Gerhard Schröder
Gerhard Schröder war von 1998 bis 2005 der siebente Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Zuvor regierte der SPD-Politiker von 1990 bis 1998 das Land Niedersachsen als Ministerpräsident. Zeitweise war Schröder auch Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Seit seiner Abwahl als Bundeskanzler im Jahr 2005 arbeitet er in seinem ursprünglichen Beruf als Rechtsanwalt und ist in beratenden und Wirtschaftsfunktionen tätig.
Kindheit, Beruf und Start der politischen Karriere
Gerhard Fritz Kurt Schröder, so der vollständige Name, kam am 7. April 1944 in Mossenberg im damaligen Freistaat Lippe (heute NRW) als Sohn von Erika und Fritz Schröder zur Welt. Sein Vater starb als Soldat der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Schröder berichtete später selbst, er sei unter sehr ärmlichen Verhältnissen groß geworden. Im Jahr 1958 schloss er die Volksschule ab und begann eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Die Hochschulreife erwarb er 1966 auf dem Zweiten Bildungsweg am Westfalenkolleg in Bielefeld. Schröder studierte Jura in Göttingen. 1974 legte er das erste, 1976 das zweite juristische Staatsexamen ab und ist seither Volljurist. Seine berufliche Karriere begann er als Rechtsanwalt in einer Hannoveraner Anwaltskanzlei. Später vertrat er unter anderem den RAF-nahen Juristen Horst Mahler.
Gerhard Schröder wurde 1963 Mitglied der SPD. Von 1978 bis 1980 war er Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten (Jusos). In dieser Zeit soll er angeblich am Tor des Bonner Bundeskanzleramtes mit dem Ruf gerüttelt haben: „Ich will da rein!“ Bei der Bundestagswahl 1980 errang Schröder ein Bundestagsmandat und gehörte dem deutschen Parlament bis 1986 an. 1986 ging er als Spitzenkandidat der niedersächsischen SPD in den Landtagswahlkampf. Seine Partei konnte trotz Stimmengewinnen aber nicht die Landesregierung bilden. Trotzdem legte Schröder sein Bundestagsmandat nieder und übernahm die Rolle des Oppositionsführers im niedersächsischen Landtag. Beim zweiten Anlauf gelang ihm der Erfolg in Niedersachsen und er wurde am 21. Juni 1990 von einer rot-grünen Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt. 1994 und 1998 wiederholte Schröder seine Wahlerfolge in Niedersachsen. Insbesondere in seiner zweiten Amtsperiode, in der die SPD allein die Landesregierung stellte, realisierte Schröder ein striktes Sparprogramm zum Abbau der Landesverschuldung. Insbesondere die Personalkürzungen in der Bildung und bei der Polizei fanden nicht die ungeteilte Zustimmung seiner eigenen Partei.
Siebenter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
Bereits am Abend der Niedersachsen-Wahl vom 1. März 1998 positionierte SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering den Wahlsieger Gerhard Schröder als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl im selben Jahr in der Öffentlichkeit. Auch diese Wahl wurde gewonnen. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik stellte eine rot-grüne Koalition den Bundeskanzler. Gerhard Schröder wurde am 27. Oktober vor dem deutschen Parlament vereidigt. In Gerhard Schröders erste Amtsperiode fallen politische Entscheidungen wie die Einführung der Ökosteuer sowie der erste Beschluss zum Atomausstieg. Das Staatsbürgerschaftsrecht wurde modifiziert, Einwanderungen erleichtert sowie Steuer- und Rentenrecht überarbeitet. Die Rentenreform wurde von der Opposition unter dem Schlagwort „rot-grüne Rentenlüge“ zu einer Kampagne gegen Schröder genutzt. Während der ersten Amtsperiode von Gerhard Schröder als Bundeskanzler waren erstmals Soldaten der Bundesrepublik Deutschland an Kampfeinsätzen beteiligt. Luftwaffeneinheiten wurden im Kosovo eingesetzt. Außerdem wurden die ersten deutschen Soldaten im Rahmen der UNO-Mission ISAF nach Afghanistan entsandt.
Laut der Umfrageergebnisse hatte die rot-grüne Koalition im Bundestagswahlkampf 2002 ihre Spitzenposition bereits eingebüßt. Nach Ansicht von Beobachtern brachte Schröders beherztes und medienwirksames Eintreten für die Opfer der ostdeutschen Flutkatastrophe kurzfristig die Wende und einen knappen Wahlsieg. Auch Schröders Nein zu einer deutschen Beteiligung am Golf-Krieg soll hier geholfen haben. Die zweite Amtsperiode von Gerhard Schröder ist vor allem mit den noch heute in weiten Teilen seiner Partei und der Öffentlichkeit umstrittenen Reformen der „Agenda 2010“ verbunden. Dazu gehörte unter anderem der unter dem Namen Hartz I bis IV bekannt gewordene Umbau der sozialen Systeme für Arbeitslose und Bedürftige. Schröder nutzte mehrmals das Mittel der Rücktrittsdrohung, um seine Partei hinter seine politischen Entscheidungen zu bringen. Am 1. Juli 2005 stellte er im Bundestag die Vertrauensfrage und scheiterte. Es schloss sich eine Diskussion darüber an, ob seine Abwahl unzulässiges eigenes politisches Kalkül gewesen sei. Entsprechende Klagen wurden vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen und am 18. September 2005 fanden Neuwahlen zum Deutschen Bundestag statt. Dabei kam es zu einem politischen Patt. Die SPD wurde zwar stärkste Partei, aber die Zahl der Stimmen reichte nicht für eine rot-grüne Koalition. Entsprechend der politischen Gepflogenheiten wäre es nun Sache der CDU/CSU als stärkster Fraktion im neuen Bundestag gewesen, in einer großen Koalition den Bundeskanzler zu stellen. Dieses Privileg forderte aber Schröder in einer abendlichen TV-Talkrunde für sich ein.
