Templer
Die Templer waren im Mittelalter ein weit verbreiteter Ritterorden, der im Zuge des ersten Kreuzzuges gegründet wurde. Im Laufe seiner knapp zweihundertjährigen Geschichte entwickelte sich der Orden zu einer bedeutenden supranationalen Organisation und gewann auch wirtschaftlich großen Einfluss. Das Finanzwesen der Templer nahm dabei zum Teil moderne Bankgeschäfte vorweg. Ihr Reichtum wurde den Templern letztlich zum Verhängnis. Auf Betreiben des französischen Königs wurden viele Templer verhaftet und vor der Inquisition angeklagt. Das Ende des Ordens markierte die offizielle Auflösung durch den Papst.
Verbindung von Mönchtum und Rittertum
Der Name Templer – oft auch Tempelherren oder Tempelritter genannt – ist eine Kurzform für die volle Ordensbezeichnung: ‚Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem‘. Die Gründung des Ordens erfolgte wohl um das Jahr 1120 in Jerusalem, das 1099 im ersten Kreuzzug von einem Kreuzfahrerheer erobert worden war. Den Anlass für die Gründung bildete der notwendige Schutz der vielen Pilger, die auf ihrer Route von Jaffa nach Jerusalem zahlreichen räuberischen Übergriffen ausgesetzt waren. Die Gründung erfolgte wahrscheinlich durch mehrere französische Ritter, darunter Hugo von Payns, den ersten Großmeister des Ordens. König Balduin II. von Jerusalem wies dem Orden einen Teil seines ehemaligen Palastes auf dem Tempelberg als Sitz zu – daher der Name Tempelritter.
Die Templer verbanden als erste die Idee des Mönchtums mit den Idealen des Rittertums. Neben den Gelübden Armut, Keuschheit und Gehorsam trat als weitere Verpflichtung der militärische Schutz der Pilger. Die Ordensstatuten basierten auf der Regel Benedikts von Nursia und erfuhren später Erweiterungen mit augustinischem und zisterziensischem Gedankengut. Das Modell der Templer diente als Vorbild für weitere Ritterorden wie die Johanniter und den Deutschen Orden. Nicht zuletzt dank der Bemühungen des ersten Großmeisters konnte der Orden bereits wenige Jahre nach seiner Gründung viele neue Mitglieder gewinnen und in West- und Südeuropa dank zahlreicher Schenkungen große Besitzungen erwerben. Papst Innozenz II. bestätigte 1139 den Orden als unmittelbar dem Papst unterstellte Organisation, die von Steuern befreit war und selbst Steuern erheben durfte. Der Templerorden war damit weitgehend unabhängig von weltlichen Herrschern und entwickelte sich zu einem der ersten ‚Global Player‘ – zumindest aus damaliger Weltsicht.
Um das Jahr 1300 verfügten die Templer in Europa über rd. 15.000 Ordensmitglieder und ca. 9000 Besitzungen. Der Schwerpunkt der Niederlassungen und Besitztümer lag dabei in Frankreich, aber auch in Spanien, Portugal, England, Schottland und Irland konnte sich der Orden stärker verbreiten. Darüber hinaus gab es Niederlassungen in Deutschland, Italien, Polen, dem heutigen Belgien und den Niederlanden. Aufgrund seiner Zielsetzung nahm der Orden im Heiligen Land eine aktive militärische Rolle wahr. Dort verfügten die Templer auch über zahlreiche Befestigungen. Die Stellung konnte dort aber auf Dauer gegen den Ansturm des Islam nicht behauptet werden. Der Fall Akkons im Jahre 1291 markiert das Ende der Präsenz im Heiligen Land. Der letzte Stützpunkt auf der Insel Ruad vor der syrischen Küste musste 1302 aufgegeben werden. Der Orden zog sich zunächst nach Zypern zurück, die Großmeister residierten wenig später im Temple in Paris. Auch an anderen Schauplätzen beteiligten sich die Templer an kriegerischen Auseinandersetzungen, so nahmen sie aktiv an der Vertreibung der Mauren in Spanien im Rahmen der Reconquista teil.
Die Templer: Erfolgreiche internationale Banker
Neben seinen militärischen Aufgaben betätigte sich der Templerorden auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Den Ausgangspunkt bildeten dabei regelmäßige Transporte von Einkünften aus den europäischen Besitzungen zu den (Haupt-)Niederlassungen im Heiligen Land. Diese Einkünfte bildeten eine wesentliche Versorgungsgrundlage für den Orden und seine Aktivitäten im Nahen Osten. Da die Einkünfte häufig aus Naturalien bestanden, hatte der Orden ein Interesse daran, diese in transportables Geld zu verwandeln. Dies begründete eine umfangreiche Handels- und Geldwechselaktivität des Ordens. Die geschützten Bereiche und Mauern der Templer-Niederlassungen boten sich darüber hinaus als Wertdepots für Dritte an.
Aus dieser Vermögensaufbewahrungsfunktion entwickelte sich rasch ein florierendes Kreditgeschäft. Das eigentlich bestehende Zinsverbot (Zinswucher) wurde dabei stillschweigend ignoriert. Die Templer verwalteten das Vermögen ihrer ‚Kunden‘ treuhänderisch und wirtschafteten damit. Sie betrieben damit im modernen Sinne internationales Bankgeschäft. Dazu gehörte nicht nur die Kontoführung mit Überweisungsverkehr, auch der bargeldlose Zahlungsverkehr findet in der Geschäftstätigkeit der Templer seine Ursprünge. So war es möglich, bei einer Niederlassung des Ordens Geld einzuzahlen und gegen eine Quittung an einem anderen Ort wieder abzuheben. Dies bedeutete angesichts der unsicheren Reiserouten im 13./14. Jahrhundert einen enormen Fortschritt.
Verfolgung und Ende des Ordens
Mit dem Verlust des Heiligen Landes wurde der Orden seiner eigentlichen Existenzberechtigung beraubt. Mit dem Erstarken des nationalen Königtums zwischen 1100 und 1300 nahm das Misstrauen gegenüber einer starken unabhängigen supranationalen Organisation – wie sie der Ritterorden darstellte – mit eigener militärischer Macht und wirtschaftlichem Einfluss zu. Der Templerorden verfügte dabei nicht wie die anderen Ritterorden – der Johanniterorden auf Rhodos, der Deutsche Orden in Ostpreußen und dem Baltikum – über eine eigene territoriale Machtbasis und war insofern schutzlos. Das reiche Vermögen der Templer weckte außerdem Begehrlichkeiten.
Der französische König Philipp IV. holte schließlich zu einem entscheidenden Schlag gegen den Orden aus, dessen Niederlassungen und Besitzungen zu einem großen Teil in Frankreich lagen. Am 13. Oktober 1307 erfolgte eine landesweite Verhaftungsaktion gegen die Templer. Sie wurden anschließend in einem Inquisitionsverfahren unter fadenscheinigen Anschuldigungen der Häresie und Sodomie angeklagt. Am 22. März 1312 wurde der Orden durch den unter französischem Einfluss stehenden Papst Clemens V. offiziell aufgelöst, der letzte Großmeister Jacques de Molay starb 1314 auf dem Scheiterhaufen. Damit fand eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte des Mittelalters und ein frühes Beispiel der Globalisierung das Ende. Lediglich in Portugal wurde mit dem Christus-Ritterorden eine Art Nachfolgeorganisation geschaffen, in der viele ehemalige Templer eine neue Heimat fanden. Der neue Orden konnte aber nicht an die Bedeutung seines Vorgängers anknüpfen. Noch heute ranken sich viele Legenden um den Templerorden.