ISS
Die Internationale Raumstation ISS (nach der englischsprachigen Bezeichnung International Space Station) ist ein Raumfahrtprojekt, das seit 1998 umgesetzt wird und in dessen Rahmen seit dem Jahre 2000 eine dauerhaft besetzte Raumstation in der Erdumlaufbahn betrieben wird. Das Projekt wird von insgesamt 15 verschiedenen Staaten umgesetzt. Die Pläne dafür stammen in erster Linie aus Russland und den USA. Diese beiden Länder übernahmen auch den größten Teil der Finanzierung und der technischen Umsetzung der Station. Ein weiterer wichtiger Partner ist die europäische Weltraumagentur ESA, die ebenfalls wichtige Teile zum Bau der Raumstation beigetragen hat.
Über die ESA nehmen insgesamt 11 europäische Staaten an dem Projekt teil. Großbritannien – ebenfalls Mitglied der ESA – unterschrieb zwar ursprünglich de Verträge für die ISS, stieg jedoch nach kurzer Zeit aus den Planungen aus. Weitere beteiligte Staaten sind Japan und Kanada. Brasilien ist der sechzehnte Staat, der die ISS nutzt, allerdings hat das südamerikanische Land nicht die ursprünglichen internationalen Verträge unterzeichnet sondern ein separates Abkommen mit den USA über die Nutzung der Weltraumstation abgeschlossen. Weitere Interessenten an einer Teilnahme am internationalen Raumprojekt sind China, Indien und Südkorea. Die Teilnahme Chinas scheitert jedoch bislang am Veto der USA. Eine Beteiligung der beiden anderen genannten Länder gilt jedoch mittelfristig als möglich.
Die Vorgeschichte der ISS
Die erste Raumstation, die in die Erdatmosphäre gelangte, war die sowjetische Saljut 1. Sie startete am 19. April 1971 und die Besatzung konnte 24 Tage im All verbringen. Die USA hatten zwar bereits seit Beginn der Sechziger Jahre Pläne für eine bemannte Raumstation, diese wurden jedoch zunächst zugunsten des Apollo-Programms nicht weiter verfolgt. Erst 1973 konnten sie die Skylab-Station ins All befördern, die jedoch mit einer Besatzungsdauer von 171 Tagen die Lebensdauerdauer der Saljut-Station deutlich überstieg. Daraufhin wendeten sich die USA jedoch wieder von der Entwicklung der Raumstationen ab, da sie nun das Space-Shuttle-Programm verfolgten.
Die Sowjetunion verfolgte jedoch die Einrichtung von Stationen mit langfristiger Besatzung weiterhin und schlug somit in der Raumfahrt eine andere Richtung als die USA ein. Viele der weiteren Versuche, eine Raumstation ins All zu befördern, scheiterten vollständig oder mussten durch technische Probleme vorzeitig abgebrochen werden. 1977 gelang jedoch die Einrichtung der Saljut 6 Station. Diese verfügte über Vorrichtungen zur Versorgung der Besatzung und für die Entsorgung der Abfälle und konnte daher fünf Jahre bis 1982 im All bleiben. Die Saljut 7, die 1982 gestartet wurde, konnte sogar beinahe neun Jahre im All bleiben. Dabei wurden sehr wichtige Erkenntnisse über längere Aufenthalte im All gewonnen. Bereits während sich die Saljut 7 noch im All befand, wurde die Raumstation Mir gebaut, die eine der wichtigsten Grundlagen für die ISS werden sollte. Das erste Bauteil wurde im Februar 1986 ins All befördert. Insgesamt bestand diese Raumstation bis 2001 und die verschiedenen Besatzungen verbrachten 4.594 Tage auf der Station. Die Mir sollte nicht nur wichtige technische Grundlagen für die ISS liefern, sondern auch die politischen Weichen für eine Kooperation stellen.
Während die USA bereits seit den Achtziger Jahren eine eigene größere Weltraumstation planten, ermöglichte das Ende des Kalten Kriegs jedoch eine Zusammenarbeit mit Russland. Ab 1993 flogen US-Astronauten für längere Aufenthalte zur Mir. Dabei arbeiteten die amerikanische und die russische Weltraumorganisation zusammen und es wurden beispielsweise Techniken entwickelt, um mit den Space-Shuttles an der Mir anzudocken.
Die Entwicklung der ISS
Im gleichen Jahr, in dem die ersten US-Astronauten zur Mir flogen, schlossen die Regierungen Russlands und der USA auch ein Abkommen über die Entwicklung einer gemeinsamen Raumstation, die deutlich größer als die Mir werden sollte. Diesem Projekt schlossen sich bis zum Beginn der Umsetzung noch weitere 13 Staaten an. Russland nahm bei der Entwicklung eine Führungsrolle ein, da die russische Weltraumagentur über umfangreiche Erfahrungen beim Betrieb bemannter Raumstationen verfügte. Doch auch die NASA unternahm erhebliche Anstrengungen, um auf diesem Gebiet aufzuholen. Das erste Bauteil der ISS war das Fracht- und Antriebsmodul Sarja, das Russland am 20 November 1998 ins All schoss.
