Mao Zedong
Der sich von 1943 bis zu seinem Tod im Jahr 1976 als Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) für mehr als 30 Jahre einer der Schüsselfiguren der chinesischen Politik und Geschichte behauptende Mao Zedong war auch einer der bedeutendsten Machtpolitiker auf der Weltbühne seiner Zeit. Mao gewann einen Bürgerkrieg, formte den Feudalstaat China radikal zur Volksrepublik um und machte sein Land zur neben den USA und der UdSSR dritten Weltmacht der Nachkriegszeit. Darüber hinaus hat Mao Zedong eine kommunistische Lehre begründet, die als „Maoismus“ mit den Hauptelement der Forderung nach einer permanenten Revolution zur Zerschlagung sich stetig neu bildender bürgerlicher Strukturen bis heute zahlreiche Anhänger in vielen Ländern hat.
Kindheit und Jugend
Mao Zedong wurde bis 1979 in den westlichen Medien in der Regel in der latinisierten Umschrift der entsprechenden chinesischen Schriftzeichen als „Mao Tse-tung“ benannt. Der zur größten Ethnie in China, den Han-Chinesen, zählende und die Regionalsprache Xiang sprechende Mao Zedong wurde am 26. Dezember 1893 im Dorf Shaoshan in der zentralchinesischen Region Hunan geboren. Er war der älteste Sohn des wohlhabenden Großbauern Mao Yichang (1870-1920) und dessen Frau Wen Qimei (1867-1919). Maos Vater legte Wert auf eine, damals für Bauernkinder durchaus nicht übliche, Schulerziehung. 1907 wurde der 13jährige Mao durch eine arrangierte Heirat mit der Tochter eines anderen Großbauern vermählt. Mao hat die Ehe mit Luo Yixiu (1889-1910) zeitlebens nicht anerkannt.
Mao, der in seiner Heimat Zeuge von Hungerrevolten und brutaler Polzeigewalt als Reaktion darauf wurde, begann ein soziales und moralisches Bewusstsein zu entwickeln, das ihn bewegte, nach politischen Lösungen zu suchen. 1911 wurde Mao von einer Sekundarschule in der Hunan-Hauptstadt Changsha zu einem Zeitpunkt aufgenommen, an dem die bürgerliche, gegen das Kaisertum gerichtete Chinesische Revolution ausbrach. Der von den Schriften des antimonarchistischem Denkers Sun Yat-sen (1866-1925) begeisterte Mao schloss sich 1911/12 für sechs Monate den Rebellentruppen an. Mao ließ sich anschließend an einem Seminar in Changsha zum Lehrer ausbilden. Er erhielt 1918 eine untergeordnete Anstellung im Bibliothekswesen der Universität Peking. In Peking erhielt er von seinem Vorgesetzten Li Dazhao (1889-1927), einem Marxisten, eine gründliche Unterweisung in kommunistischer Ideologie. 1920 heiratete Mao Yang Kaihui (1901-1930). Die Ehe hielt bis 1927. Mao, der zwischenzeitlich nach Changsha zurückgekehrt war, baute hier die lokale Parteigruppe der 1921 gegründeten KPCh auf. Mao stieg 1923 als Mitglied des ZKs in den inneren Führungszirkel der Partei auf. Von 1923 bis 1927, während des Bündnisses zwischen KPCH und der bürgerlich-republikanischen Partei Guomindang (Kuomintang, KMT) unter der Führung von Sun Yat-sen, leitete Mao ein KMT-Bildungsinstitut für Bauern.
Bürgerkrieg und „Langer Marsch“
1927 hatte die KMT, seit 1925 vom Militär Chiang Kai-shek geführt, die meisten Warlords in China besiegt und ist danach mit dem Ziel, die Macht im Land für sich zu sichern, gegen ihre einstigen kommunistischen Verbündeten mit militärischen Mitteln vorgegangen. Mao, der mit seinem „Herbsternte-Aufstand“ in Hunan 1927 gescheitert war, zog sich mit seinen Anhängern in die an Hunan grenzende Bergregion des Jinggang-Gebirges zurück. Hier reorganisierte er mit anderen KPCh-Führer wie Zhou Enlai (Tschou En-lai) (1898-1976) die versprengten Kommunisten-Trupps zur schlagkräftigen Roten Armee. Von den Bergen aus zermürbte die Rote Armee mit in Guerilla-Taktik ausgeführten Angriffen die KMT-Truppen und weitete das von der KPCh kontrollierte Gebiet („Jiangxi-Sowjetrepublik“) ständig aus.
Parteiintern focht Mao, der 1929 seine dritte Ehefrau He Zishen (1909-1984) heiratete, einen heftigen Kampf gegen Rivalen, die Maos Linie vom revolutionären Sieg durch Guerilla-Krieg auf dem Lande nicht vertraten, sondern die Schwerpunktlegung auf die proletarische Revolution der städtischen Arbeiterschaft forderten. Der militärische Druck auf die Jiangxi-Sowjetrepublik verstärkte sich erheblich nachdem Chiang Kai-shek einen Waffenstillstand mit Japan, das seit 1931 Teile Chinas erobert hatte, geschlossen hatte. Mit dadurch freigewordenen militärischen Kräften holte er zum Schlag gegen die Rote Armee aus. Unter der Führung von Mao zogen sich 90.000 Rotarmisten auf dem legendären „Langen Marsch“ in mehr als einem Jahr (1934/35) in das an der mongolischen Grenze gelegene Yanan in der unwegsamen nordchinesischen Provinz Shaanxi zurück. Ganze 7.000 Kommunisten überlebten den „Langen Marsch“, der Maos Machtposition in der Partei erheblich stärkte.
