Jesus von Nazareth
Jesus von Nazareth ist einer der berühmtesten Menschen der Menschheitsgeschichte. Der Wanderprediger aus Galiläa wurde zum Begründer der zahlenmäßig größten und bis heute einflussreichsten Religion der Geschichte. Seine Botschaften sind ungebrochen wie auch das Interesse an diesem Menschen als Religionsstifter, Prediger des Friedens und nicht zuletzt auch als historische Figur. Über allem steht indes die Frage, wer er wirklich war: Ein Rebell, ein Mensch, ein gläubiger Jude, der den nahenden Weltuntergang predigte oder gar der Messias, der Sohn Gottes, der jungfräulich geborene Erlöser, der die Menschheit von ihren Sünden befreit hat, indem er stellvertretend für uns den Kreuzestod erlitt? – Der den Tod überwand? – Der Auferstandene, der im Himmel zur Rechten Gottes sitzt und einst Gericht halten wird über uns? So wenig über den historischen Jesus von Nazareth im Grunde bekannt ist, so zahllos sind die Bücher und Interpretationen über sein Wirken, sein Kommen und sein Gehen.
Spärliche Faktenlage zu Jesus von Nazareth
Als unstrittig gilt heute, dass Jesus von Nazareth etwa von 28 – etwa 30 n.Chr. in Galiläa wirkte und predigte und hernach am Kreuz starb. Seine Geburt muss sich um das Jahr 7 v. Chr. zugetragen haben, unsere Zeitrechnung ist also falsch: Jesus soll zur Zeit des Königs Herodes geboren worden sein, der indes bereits im Jahre 4 v. Chr. verstarb. Die übrigen biblischen Angaben lassen sich mit römischen Aufzeichnungen teilweise nur schwer in Einklang bringen, doch entsprechen die genannten Zahlen dem Stand der heutigen Forschung. Obwohl eine Geburts- und eine Grabeskirche den Geburtsort und den Ort des Martertodes markieren, ist es nicht sicher, ob es sich hier um die tatsächlichen Schauplätze des Geschehens handelt. Unzählige Reliquien, welche in Rom und an anderen heiligen Stätten aufbewahrt werden, sind ebenfalls nicht sicher dem Erlöser zuzusprechen; das berühmte Turiner Grabtuch gilt heute als eine Fälschung aus dem Mittelalter, obwohl auch dies wiederum angezweifelt wird. Sterbliche Überreste lassen sich naturgemäß nicht finden, da Jesus von den Toten auferstanden und in den Himmel aufgefahren sein soll. Zudem wird darüber gestritten, ob er verheiratet war oder nicht und ob er überhaupt lesen und schreiben konnte oder nicht. Auch seine religiöse Zugehörigkeit ist nicht geklärt; Fakt ist, dass es von Johannes dem Täufer getauft wurde und damit Jude war, wobei er zahlreiche Botschaften verkündete, die der sehr strengen Sekte der Essener entsprechen. Seine Hinwendung zu Frauen und Ausgestoßenen macht ihn für seine Zeit einzigartig.
Sein Wirken
Über die Kindheit Jesu ist außer einigen Anekdoten in apokryphen Schriften (Schriften aus der Zeit der Bibel, die jedoch aus dem biblischen Kanon entfernt wurden) im Grunde wenig bekannt. Nach der jungfräulichen Geburt, die indes nur bei den Evangelisten Matthäus und Lukas geschildert wird, fliehen Maria und Josef mit dem Kind nach Ägypten; nach einer kurzen Episode im Tempel von Jerusalem, als Jesus etwa 10 Jahre alt ist, taucht er erst als Erwachsener wieder auf, der durch die Lande zieht und predigt. Viele seiner Predigten und Gleichnisse finden sich in ähnlichem Wortlaut in allen vier Evangelien und lassen so einen Urtext als Quelle vermuten. Sie gelten als relativ wortgetreue Überlieferungen. Die bekannteste dieser Aufzeichnungen ist mit Sicherheit die Bergpredigt, welche noch heute die Grundlage für weltweites pazifistisches Denken ist. Darüber hinaus soll Jesus zahlreiche Wundertaten übernatürlicher Qualität vollbracht haben. Einige dieser Taten wie die Austreibung von Dämonen oder die Heilung von Blinden oder Lahmen können heute wissenschaftlich teilweise erklärt werden, andere Taten werden geglaubt oder nicht geglaubt. Unstrittig ist indes, dass Jesus von Nazareth das herrschende religiöse Establishment der Juden in Gestalt etwa der Pharisäer gegen sich aufbrachte, da er deren Kollaboration mit der römischen Besatzungsmacht sowie die Vermarktung des Glaubens anprangerte, so dass dieses Establishment beschloss, ihn loszuwerden. Dies geschah dadurch, dass man Jesus den Römern auslieferte. Galiläa war eine unruhige Provinz der Römer und diese fürchteten ständig einen Aufstand, so dass vermeintliche wie tatsächliche Aufrührer unverzüglich exekutiert wurden.