Erst sein Rückzug aus der Politik machte schließlich den Weg frei für eine schwarz-rote Regierungskoalition unter Führung von Angela Merkel mit Franz Müntefering als Vizekanzler. Schröder galt in seiner Amtszeit vielen als zu wenig USA-freundlich. Berichtet wurde nicht nur von persönlichen Spannungen zwischen ihm und dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush, sondern auch von einem generell wachsenden Misstrauen in den USA gegenüber Deutschland. Demgegenüber galt das gute persönliche Verhältnis zwischen Schröder und dem französischen Präsidenten Jacques Chirac als Motor der guten Beziehungen zwischen Deutschland und seinem westlichen Nachbarn.
SPD-Vorsitzender mit umstrittenen Positionen
Mit Gerhard Schröders erster Amtsperiode als Bundeskanzler verbinden sich die Auseinandersetzungen mit Oskar Lafontaine. Der war als „Superminister“ für Finanzen mit weitreichenden Wirtschaftskompetenzen ausgestattet worden. Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten führten dazu, dass Lafontaine im März 1999 das Kabinett Schröder verließ und auch den SPD-Vorsitz niederlegte. Bereits 1993 hatte Gerhard Schröder Ambitionen auf das Amt des SPD-Bundesvorsitzenden. In einer Mitgliederbefragung unterlag er allerdings dem damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz Rudolf Scharping. Nun übernahm er die Aufgabe von Lafontaine und wurde als Bundesvorsitzender in den Jahren 2001 und 2003 wiedergewählt. Am 6. Februar 2004 verkündete Gerhard Schröder seinen Rücktritt vom SPD-Bundesvorsitz. Er begründete das mit der Absicht, sich noch intensiver der Regierungsarbeit widmen zu wollen. Beobachter machten aber seinen zunehmenden Popularitätsverlust, vor allem im Zusammenhang mit der „Agenda 2010“ für die Entscheidung verantwortlich. Auf einem Sonderparteitag wurde Franz Müntefering zu seinem Nachfolger gewählt. Teile seiner Partei haben Schröder die damaligen sozialpolitischen Entscheidungen, so heißt es immer wieder in Medienberichten, bis heute nicht verziehen.
Eine Zeitlang machte auch das Wort die Runde, er sei der „Genosse der Bosse“ gewesen. Öffentliche Kritik bekam Gerhard Schröder unter anderem für sein Auftreten vor Führungskräften des Finanzdienstleisters AWD zu spüren. Dessen Chef Carsten Maschmeyer hatte schon 1998 für 650.000 DM zur Unterstützung Schröders plakatieren lassen: „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“. Umstritten war auch stets das Verhältnis von Gerhard Schröder zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Insbesondere die Formulierung, dieser sei ein „lupenreiner Demokrat“, wurde Schröder vorgeworfen.
Lobbyist und Berater
Lange Zeit hatte es den Anschein, als würde Gerhard Schröder nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler öffentliche Auftritte meiden. Bereits wenige Wochen nach seinem Abdanken wurde bekannt, dass er als Aufsichtsratschef an die Spitze der russischen Gazprom-Tochter Nord Stream AG wechseln wird. Noch zu Schröders aktiven politischen Zeiten hatte es im Zusammenhang mit Gazprom politische Auseinandersetzungen um eine Milliarden-Kreditbürgschaft der Bundesrepublik gegeben. Schröder bestritt damals, von den Verhandlungen gewusst zu haben. Gerhard Schröder arbeitet als Berater für den in Zürich ansässigen Ringier-Verlag und für weitere Institutionen und Gremien in Wirtschaft und Politik. Mittlerweile ist Gerhard Schröder wieder etwas stärker in den Focus der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Schröder ist in vierter Ehe verheiratet. Seine Gattin Doris Schröder-Köpf ist Journalistin. Sie unterlag als SPD-Kandidatin bei der niedersächsischen Landtagswahl im Januar 2013 im Kampf um ein Direktmandat ihrem CDU-Konkurrenten. Gerhard Schröder ist Adoptivvater von vier Kindern. Er lebt mit seiner Familie in Hannover.