Archimedes

Der Grieche Archimedes kann als einer der bedeutendsten Mathematiker aber vor allem Physiker des Altertums angesehen werden, dessen aufsehenerregende Arbeiten die technische Entwicklung auf der ganzen Welt bis weit ins Mittelalter hinein verändert haben. Die von ihm entdeckten und beschriebenen physikalischen Gesetze verbreiteten sich über die Jahrhunderte in alle Teile der Welt und führten dort zur Konstruktion von neuen, wirkungsvollen Maschinen und verbesserten technischen Möglichkeiten. Viele von ihm erstmals entdeckte Gesetze finden bis heute in unserem Alltagsleben Anwendung – vom Gesetz der Hebelwirkung bis zur archimedischen Schraube, die auch heute noch in modernen Förderanlagen verwendet wird.

Über das Leben des Archimedes ist indes nur wenig bekannt, und vieles, was über die Jahrhunderte erzählt wurde, kann unbesehen in das Reich der Legenden und Ausschmückungen abgetan werden. Sicher ist in jedem Fall, dass Archimedes im Jahr 287 v. Chr. in der Stadt Syrakus in Sizilien geboren wurde, und wohl die meiste Zeit seines Lebens bis zu seinem Tod im Jahr 212 dort verbrachte, abgesehen von einem längeren Aufenthalt in Alexandria, dem wissenschaftlichen und geistigen Zentrum dieser Zeit im griechischen Weltreich. Auch Sizilien war damals noch ein Teil Griechenlands. Als Sohn des Pheidias, des Hofastronomen des syrakischen Königs, kam er wohl schon früh mit Mathematik in Berührung. Eine sehr enge Beziehung zum Herrscherhaus war nützlich um seine Talente voll entwickeln zu können. Ein jähes Ende fand sein Leben während der Eroberung von Sizilien durch das schon aufstrebende römische Weltreich, als er bei der Einnahme der Stadt Syrakus durch einen römischen Soldaten getötet wurde. Der Legende nach war er zu diesem Zeitpunkt gerade in eine mathematische Berechnung so vertieft, dass er kaum mitbekam was um ihn herum vorging. Sein unmutig gemurmeltes „noli me tangere circulos meos“, „stört meine Kreise nicht“, ging danach als geflügeltes Wort rund um die Welt und ist bis heute bekannt.

Obwohl seine Werke und Entdeckungen von kolossaler Bedeutung für die technische Entwicklung waren, und bis hinein ins Mittelalter als wichtige Grundlage der Wissenschaft galten, geriet die Person Archimedes in der antiken Welt sehr schnell in Vergessenheit, schon nach weniger als hundert Jahren war bereits die Lage seines Grabes kaum mehr bekannt. Auch seine Schriften wurden zwar später in viele Sprachen der Welt übersetzt, sogar ins arabische, wo sie in der ausgeprägten Gelehrtengesellschaft der arabischen Welt im Mittelalter als Pflichtlektüre galten, die ersten Jahrhunderte nach Archimedes Tod fanden sie jedoch nur sehr wenig Beachtung. Einige der Werke, die Archimedes zugeschrieben werden gelten auch als verschollen, von einigen existierten im Mittelalter der Überlieferung nach noch arabische Übersetzungen.

Hebelgesetz und Archimedisches Prinzip – die Entdeckungen Archimedes

Zeitgenossen berichten, dass Archimedes ein eingefleischter Theoretiker war, der lieber Berechnungen anstellte, als praktische Maschinen zu bauen. Normalerweise tat er das nur, um die Wirksamkeit und Gültigkeit der von ihm entdeckten Prinzipien zu beweisen. Nichtsdestotrotz sind seine Entdeckungen – und Entwürfe – aber vor allem für die Mechanik der Antike und des Frühmittelalters sehr bedeutsam gewesen. Seine erste – und eine der wichtigsten Leistungen – war, das schon bei Aristoteles beschriebene Hebelgesetz zu vervollständigen und berechenbar zu machen. Mit seinem „Gleichgewicht ebener Flächen“, dem ersten seiner Werke, setzt Archimedes bereits die wichtigsten mathematischen Grundlagen für die Statik von Systemen. Den praktischen Beweis trat er an, indem er ein voll beladenes Schiff von einem einzelnen Mann über Flaschenzüge und Hebel bewegen ließ. Das nach ihm benannte archimedische Prinzip besagt hingegen, dass ein in Flüssigkeit getauchter Körper genau so viel Wasser verdrängt, wie er selbst Volumen hat. Damit war eine Grundlage für die Volumensmessung unregelmäßig geformter Körper gelegt, aber auch für die exakte Gewichtsbestimmung. Auf diese Art und Weise kann auch beispielsweise der Goldgehalt von Legierungen bestimmt werden. Die Entdeckung des Gesetzes der kommunizierenden Gefäße – in verbundenen Gefäßen ist der Flüssigkeitsstand stets gleich hoch – geht auf das Konto von Archimedes. Im Bereich der Optik entdeckte Archimedes die Brennspiegel, die durch Bündelung der Sonnenstrahlen auf einen Punkt ein Feuer entfachen können, die archimedische Schraube entstand aus einer sehr einfachen ägyptischen Vorrichtung zur Feldbewässerung, die Archimedes möglicherweise später zu Lenzpumpen umfunktioniert hatte, die eingedrungenes Wasser aus Schiffsrümpfen entfernen sollten.

