Löhnen annehmen, um überhaupt überleben zu können. Die Manufaktur verlor während der Industrialisierung immer mehr an Bedeutung bis diese schließlich beinah ganz verschwunden war. In den Fabriken herrschten außerdem unmenschliche Arbeitsbedingungen. Ein 14 Stundentag war die Regel und Sonntage, damit die Sonntagsruhe gab es nicht mehr.
Die Löhne hielten sich am unteren Existenzminimum, so dass selbst Kinderarbeit in Kauf genommen werden musste, um die Familie überhaupt am Leben zu erhalten. Im Bergbau wurden Kinder sogar sehr gern als Arbeitskräfte eingesetzt, da diese auch in kleinere Schächte passten und auf diese Weise Kosten gespart sowie mehr Gewinn gemacht werden konnte.
Aufschwung unaufhaltsam
Dennoch der wirtschaftliche Aufschwung war auch in Österreich nicht mehr aufzuhalten. Im Zuge der Industrialisierung gründeten sich neue Firmen und hochqualifizierte Produkte entstanden, dazu gehört zum Beispiel die Seidenindustrie. Eine exportfähige Industrie entstand. Die wirtschaftliche Depression konnte überwunden werden auch durch den verstärkten Einsatz von Dampfmaschinen und dem Ausbau des Eisenbahnnetzes. Durch die Aufhebung der Kontinentalsperre in England kamen erneute Probleme auf Österreich zu. England gelangte auf den Vormarsch und Österreich wurde erneut in der Industrialisierung gebremst.