Bereits zwei Wochen später schickten die USA ein Verbindungsmodul mit dem Namen Unity ins All, das den russischen und den amerikanischen Teil der Raumstation miteinander verbindet. Danach wurden verschiedene weitere Bauteile Installiert und auch Logistikflüge, die Lebensmittel und andere Gebrauchsgegenstände für die zukünftige Besatzung bereitstellen sollten, wurden ins All gebracht. Am 2. November 2000 konnte schließlich die erste Langzeitbesatzung die ISS betreten. Seit diesem Zeitpunkt ist sie dauerhaft besetzt.
Der weitere Aufbau der Station
Ab dem Jahre 2000 war eine dauerhafte Besatzung von drei Personen vorgesehen. Zunächst konnten die Besatzungsmitglieder viele weitere Teile an der Raumstation anbauen. Die Menschen auf der Station wurden in erster Linie durch die amerikanischen Space-Shuttles versorgt, die auch den Austausch der Besatzung übernahmen. Der Absturz der Columbia im Jahre 2003 führte jedoch dazu, dass diese Technik nicht mehr als zuverlässig betrachtet wurde. Bis die Ursachen des Absturzes geklärt wurden, standen für längere Zeit keine Space Shuttles zur Verfügung. Daher musste die Besatzung vorübergehend auf zwei Mitglieder reduziert werden. Russische Sojus-Raketen übernahmen die Versorgung und den Austausch der Besatzung. Selbst als die Shuttles wieder zur Verfügung standen, blieben die Sojus-Raumschiffe weiterhin das wichtigste Transportmittel für die Besatzungen, nur ein kleiner Teil der Aufgaben wurde von den Shuttle-Missionen übernommen. Als diese 2009 endgültig ihren Dienst für die Versorgung der ISS einstellten, wurde die Sojus zum einzigen bemannten Transportmittel für die Station. Die Versorgung mit Material übernehmen darüber hinaus unbemannte Flüge der ESA, Japans und auch die USA beauftragten private Raumfahrt-Institute mit der Versorgung der ISS. Im Moment befindet sich eine dauerhafte Besatzung von sechs Personen auf der ISS.
Die europäische Beteiligung
Die europäischen Staaten, die an der ISS beteiligt sind, konnten zunächst keine entscheidende Rolle für den Aufbau der ISS spielen. Erst 2006 gehörte mit dem Deutschen Thomas Reiter zum ersten Mal ein ESA-Astronaut zur dauerhaften Besatzung der ISS. Auch hinsichtlich des Baus der Raumstation spielte die ESA eine untergeordnete Rolle. Das Forschungsmodul Columbus, das 2008 an der ISS angebracht wurde, ist der erste größere Beitrag der europäischen Staaten. Auch hinsichtlich der Versorgung der Station konnte die ESA erst spät eine wichtige Rolle einnehmen. 2008 startete zum ersten Mal ein ATV-Frachter (Automated Transfer Vehicle) zur Raumstation. Seitdem wurden jedoch noch zwei weitere Flüge durchgeführt, wodurch die ESA zu einem immer wichtigeren Partner für die ISS wurde. Weitere ATV-Versorgungsflüge sind geplant.
Die Zukunft der ISS
Die bisherigen Pläne für die ISS sehen vor, dass sie bis 2020 betrieben werden soll. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die Station noch länger zu betreiben. Ob diese Option genutzt werden wird, hängt zum einen von den Kosten für den Unterhalt des Projekts ab. Diese sind bislang nur schwer abzuschätzen. Ein weiterer wichtiger Punkt wird sicherlich auch der Nutzen der Forschungsergebnisse sein, die auf der ISS gewonnen werden. Wenn die wissenschaftlichen Erkenntnisse den hohen Aufwand rechtfertigen, könnte die Mission der ISS ebenfalls verlängert werden. Außerdem wird auch die politische Situation zwischen den beteiligten Staaten eine wichtige Rolle bei dieser Entscheidung spielen. Bislang kam es zu keinen größeren Problemen und Auseinandersetzungen zwischen den teilnehmenden Ländern. Sollten jedoch Unstimmigkeiten in diesem Bereich auftreten, kann dies ebenfalls eine weitere Nutzung der ISS gefährden. Wenn die Station aufgegeben wird, muss sie im Südpazifik versenkt werden. Ein kontrollierter Absturz ist bislang das einzig mögliche Szenario, um die etwa 400 Tonnen Material, aus denen die ISS besteht, sicher aus der Erdumlaufbahn zu entfernen.