Der Tod Jesu
Mit der Auslieferung des Jesus von Nazareth an den römischen Statthalter Pontius Pilatus begann nun der folgenschwerste Prozess in der Geschichte der Justiz, denn er sollte die Welt bis heute nachhaltig prägen: Widerwillig verurteilte Pontius Pilatus Jesus von Nazareth zum Tod am Kreuz, dem grausamsten und beschämendsten Tod, welchen die römische Rechtssprechung zu dieser Zeit vorsah. Dass es zuvor eine Art „Volksabstimmung“ gegeben haben soll, welche dazu führte, dass ein Mörder namens Barabbas begnadigt wurde, dürfte in das Reich der Legenden gehören; Hinweise auf einen entsprechenden römischen oder jüdischen Brauch gibt es historisch nicht. Am Kreuz verschied Jesus verhältnismäßig früh, was von verschiedenen Naturereignissen begleitet worden sein soll. Sein Leichnam wurde in eine Höhle gebracht und dort aufgebahrt; die Höhle wurde mit einem Stein versiegelt. Als drei Frauen den Leichnam nach damaligem Brauch salben wollten, war der Stein fort gerollt worden und der war Leichnam verschwunden. Ein Engel erklärte den überraschten Frauen, Jesus sei von den Toten auferstanden. In der Folgezeit erschien der Gekreuzigte den Frauen und auch seinen zwölf Jüngern noch mehrfach, ehe er in den Himmel auffuhr, was 40 Tage nach Ostern noch immer mit dem Himmelfahrtstag begangen wird. Er verließ seine Jünger mit dem Auftrag, sein Wort in alle Welt zu verbreiten und verlieh ihnen daher am Pfingstfest über den Heiligen Geist die Gabe, in verschiedenen Sprachen zu sprechen, um so Gehör unter den Heiden zu finden.
Die Folgen
Es gibt wohl keinen Menschen in der Geschichte, der den Fortlauf der Welt in einer solchen Weise beeinflusst hat wie der an und für sich zu seiner Zeit nicht sehr bedeutende Wanderprediger Jesus von Nazareth. Die von seinen Jüngern und deren Nachfolgern gegründete Kirche hat das römische Reich zum Einsturz gebracht und die antike Welt zerschmettert, sie hat große Teile der Welt erobert, sie zeichnet verantwortlich für ungeheure kulturelle und architektonische Großtaten und auch für ungeheure Verbrechen. Das aus der Nachfolge des Apostels Petrus hervorgegangene Papsttum ist bis heute die älteste und geheimnisvollste Wahlmonarchie der Welt, der Papst selbst sicher eine der strittigsten Personen auf dem Erdball. Über die heutige Macht der katholischen Kirche kann nur spekuliert werden, was für viele Filmemacher und Autoren ein sehr lukratives Geschäft ist. Verschwörungstheoretiker sehen hinter vielen Geschehnissen und Kriegen auf der Welt den Einfluss katholischer Geheimbünde wie dem Opus Dei, während andere Experten den Einfluss der Kirche in einer sich säkularisierenden Welt als schwindend erachten.