1937 kam es nicht zuletzt auf Druck des sowjetischen Diktators Stalin zum gegen die japanischen Eindringlinge gerichteten Zweckbündnis mit der KMT, das allerdings 1940 wieder zerbrach. In den Folgejahren konzentrierten sich KMT und Rote Armee vor allem auf den Kampf gegen Japan. Nach der japanischen Niederlage 1945 brach der Bürgerkrieg in ganzer Wucht wieder aus und die während der Jahre seit 1937 um ein Vielfaches angewachsene Rote Armee schlug die KMT in einer vierjährigen Bürgerkriegs-Endphase. Chiang Kai-shek musste sich auf die Insel Taiwan zurückziehen, wo er die Fiktion einer KMT-„Republik China“ weiter pflegte. Mao hatte sich mittlerweile in der Parteiführung wegen seiner militärischen Siege und seines erfolgreichen „Bauernkommunismus“, aber auch nach blutigen „Säuberungen“, als Parteiführer durchsetzen können.
Umbau des chinesischen Feudalstaates ,“Großer Sprung“ und „Kulturrevolution“
Am 1. Oktober 1949 wurde die Volksrepublik China ausgerufen. Das Gesellschaftssystem in dem auch in der Zeit nach dem Sturz des letzten Kaisers 1911 weiterhin größtenteils in feudalen Strukturen mit einer halbversklavten Bauernbevölkerung verharrenden Land wurde umgebaut. Wurde in den Anfangsjahren das Know-how der bürgerlichen Kräfte zunächst noch zur Wiederherstellung der weitgehend kriegszerstörten Infrastruktur benötigt und im Rahmen einer „demokratischen Diktatur“ eingebunden, wurde das Land ab Mitte der 1950er Jahre durch Fünfjahrespläne, Bodenreformen und Verstaatlichungen von Betrieben radikal sozialisiert. Gleichzeitig tat sich zunehmend eine Entfremdung zur UdSSR auf. Mao wollte die Vorherrschaft der KPdSU im sozialistischen Lager nicht länger hinnehmen und ging zunehmend eigene ideologische und weltpolitische Wege.
Dazu gehörten unter anderem die massive militärische Unterstützung Nordkoreas im Krieg gegen Südkorea und die USA (Koreakrieg 1950-1953) sowie der Versuch, sich durch den „Großen Sprung“ (1958-1961) ökonomisch von der Sowjetunion unabhängig zu machen. In einer vollkommen überzogenen Kraftanstrengung verlangten Mao und seine Partei von der Bevölkerung utopische Steigerungen der Produktionszahlen in Landwirtschaft und Stahlproduktion. Das Ergebnis waren gefälschte Produktionszahlen und Hungersnöte. Ein Notstandsprogramm und die Einführung kapitalistischer Wirtschaftselemente in die Planwirtschaft durch Liu Shaoqi (1898-1969) führten zur Stabilisierung der Lage.
„Großer Führer“
Der Ruf Maos als „Großer Führer“ blieb zunächst in der Bevölkerung unangetastet, bei den Parteikadern dagegen regte sich vorsichtige Kritik, die auch nicht durch den spektakulären Eintritt Chinas in den „Atom-Club“ durch die Zündung der ersten chinesischen Atombombe 1964 verschwand. Mit verdeckter Stoßrichtung gegen den Flügel um Liu Shaoqi löste Mao 1966 die gegen mutmaßliche Konterrevolutionäre gerichtete Kulturrevolution aus. In der Öffentlichkeit von Maos vierter Frau Jiang Qing (1914-1991) und drei weiteren hochrangigen Funktionären, die in der Nach-Mao-Zeit als „Viererbande“ bezeichnet wurden, offensiv propagierten Kampagnen gingen „Rote Garden“ genannte Parteijugendgruppen gewaltsam gegen tatsächliche oder vermeintliche anti-revolutionäre Personen und Institutionen vor. Mao gelang es, auch nach der teilweisen Zerschlagung ihm ablehnend gegenüber stehender Flügel des etablierten Parteiapparates nur noch bedingt, dem um ihn aufgebauten Führerkult zu entsprechen. Faktisch musste er ab 1966/67 die Macht mit Zhou Enlai teilen.
Außenpolitisch hatte Mao seinen größten Erfolg im Jahr 1971: China wurde in die UNO, die ihr bis dahin verwehrt war, aufgenommen und erhielt anstelle der ausgeschlossenen Republik China (Taiwan) einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Auch mit den vorsichtigen diplomatischen Fühlungsnahmen mit Klassenfeind Nr.1 USA (Gespräche Mao-Nixon 1973) sorgte Mao für positive Schlagzeilen. Da war er bereits durch einen Schlaganfall geschwächt und die Frage seiner Nachfolge wurde zunehmend drängender. Am 2. September 1976 erlitt Mao einen Herzanfall, an dessen Folgen er am 9. September 1976 starb.