Mathematische Erkenntnisse

Im Bereich der Mathematik machte sich Archimedes, seinen Werken zufolge, vor allem Gedanken um besonders große und unendliche Zahlen, aber auch um die Flächenberechnung. Er war der erste, der für die Berechnung der Kreiszahl Pi ein funktionierendes numerisches Verfahren entwickelte, nahm aber gleichzeitig bereits die wichtigsten Gesetzmäßigkeiten der erst viele Jahrhunderte später entwickelten Integralrechnung vorweg. Überlieferungen zufolge soll er auch ein mechanisches Planetarium entwickelt und gebaut haben, was in jüngster Zeit wieder als sehr wahrscheinlich angesehen wird, seit dem der Antikythera-Mechanismus, eine Art antiker Computer-Kalender aus Zahnrädern, Zeigern und Wellen, gefunden wurde. Archimedes könnte durchaus bereits in der Lage gewesen sein, die von der Erde aus zu beobachtenden Bewegungen von Sonne, Mond und den Planeten mittels eines mechanischen Apparates zu simulieren.

Die Verbreitung der Schriften von Archimedes

In der antiken Welt waren es lediglich die Mathematiker Heron und Theon, die des öfteren auf Schriften des Archimedes Bezug nahmen, was ihn allerdings auch nicht sehr weithin bekannt machte. Als wichtigster Faktor für die Bekanntheit von Archimedes kann erst der Grieche Eutokios, der rund 700 Jahre nach Archimedes lebte. Er kommentierte nahezu alle zum damaligen Zeitpunkt noch vorhandenen Schriften des Archimedes sehr ausführlich, und machte ihn damit erstmals weithin bekannt. Wirklich weite Verbreitung fanden die Schriften des Archimedes aber erst durch die lateinische Übersetzung von Wilhelm von Moerbeke, die 1269, also fast tausend Jahre nach Archimedes Tod herauskamen. Von da an waren sie im gesamten europäischen Mittelalter als bedeutsame Grundlagenwerke bekannt, auf denen auch viele spätere mathematische Entwicklungen beruhen.

Heutige Bedeutung

Im arabischen Sprachraum erlangten die Werke schon einige Jahrhunderte früher eine wichtige Verbreitung, was zur wissenschaftlichen Überlegenheit der arabischen Gelehrten gegenüber den europäischen sowohl in mathematischer als auch in astronomischer und physikalischer Hinsicht führte. Auf den berühmten arabischen Universitäten wurde Archimedes bereits ab dem 9. Jahrhundert gelehrt. Von vielen der später als verschollen geltenden Werke existierten im Mittelalter der Überlieferung nach noch arabische Übersetzungen, es handelt sich dabei hauptsächlich um Werke aus der Geometrie, von denen heute keines mehr vorhanden ist, und einiger mathematischer Werke, die sich anscheinend mit dem Lösen von komplexen Gleichungen beschäftigen. Viele noch in der Antike Archimedes zugeschriebene Werke sind möglicherweise nicht von ihm, oder lediglich Erweiterungen oder Kommentare zu früheren Werken aus dem Bereich der Mathematik, der Astronomie oder der Physik und Geometrie.

Das Archimedes Arbeiten auf einer Vielzahl von früheren mathematischen Arbeiten aufbauen, kann heute als sicher angenommen werden, möglicherweise waren viele der Erkenntnisse, die Archimedes in seinen Schriften niederlegte, bereits in früheren Werken ganz oder teilweise vorweggenommen, so wie Archimedes selbst bereits die Integralrechnung zur Flächenbestimmung bereits viele Jahrhunderte zuvor in seinen grundlegenden Werken vorweg genommen hat. Nichtsdestotrotz bleibt er einer der bedeutendsten Physiker, Mathematiker und Ingenieure der klassischen Antike, dessen Werke die Grundlage der gesamten technischen Entwicklungen des Mittelalters waren, und die teilweise auch für heutige technische Anwendungen noch in ihrer ursprünglichen Form Bedeutung haben oder immer noch unverändert verwendet werden.

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